Das DLR auf der »World of Quantum«

Quantenvorteile für den Mittelstand

18. Juni 2025, 9:30 Uhr | Heinz Arnold
Felix Knoke, DLR Quantencomputing-Initiative (DLR QCI): »Mit unserem QC Solution Center, das wir auf der World of Quantum zeigen, unterstützen wir auch mittelständische Unternehmen dabei, Anwendungsfälle für sich zu entdecken sowie zu bewerten und zeigen ihnen, wie sie Quantencomputer sinnvoll einsetzen können.«
© DLR

»Die Quantentechnologien müssen jetzt in die praktische Nutzung kommen. Wir wollen sie auch dem Mittelstand zugänglich machen – wie das geht, zeigen wir auf der »World of Quantum 2025«, sagt Felix Knoke vom DLR im Interview mit Markt&Technik.

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Markt&Technik: Das DLR ist nach 2023 auch in diesem Jahr wieder auf der World of Quantum präsent und demonstriert die umfangreichen Aktivitäten im Bereich des Quantencomputing. Was ist in diesem Jahr an Neuem zu sehen? 

Felix Knoke, DLR Quantencomputing-Initiative (DLR QCI): : In diesem Jahr wollen wir zeigen, wie sich Quantencomputer nutzen lassen: Wie müssen die Services aussehen, damit sie die potenziellen Kunden verwenden können und welchen Nutzen bringen sie? Dazu stelle wir auf der World of Quantum zum ersten Mal unsere Quantencomputing-Plattform QCI Connect vor, über die Anwenderinnen und Anwender ihre Aufgaben auf Quantencomputern durchrechnen können. Diese Plattform und die notwendigen Schnittstellen bauen wir zum Beispiel mit dem DLR-Institut für Softwaretechnologie, dem Quantencomputer-Hersteller Planqc und der Beratungsfirma D-fine auf. Das ist eine grundlegende Entwicklungsarbeit – da gibt es keine Lösungen von der Stange. Das stellen wir auf der »World of Quantum 2025« zum ersten Mal einer größeren Öffentlichkeit vor und sehen das als einen wichtigen Schritt in Richtung reale Anwendungen an.

Nächste Woche: World of Quantum 2025

Mehr zum Thema Quantentechnologien und zu den Aktivitäten des DLR sehen sie auf der World of Quantum vom 24. bis 27. Mai: Bereits zum dritten Mal ist München der Treffpunkt der internationalen Quantencommunity. Auf der weltweit größten Fachmesse für Quantentechnologie präsentieren und diskutieren führende Akteure aus Industrie und Forschung die wichtigsten Trends, Innovationen und Visionen dieser wegweisenden Zukunftstechnologie. Parallel finden die Laser World of Photonics, der World of Photonics Congress sowie die automatica statt.

 

Noch befinden wir uns in einem technologischem Stadium, in dem die Quantencomputer den wirklichen Vorteil noch nicht ausspielen können, dem NISQ-Zeitalter, was für »Noisy Intermediate Scale Quantum« steht. Ist das jetzt der richtige Zeitpunkt für den Einstieg in die praktische Nutzung?

Ja, jetzt sollten sich alle darum kümmern. Viele der ganz großen Unternehmen tun das schon, etwa aus Branchen Finanzwesen, Chemie, Pharmazie, Automobilindustrie, Medizin und der Energieverteilung. Es ist wichtig, sich schon jetzt mit diesen Themen zu beschäftigen, um zu lernen, wie die Technologien funktionieren um eigene Anwendungsfälle zu identifizieren. Das geht nicht von heute auf morgen.

Noch hängt viel von der Entwicklung der Hardware ab, deswegen nimmt sie einen hohen Stellenwert bei der DLR QCI ein. Aber in diesem Jahr haben wir den Schwerpunkt auf die Anwendungen gelegt, weil dieses Gebiet nach unserer Einschätzung derzeit etwas vernachlässigt wird. Hier ist ganz klar Entwicklungsarbeit notwendig.

Was muss jetzt aus Sicht des DLR im Bereich der etwas vernachlässigten Anwendungen getan werden?

Es geht darum, die Anwendungsfälle zu finden, bei denen Quantencomputer wirklich einen Vorteil bringen, zum Beispiel bei der Optimierung oder Materialforschung. Konkret heißt das, dass man für jeder Firma individuell in den Geschäftsprozessen nach Ansatzpunkte für Quantenalgorithmen sucht. Das braucht Fachleute und Erfahrung! Aber wir müssen auch noch grundlegende, Hardware-nahe Entwicklungsarbeit leisten, zum Beispiel bei der Fehlerkorrektur, bei Schnittstellen oder Steuerungs-Software, um Quanten-Anwendungsfall und Quantencomputer zusammen zu bringen.

