Kongress-Messe für gedruckte Elektronik

Schlüssel- und Querschnittstechnologie zugleich

26. Februar 2024, 11:07 Uhr | Engelbert Hopf
Über 2400 Besucher aus Industrie und Wissenschaft werden vom 5. bis 7. März zur Lopec, der internationalen Fachmesse mit Kongress für gedruckte Elektronik im ICM der Messe München, erwartet.
© Messe München

Hauchdünn, leicht und flexibel – gedruckte Elektronik macht nicht nur Solarzellen und Batterien für E-Autos leistungsfähiger, sie verbessert auch die Patientenversorgung. Die Lopec bietet die Möglichkeit, sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette über diese Zukunftstechnologie zu informieren. 

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Schon vor Beginn der diesjährigen Lopec vom 5. bis 7. März im Internationalen Congress Center der Messe München kann Exhibition Director Armin Wittmann einen Rekord vermelden: Rund 180 Unternehmen, davon knapp 60 Prozent aus dem Ausland, werden an den beiden Veranstaltungstagen zahlreiche Neuheiten präsentieren. »Der Ausstellerzuwachs um 7 Prozent spiegelt die Dynamik der ganzen Branche wider und die Bedeutung der Lopec als DEM Treffpunkt der Branche!« Die hohe Zahl neuer Aussteller, so Wittmann, dokumentiere, dass die gedruckte Elektronik den Schritt in konkrete industrielle Anwendungen und Alltagsprodukte erfolgreich bewältigt habe.

Gedruckte Elektronik ermöglicht es, die globalen Megatrends aktiv zu gestalten, versichert Dr. Petra Severit, CTO beim Spezialchemieunternehmen Altana. »Gedruckte Elektronik hilft Verbrauchern und Unternehmen dabei, die disruptiven Entwicklungen des 21. Jahrhunderts wie Digitalisierung, den demografischen Wandel, die Transformation der Mobilität und unserer Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit nicht nur zu bewältigen, sondern auch den für sie größtmöglichen Nutzen daraus zu ziehen.« Die Lopec 2024 richtet dabei ihren Fokus vor allem auf zwei Themenbereiche der Anwendung: Smart Living und E-Mobility.

»Gedruckte Elektronik macht unser Leben im wahrsten Sinne des Wortes leichter und ist für die Digitalisierung der Gesellschaft unerlässlich«, erklärt Dr. Klaus Hecker, Geschäftsführer der Organic and Printed Electronics Association, kurz: OE-A. Dabei sind die Potenziale noch lange nicht ausgereizt, wie Wittmann betont: »Wir freuen uns, dass die Lopec dabei hilft, die Time to Market für diese nachhaltige Technologie zu verringern.« Auf der Lopec wird die gesamte Wertschöpfungskette der Branche von der Materialentwicklung über Druckanlagen bis zum Endprodukt abgebildet.

LOPEC
Im Rolle-zu-Rolle-Verfahren, im Rahmen energieeffizienter, additiver Fertigungsverfahren, durch die Verwendung ungefährlicher Chemikalien sowie recycelbarer Materialien ist die gedruckte und organische Elektronik zur Herstellung nachhaltiger Elektronik prädestiniert.
© Messe München

Unter dem Fokusthema »Smart Living« stellt die Lopec Neuheiten für den Healthcare-Bereich, aber auch für den Sport- und den Unterhaltungssektor sowie für die Bereiche nachhaltige Energie- und Gebäudetechnik vor. Im Bereich Medizintechnik stellt beispielsweise Covestro tragbare Patches vor, die drahtlos verschiedenste Vitalparameter überwachen. Zu den neuesten Entwicklungen des Unternehmens gehört ein Sensor, der Feuchtigkeit an einem künstlichen Darmausgang registriert und so hilft, den Alltag der Betroffenen sorgenfreier zu gestalten.

Beneli aus Schweden zeigt dehnbare, smarte Pflaster mit eingebetteter Elektronik, die über einen längeren Zeitraum, selbst bei Bewegungen des Trägers sicher haften und so beispielsweise die Herzfrequenz und die Temperatur der Patienten messen.

Eine Besonderheit für Personen, die etwa in der Pflege nur schwer ihre Bedürfnisse selbst äußern können, bietet Metafas mit seinen Sensorsocken an: Sie erkennen Stresszustände über die Messung des Hautleitwerts. Maßgeblich beeinflusst wird der Hautleitwert von der Schweißsekretion. Über eine KI-gestützte Auswertung erkennen die Socken, ob sich ein Patient wohl oder gestresst fühlt. In der praktischen Anwendung hat sich gezeigt, dass die Strümpfe als Teil der natürlichen Bekleidung von den Patienten besser akzeptiert werden als auf die Haut aufgeklebte Sensoren. Außerdem sind die smarten Socken waschbar und damit nachhaltiger als nur für einen bestimmten Zeitraum aufgeklebte Sensoren.

