Aber genau diese Gefahr sieht Falko A. Eidner, Geschäftsführer der FMB Group. Als Besitzer einer kleinen Lohngalvanik, die wegen der Problematik der Edelmetall-Preiserhöhungen in den letzten Jahren ins Rampenlicht gekommen ist, bemängelt er die zum Teil nicht vorhandene Weitsichtigkeit in den Unternehmen. »Das strategische Marketing in den Firmen ist aus meiner Sicht zu schwach ausgeprägt«, sagt Eidner. Und weiter: »Ich beschäftige mich mit funktionellen Beschichtungen und betrachte es daher als kritisch, dass viele Firmen zum Beispiel keine langfristige Oberflächenstrategie verfolgen. Allein in diesem verhältnismäßig kleinen Bereich steckt noch sehr viel ungenutztes Potenzial.« Laut Eidner werden dort die Firmen in Zukunft den Hebel ansetzen müssen, wegen des Preisdrucks, der Produktdiversifizierung und der immer kürzer werdenden Entwicklungszyklen.
Diese Marktveränderungen sind auch bei der Firma Hummel zu spüren. Das Familienunternehmen mit mehr als 450 Mitarbeitern weltweit ist sehr stark auf das Industriesegment ausgerichtet. Achim Hoch, Entwicklungsleiter von Hummel, erläutert: »Wegen des Preisdrucks ist heute viel weniger Spielraum vorhanden. Dem globalen Wettbewerb sind ja nicht nur wir, sondern auch unsere Kunden ausgesetzt. Deswegen werden immer mehr Steckverbinder nachgefragt, die genau auf die speziellen Bedürfnisse der Kunden und der Applikation zugeschnitten sind.« Die Applikation prägt ganz klar das Steckverbinder-Design.
Standard, und doch kein Standardstecker?
In diesem Zusammenhang beobachtet Manuela Gutmann, Division Manager Connector Solutions von Yamaichi Electronics: »Über die Jahre hat sich eine Überspezifikation bei Steckverbindern eingeschlichen. Dieser Überspezifizierung steuert man jetzt wieder entgegen und prüft bis ins Detail, was an Qualität tatsächlich für die Anwendung erforderlich ist - und auf was man gegebenenfalls verzichten kann. Dabei lehnt sich der Kunde durchaus an den gängigen Standards an, will die Standard-Steckverbinder aber in abgewandelten, modifizierten Ausführungen in seiner Applikation einsetzen.«
Michael Singer, Vice President Marketing von Erni, sieht die Entwicklung ähnlich: »Auch auf der Systemseite sind in den letzten Jahren viele Standards verabschiedet worden, trotzdem haben sehr viele Kunden diese Standards für sich interpretiert, um ein Alleinstellungsmerkmal zu realisieren. Das gleiche erleben wir heute übertragen auf den Steckverbinderbereich: Der Kunde will einerseits den Standardschnittstellen wie M12 oder RJ45 treu bleiben. Anderseits sucht er nach Möglichkeiten für weitere Optimierungen.« Ernis Entwicklungsbemühungen zielen genau in diese Richtung. Und auch die Überspezifikation ist bei Erni ein Thema: »Das sehe ich wie meine Vorrednerin. War es in der Vergangenheit nicht so, dass man Vieles fast schon zu gut machen wollte? Heute geht der Trend eher dahin, genau zu prüfen, was im Pflichtenheft steht und welche Anforderungen der Steckverbinder tatsächlich erfüllen muss. Deswegen wird das letzte Engineering-µ nicht mehr herausgekitzelt, weil es – wenn man die Applikation gut kennt – nicht erforderlich und wirtschaftlich ist.«