Für die erwähnten Großunternehmen mögen sich schon in absehbarer Zeit Vorteile ergeben, sie haben auch die Ressourcen dazu. Wie sieht es bei den KMU aus?  

Sie können sich dem Thema naturgemäß nicht mit den Ressourcen nähern, wie die ganz Großen. Aber auch sie können sich auf eine Welt mit Quantencomputer vorbereiten: Mit unserem QC Solution Center, das wir gerade aufbauen, unterstützen wir sie dabei, Anwendungsfälle für sich zu entdecken und zeigen ihnen, wie sich Quantencomputer sinnvoll einsetzen lassen. Über QCI Connect können sie zukünftig auf unsere verschiedenen Quantencomputer und zusätzliche Ressourcen zugreifen und ihre Anwendungsfälle auf echter Hardware erproben. Und über unser Ökosystem können sie relativ einfach einsteigen, das wollen wir ihnen auf der World of Quantum aufzeigen.

Die Quantencomputer selbst und die Ressourcen sind also schon vorhanden und sind gar nicht mehr das wichtigste Element? 

Doch, das ist keine Frage: Wir entwickeln auch intensiv an der Hardware. Sie hatte auch auf der »World of Quantum 2023« bei uns im Vordergrund gestanden: Wie können Quantencomputer physikalisch realisiert werden, wie sieht ihr Aufbau aus? Was sind die Vor- und Nachteile der verschiedenen Technologien, um Qubits zu realisieren? Deshalb treiben wir die Entwicklung von elf verschiedenen Quantencomputer-Projekten voran und haben 13 Hardware-Firmen – größtenteils Start-ups – beauftragt, diese Rechner für uns zu bauen und zu betreiben. Die Quantencomputer arbeiten auf Basis fünf verschiedener Qubit-Technologien, alle werden über QCI Connect verfügbar gemacht. Für unsere Forschungsteams und Industriepartner bedeutet das, dass sie auf eine Vielzahl von Quantencomputern und anderen Rechenressourcen zugreifen können und im direkten Kontakt mit den Herstellern stehen – das gibt es bei kommerziellen Anbieter so nicht. Dieses Ökosystem aus Anbietern und Anwendern von Quantencomputern stellen wir auf der »World of Quantum« in diesem Jahr auf unserem Stand gemeinsam mit den Partnern aus. 

Zeichnen sich bereits Qubit-Technologien ab, die für künftige Quantencomputer besonders geeignet wären?

Nein, heute ist das noch nicht abzusehen. Deswegen setzen wir auf Vielfalt: In unserem Innovationszentrum Hamburg sind die Ionenfallen-Quantencomputer der Schwerpunkt, in Ulm setzen wir auf vier unterschiedliche Qubit-Arten mit einem Schwerpunkt auf die NV-Zentren-Technologie: Stickstofffehlstellen in Diamantgittern. Hier bringen wir die Hersteller solcher NV-Zentren-Quantenprozessoren wie SaxonQ und XeedQ zusammen sowie mit Start-ups, die sich mit den Diamantmaterialien beschäftigen wie Advanced Quantum und Diatope. Dazu kommen unter anderem photonische Systeme von QuiX Quantum und ein 100-Qubit-Quantencomputer mit Neutralatomen von Planqc. Diese Vielfalt ist uns wichtig!

Welche Rolle spielt die Wahl der Qubits? 

Noch ist nicht klar, welche Art von Qubit die beste Wahl ist. Vielleicht werden am Ende eine Kombination von sehr schnellen aber anfälligeren und langsameren dafür stabileren Qubits das Rennen machen, oder es wird der Einsatzfall oder sogar -ort ausschlaggebend sei: Als Quanten-Koprozessor im Rechenzentrum oder als mobile Recheneinheit im Satellit. Langfristig sollte es für Anwender aber gar nicht die große Rolle spielen, auf welchen Qubit-Techniken die Quantencomputer basieren, sie sollten auf einer höheren Ebene mit den Quantencomputern arbeiten können, auf der sie über die Tiefen der Quantenmechanik nicht Bescheid wissen müssen. Die dafür erforderliche Software-Umgebungen wollen wir mit QCI Connect für sie aufbauen.

 


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