Neben der niederländischen Firma Metafas beschäftigen sich noch weitere Lopec-Aussteller mit gedruckter Elektronik für das Gesundheitsmonitoring und den dafür nötigen Materialien, unter ihnen etwa Covestro, Henkel, Heraeus, IEE und InnovationLab. Immer mehr beginnen sich in der Healthcare-Branche auch elektronische Label für Verpackungen und Geräte durchzusetzen. So sorgen Produkte mit RFID-, NFC- und Bluetooth-Technologie für einen erhöhten Markenschutz und mehr Patientensicherheit. Smarte Etiketten können die Verabreichung einer Arznei automatisch dokumentieren und außerdem die Lieferkette überwachen. Digitale Siegel bietet zum Beispiel Witte Technology an. Über feinste gedruckte elektronische Schleifen registrieren sie Produktmanipulationen, die sie via NFC-Schnittstelle ans Smartphone melden.

Severit Dr. Petra
Dr. Petra Severit, Altana: »Wir haben Produkte für einen besonders dünnen Leiterbahnendruck entwickelt. Sowohl Leiterbahnen als auch Zwischenräume messen 30 µm. Beim Druck von Solarzellen bedeutet das mehr Fläche zum Aufnehmen von Licht und damit einen erhöhten Wirkungsgrad.«
© Messe München

Auch im Forschungsbereich tut sich Neues. Organ-on-Chip-Systeme sollen helfen, Tierversuche zu ersetzen. Gedruckte Elektronik wird so zu einem unschlagbaren Tool für die beschleunigte Wirkstoffsuche und Arzneientwicklung. Mit solchen Chips beschäftigen sich aktuell Wissenschaftler am niederländischen Holst Centre. Welche Möglichkeiten gedruckte Sensoren in der orthopädischen Rehabilitation bieten, darüber informiert Bernd Grimm vom Luxembourg Institute of Health in seinem Plenarvortrag auf dem Lopec-Kongress.

Unter das Fokusthema Smart Living fallen aber auch neue Entwicklungen im Bereich nachhaltiger Energie- und Gebäudetechnik. Worum es dabei gehen kann, macht Dr. Severit, CTO des Spezialchemieunternehmens Altana, deutlich: »Unser Geschäftsbereich Elantas bietet eine Produktlinie für Printed Electronics an – mit Druckfarben und Services.« In den letzten Jahren hat das Unternehmen Produkte für einen besonders dünnen Leiterbahnendruck entwickelt, sodass sowohl die Leiterbahnen als auch die Zwischenräume bis zu 30 µm fein sind. »Für unsere Kunden ist das ein deutlicher Mehrwert, weil sie so mehr Funktionen auf weniger Raum unterbringen können«, erläutert Dr. Severit. »Besonders beim Druck von Solarzellen sehen wir einen erheblichen Vorteil, da die dünneren Leiterbahnen mehr Fläche zum Aufnehmen von Sonnenlicht bieten und somit den Wirkungsgrad von Solarzellen effektiv erhöhen.«

Hecker Klaus
Dr. Klaus Hecker, OE-A: »Neben den Focus-Topics Smart Living und Mobility bewegt uns auf der Lopec 2024 vor allem das Thema Nachhaltigkeit.«
© Messe München

Auch das Fokusthema »Mobility« ist mit zahlreichen Anwendungsbeispielen auf der Lopec vertreten. »Die gedruckte Elektronik ist heute schon fester Bestandteil und Innovationstreiber im Fahrzeugbau, und für die Mobilität der nächsten Generation unverzichtbar«, stellt Wolfgang Mildner, General Chair der Lopec und CEO des Beratungs- und Technologieunternehmens MSWtech klar. Gedruckte Elektronik ist so flexibel und dünn, dass sie sich in beliebige Objekte und Oberflächen unauffällig integrieren lässt. Außerdem trägt sie dank ihrer Kompaktheit zur Gewichtsreduktion von Fahrzeugen bei. Zu den etablierten Beispielen zählen etwa Sitzbelegungssensoren für die Airbag-Steuerung, Oberflächen mit Touch-Funktion als Alternative zu mechanischen Knöpfen sowie neuartige Leucht- und Heizkonzepte.

