Die Meilensteine der Leistungselektronik

Prof. Leo Lorenz über bahnbrechende Entwicklungen

30. Juni 2017, 13:30 Uhr | Irina Hübner
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Die Marktentwicklung ab dem Jahr 2000

Elektronik: Und wie hat sich die Leistungselektronik seit dem Jahr 2000 entwickelt?

Prof. Lorenz: Das Zeitintervall von 2000 bis heute wurde geprägt durch die Weiterentwicklung der Schaltungstechnik in Richtung Ultra-Fast Switching. Das gilt insbesondere für die Super-Junction-Technologie im gesamten Bereich von Niedervolt bis etwa 800 V und auch für IGBTs, vor allem für die Ultra-Dünnwafer-Field-Stop-IGBTs mit extrem hohen Zellendichten.

Beginnend im Jahr 2000 kamen dann die Wide-Band-Gap-Technologien, angefangen mit der SiC-Schottky-Diode, den SiC-Schaltern und später mit GaN-Leistungstransistoren. Damit verbunden ist die massive Weiterentwicklung der Schaltungstechnik, der 3D-Packaging-Technologien und der neuen Materialien für eine bessere Wärmeabfuhr bei gleichzeitig höherer Zuverlässigkeit mit dem Ziel hin zu extrem hohen Leistungsdichten bei gleichzeitig hohen Wirkungsgraden sowie die digitale leistungselektronische Energiewandlung.

Prof. Leo Lorenz inmitten seiner Studenten
Prof. Leo Lorenz inmitten seiner Studenten.
© Prof. Leo Lorenz

Im Zeitraum seit 2000 liegen Japan und Deutschland meiner Ansicht nach fast auf Augenhöhe. Vielleicht sind die Japaner bei den Wide-Band-Gap-Bausteinen leicht führend, denn sie verfügen über Devices unterschiedlicher Strom- und Spannungsklassen.

Elektronik: War die positive Entwicklung der Leistungselektronik in Deutschland ein Selbstläufer?

Prof. Lorenz: Nein, da muss man ein Stück zurückgehen, um das zu verstehen. In den 90er Jahren musste die Leistungselektronik in Deutschland einen wirtschaftlichen Rückgang verkraften. Dieser hatte einen massiven Einbruch in der Ingenieursausbildung zur Folge. Mitte der 90er Jahre fühlten sich die Studenten vor allem von den Nanotechnologien und den Informations- bzw. Kommunikationstechnologien angezogen. Zusätzlich war es damals von den Tätigkeitsgebieten her nicht attraktiv, in der Leistungselektronik zu arbeiten.

Leistungselektronik steht ja für die Steuerung des Energieflusses von der Quelle bis zum Verbraucher. Wie lässt sich das hocheffizient und zuverlässig realisieren? Das ist eine große Aufgabe, die damals niemand wahrgenommen hat. Das Problem hat sich so zugespitzt bis zur Jahrtausendwende, dass sich die Industrie zusammengetan hat, um die Bedeutung der Leistungselektronik wieder besser herauszustellen.

Elektronik: Daraufhin wurde der ECPE gegründet?

Prof. Lorenz: Genau, das war im Jahr 2003. Bei der Erarbeitung des Konzepts für die Organisation durfte ich eine führende Rolle spielen. Der ECPE hat sich in den letzten zehn Jahren überaus erfolgreich entwickelt und zählt heute zu den wichtigsten Leistungselektronik-Organisationen in Europa. Als Sprecher der Organisation konnte ich meinen Beitrag dazu leisten, aber die Detailarbeit, die dem ECPE zum Erfolg verholfen hat, hat das Team am Hauptsitz in Nürnberg bewältigt.

Elektronik: Man hatte ja vielleicht auch ein bisschen Rückenwind durch die neuen Anwendungen, die zu diesem Zeitpunkt aufkamen. Erneuerbare Energien zum Beispiel. Und die Elektromobilität ist ein großer Treiber für die Leistungselektronik.

Prof. Lorenz: Das war genau der Punkt. Etwa 2005/06 entwickelte sich die Energieeffizienz zu einem riesigen Thema bis in die höchste politische Ebene. Zu diesem Zeitpunkt hat man wieder erkannt, dass die Leistungselektronik als Steuerglied für den Energiefluss eine Schlüsseltechnologie darstellt.

Dann kamen die Erneuerbaren Energien. Durch das Fukushima-Desaster wurden die Smart-Grid-Technologien massiv nach vorne getrieben. Die Elektromobilität, und zwar nicht nur die Leistungselektronik im Auto, sondern die gesamte Infrastruktur, ist ebenfalls Markttreiber.


  1. Prof. Leo Lorenz über bahnbrechende Entwicklungen
  2. Die Marktentwicklung ab dem Jahr 2000
  3. Persönliche wissenschaftliche Herausforderungen

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