Großes Potential in 5G

Ist die Messtechnik 5G-ready?

5. November 2018, 17:00 Uhr | Nicole Wörner
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Fortsetzung des Artikels von Teil 3

Welche Industrien profitieren von 5G?

5G geht über den reinen Telekommunikationsbereich weit hinaus. Welche Anwendungen werden die 5G-Technologie treiben? Dazu hat Rahman Jamal eine klare Meinung: »Diese neue Technologie verheißt eine vielfältige, zuverlässige und hochgradig vernetzte Welt. Immerhin soll es mit 5G möglich sein, 100-mal mehr Geräte in das Netzwerk einzubinden, was dem IoT – und dem Industriellen Internet der Dinge (IIoT) im Besonderen – einen richtigen Schub verleiht. Der Anwendungsbereich schlechthin, für den 5G als Wegbereiter gehandelt wird, ist das automatisierte Fahren. Um sich annähernd autonom fortbewegen zu können, müssen Fahrzeuge in der Lage sein, mit ihrer Umgebung zu kommunizieren, sprich mit anderen Autos (Car-to-Car-Kommunikation) und anderen im IoT vernetzten „Dingen“ (Car-to-X-Kommunikation) zu korrespondieren. Vorstellbar wäre etwa der Austausch zwischen dem Fahrzeug und Mobilfunkstationen, intelligenten Laternenmasten oder Straßenschildern, die dem passierenden Auto Auskunft über die Straßenverhältnisse erteilen oder Umweltdaten übermitteln könnten. Auch in der Augmented Reality (AR) wird 5G zweifellos eine große Rolle spielen, beispielsweise im Bereich der Fertigung. Immerhin werden auch im industriellen Umfeld, also im IIoT, immer mehr Geräte miteinander vernetzt. Durch die Kombination von IIoT mit AR, Künstlicher Intelligenz und Machine Learning ist es möglich, dem Techniker den Zustand einer Maschine zusammen mit weiteren wichtigen Daten über eine AR-Brille oder sein Tablet direkt vor Ort zuzuspielen. Dies versetzt ihn dann in die Lage, die Ursache eines Problems zu schnell erkennen, den Zeitaufwand für die Wartung bzw. Reparatur zu verkürzen und somit Maschinenstillstandzeiten zu minimieren. Auch gestalten sich die Bedienung und Wartung von Maschinen somit benutzerfreundlicher. 5G hat also das Potenzial, zu einer schnelleren, kostengünstigeren und sichereren Fertigung beizutragen.« 

Ein Umsatz-Boom auch für die Messtechniker?

Die Erwartungen an 5G sind groß – über viele Industrien hinweg rechnen Unternehmen mit neuen Geschäftsmodellen, die ihnen deutliche Umsatzsteigerungen verschaffen sollen. Und die Messtechnik-Hersteller? Jonathan Borrill erwartet mit 5G »eine neue Wachstumswelle, ähnlich wie bei 3G und 4G, auch wenn die Investitionen wohl nicht ähnlich ausfallen werden wie zuvor, weil die Industrie mittlerweile konsolidiert ist.« Chris Loberg sieht das Interesse bislang noch auf die Forschung und Entwicklung begrenzt und rechnet damit, dass ein größerer Boom erst mit der Produktion und den Feldversuchen ab 2019 kommen wird – wenn die Geräte aus den Entwicklungslaboren in die Produktion und den Feldeinsatz übergehen. Deutlich weiter fasst Meik Kottkamp die Aussichten: »5G wird nicht nur die etablierten Mobilfunkanwendungen verbessern, vielmehr adressiert 5G zahlreiche neue Anwendungen in den vertikalen Märkten. Hierzu gehören das automatisierte oder autonome Fahren, aber auch die Landwirtschaft, das Gesundheitswesen, der öffentliche Verkehr/Transport, die Fertigung oder auch das Finanzwesen planen den Einsatz von 5G-Kommunikation. Mit der Verbreitung der 5G-Technologie in diesen Anwendungsbereichen wird auch der Bedarf an Messtechnik signifikant steigen.« 

