Forum Obsoleszenzmanagement

Durch das Schockjahr 2018 beflügelt

14. Oktober 2019, 13:13 Uhr | Anja Zierler
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Sind Datecodes obsolet?

Nachhaltigkeit rückt im Alltag immer mehr in den Fokus – und kommt auch zunehmend in der Elektronikindustrie an, findet Anke Bartel. »Nachhaltigkeit heißt auch, nicht alles wegzuwerfen und nach einiger Zeit neu zu produzieren, sondern Bauteile langfristig bereitzuhalten. Ich glaube, eine Firma, die momentan erfolgreich am Markt sein will – auch im Elektronikbereich –, muss da Wege aufzeigen. Vor allem in der aktuellen Diskussion darum, wie wir mit unseren Ressourcen umgehen und Lebensmittel besser lagern und länger verwenden können: Das gilt auch für Bauteile.«

Aber funktioniert nachhaltige Elektronik, solange der Datecode, das Herstellungsdatum eines Bauteils, etwas anderes vorschreibt? Denn bisher ist es so, dass THT-Bauteile nach zwei Jahren, SMD-Bauteile oft schon nach nur zwölf Monaten nicht mehr genutzt werden dürfen. Und das mit Recht: Bei THT-Bauteilen besteht die Gefahr einer Oxidation, denn sie sind Atmosphäre und Lagerbedingungen schutzlos ausgesetzt. Bei SMD-Bauteilen kann es zu einer intermetallischen Phase und somit zu verminderten Benetzungsfähigkeiten kommen.

Allerdings, so Wagner, gilt das heute nicht mehr allgemein, denn Bauteile haben sich dahingehend qualitativ stark verbessert, sodass der sogenannte Grabsteineffekt in der Fertigung kaum noch vorkommt. Wie beim Mindesthaltbarkeitsdatum von Lebensmitteln sollte sich der Verbraucher zunächst an „Geruch und Geschmack“ orientieren – im Falle eines Bauteils zum Beispiel in Form eines Benetzungswaagetests.

Diesen Löttest wollen laut Glaser aber nicht alle Kunden machen, allerdings: »Wenn der Leidensdruck bezüglich Verfügbarkeit und Obsoleszenz groß genug ist, gibt es auch Sonderfreigaben. Letztendlich reden wir bei der ganzen Datecode-Thematik über Verarbeitbarkeit. Nur in wenigen Fällen könnten bei älteren Bauteilen Probleme auftreten – erlebt haben wir das bisher aber kaum.« Der Distributor wird vermehrt mit sehr harten Datecode-Restriktionen konfrontiert. 

»Wir haben im letzten Jahr sehr viele Firmen gesehen, die diese Datecode-Regelung aufgeweicht haben«, meint hingegen Hermann Reiter, Global Strategic Business Development & Supplier Management von Digi-Key. »Ich glaube, dass das in den Qualitätsvereinbarungen viel zu eng gestrickt ist. Sie werden vom OEM über den EMS bis zum Distributor eins zu eins übernommen und zum Schluss heißt es dann, dass das Bauteil noch maximal zwölf Monate hält. Rein von den mechanischen Eigenschaften und der Oberfläche her sehen wir das aber nicht kritisch.«
Dem stimmt Geirhos zu: »Meine persönliche Meinung ist, dass das Thema Verarbeitbarkeit mit alternden Datecodes wesentlich besser geworden ist. Vor zehn Jahren hatten wir noch regelmäßig Probleme in der Produktion. Nach unserer Erfahrung ist in der ganzen Supply-Chain alles besser geworden, sodass wir Bauteile eigentlich viel länger verarbeiten könnten, wenn wir es letztendlich auch dürften.« Obwohl die Probleme bei der Benetzung wesentlich abgenommen haben, habe bisher kein Umdenken stattgefunden. Auch wegen strenger Automotive-Normen bekommt der EMS-Dienstleister viele Einschränkungen auferlegt. »Wenn wir mehr Datecode-Policies hätten, könnten wir auch ältere Bauteile einsetzen, weil dann jemand die Verantwortung übernimmt.«


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