Häufig stehen bei den vorgestellten Produkten Sicherheit und Komfort beim Fahren im Vordergrund. So bietet Henkel Tinten mit Überhitzungsschutz für den Druck von Sitzheizungen an. Über die Zusammensetzung der Tinte lässt sich eine Maximaltemperatur einstellen, sodass die Sitzheizung zum Beispiel bei 60 °C automatisch abschaltet. Eine Technik, die sich auch für die sichere Innenraumbeheizung von E-Fahrzeugen eignet, denn mangels Motorabwärme sind dort neue Konzepte gefragt.

InnovationLab empfiehlt gedruckte Heizelemente daher nicht nur für Sitze, sondern auch für Lenkräder, Armlehnen und andere körpernahe Flächen. Mit transparenten gedruckten Heizelementen will InnovationLab bald auch Windschutzscheiben und Scheinwerfer vor Vereisungen und Beschlagen schützen. Machbar sind auch hinterleuchtete Heizelemente im Innenraum der Fahrzeuge. Mit gedruckten Heizfolien lässt sich auch die Batterie im E-Auto vorwärmen, um deren Leistung und Lebensdauer zu erhöhen. InnovationLab hat dazu ein Batterie-Monitoring-System aus gedruckten Temperatur- und Drucksensoren entwickelt, welches die Zustände in den Zellen erfasst und damit die Batterieoptimierung unterstützt.

Lopec
Branchenübergreifend können sich Besucher auf der Lopec entlang der gesamten Wertschöpfungskette über die Produkte und das Potenzial der gedruckten und flexiblen Elektronik informieren.
© Messe München

Der luxemburgische Hersteller IEE bietet für das Batterie-Balancing Kombinationen aus gedruckten Sensoren und anderen Komponenten an, die das Spannungsniveau der vielen Zellen in einer E-Auto-Batterie überwachen und den Ladungsausgleich herstellen. IEEs Portfolio umfasst auch Batterie- und Sicherheitssensoren, die eine drohende Überhitzung oder andere gefährliche Zustände in der Batterie rechtzeitig registrieren. Beim autonomen Fahren wiederum ist die Hands-on/off-Detection (HOD) von IEE ein Muss. Damit erkennt ein gedruckter Multizonen-Sensor, ob der Fahrer das Lenkrad fest im Griff hat oder es nur leicht oder gar nicht berührt – Informationen, die entscheidend sind für den sicheren Wechsel vom automatisierten in den manuellen Fahrmodus.

Es gibt auch Beispiele dafür, wie sich bereits etablierte Player im Bereich der organischen und gedruckten Elektronik neue Geschäftsfelder erschließen. Bestes Beispiel unter den Lopec-Ausstellern dafür ist E Ink. Bislang kommt das elektronische Papier des Unternehmens vor allem in E-Readern zum Einsatz. Es eignet sich aber auch ideal für selbsttönende Scheiben, digitale Beschilderung, elektrische Nummernschilder und Autokarosserien, die Farbe und Muster auf Knopfdruck ändern. »Gedruckte Elektronik«, so Mildner, »erweitert damit sowohl die technischen Möglichkeiten wie auch den gestalterischen Spielraum. Das macht die Technologie unschlagbar in vielen Wirtschaftszweigen«.

Wie ein roter Faden zieht sich durch die Lopec 2024 und den Lopec-Kongress das Thema Nachhaltigkeit. Schließlich ist die gedruckte und organische Elektronik mit ihren energieeffizienten, additiven Fertigungsverfahren und der Verwendung ungefährlicher Chemikalien sowie recycelbarer Materialien geradezu dazu prädestiniert, nachhaltigere Elektronik herzustellen.

Lopec-Kongress

Rund 180 Vorträge

»Gedruckte Elektronik gilt als Grundlagentechnologie für eine nachhaltige Produktion«, so Wolfgang Mildner, General Chair des Lopec-Kongresses. »Dies werden wir mit verschiedenen Vorträgen aus Industrie und Wissenschaft beleuchten.« Zu den Highlights zählen sicher die Keynotes von Prof. Christophe J. Brabec von der FAU Erlangen-Nürnberg, der über die Nachhaltigkeit der verwendeten Materialien für gedruckte Elektronikprodukte spricht, und Dave Moore, CEO von PragmatIC Semiconductor, der den Nachhaltigkeitsaspekt bei der Produktion flexibler Komponenten thematisiert. Ein weiteres Highlight stellt der Plenarvortrag von Dr. Hiroki Maeda von Nippon Printing am 7. März um 9 Uhr dar, der auf die Bedeutung der gedruckten Elektronik für die Telekommunikation der nächsten Generation eingeht.

Für alle Lopec-Besucher zugänglich ist im Rahmen der neuen Open Plenary-Session am 6. März um 8 Uhr der Vortrag von Dr. Alain Schumacher, CTO von IEE, mit dem Titel »Printed Electronics – Products, Trends and Facts for a Sustainable Future«.


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