Welches sind nun die wichtigsten Zielmärkte für 5G…

...- und damit auch für die Messtechnik-Hersteller? »Das Interesse für die 5G-Technologie ist in vielen Teilen der Welt sehr groß«, fährt der Rohde-&-Schwarz-Experte fort. »Wir erwarten eine frühe Kommerzialisierung in den USA in Korea und in China. Japan hat das klare Ziel formuliert, zu den Olympischen Spielen 2020 5G-Dienste anzubieten. Aber auch in Europa erwarten wir – nicht zuletzt getrieben durch Industrie 4.0 – kommerzielle Netze im Jahr 2020. Die Standorte, an denen die 5G-Kommunikationsprodukte realisiert werden, für deren Verfügbarkeit unsere Messtechnik ein wesentlicher Baustein ist, sind jedoch nicht notwendigerweise deckungsgleich mit den ersten Märkten der 5G-Einführung. Unsere Zielmärkte sind dort, wo unsere Kunden sind.«

Nach Chris Lobergs Überzeugung profitieren Privat- und Geschäftskunden bei 5G von einem erweiterten Datenzugriff und einer größeren Bewegungsfreiheit, die sowohl mobiles Videostreaming als auch einen schnelleren Zugriff auf große Datenfarmen ermöglichen. Daher sieht Loberg den primären Zielmarkt bei den Teams für die Netzoptimierung, die Lösungen zur Interferenzreduktion als auch zur aktiven Frequenzspektrum-Überwachung benötigen. »Wir erwarten ebenfalls eine steigende Nachfrage bei optischen Backhaul-Netzwerken, die den erhöhten Langstreckendatenverkehr von und zu den 5G-Basisstationen bewältigen können«, so Loberg. »In Anbetracht des frühen Entwicklungsstadiums des 5G-Standards werden viele Kunden ihre eigenen FFT- und Standard-Analysen zur Systemcharakterisierung mithilfe der I- und Q-Datenausgabe unserer RSA-Instrumente durchführen wollen. Davon profitieren insbesondere die Kunden, die die Daten zur späteren Auswertung vorerst nur auswärts aufzeichnen möchten.«

Jonathan Borrill sieht die wichtigsten Märkte für 5G…

...und für Anritsu im Bereich der Chipsatzhersteller, 5G-Netzwerkanbieter, etc. »Aber auch die großen Handy- und Tablet-Hersteller oder WLAN-Home-Gateways-Anbieter werden 5G einsetzen und testen. Und nicht zuletzt erwarten wir in der Automobilindustrie den verstärkten 5G-Einsatz – und damit auch einen entsprechenden Bedarf.« Dr. Joachim Peerlings ergänzt einen weiteren Aspekt: »Wichtig ist, dass die Technologien bei den Kunden End-to-End getestet werden, das heißt, von der Simulation und dem Design über das Prototyping, die Validierung, die Herstellung bis hin zur Optimierung, wenn diese Produkte – oder auch die gesamten Netzwerke – in Betrieb sind. Insbesondere im mm-Wellenbereich kann man Designs ohne vorherige Modellierung und Simulation praktisch nicht implementieren. Man braucht eine gute Simulation und eine gute Messung, um die Korrelation zwischen den ursprünglichen Simulationen und den Messungen herstellen und so das Design verbessern zu können. Wir testen die Kundenendgeräte über den gesamten Lebenszyklus.«

Aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Anwendungsbereiche…

...sieht Rahman Jamal National Instruments mit dem softwarezentrierten, plattformbasierten Ansatz in einer guten Position. »NI ist in eine große Bandbreite an Charakterisierungs- und Produktionstests für Transceiver, Leistungsverstärker und FEM für 5G NR und auch für die älteren Standards 2G, 3G und 4G involviert«, so Rahman Jamal. »Die Massenfertigung von 5G-Teilen fängt gerade erst an. Es gibt noch eine Menge ungelöster technischer Herausforderungen bezüglich der Frage, wie 5G-Geräte zu testen sind, aber wir glauben, dass sich unsere modulare und softwarezentrische Plattform ideal eignet, Ingenieure bei der Bewerkstelligung dieser Herausforderungen zu unterstützen, während sich gleichzeitig die Standards schnell weiterentwickeln. Wir denken, dass 2018 das Jahr sein wird, in dem erste in das Bauteildesign integrierte Komponenten im Test von Halbleitergeräten eingesetzt werden.« 
 


  1. Ist die Messtechnik 5G-ready?
  2. Wie steht es um die Standardisierung?
  3. Kann die bisherige Messtechnik die neuen Herausforderungen überhaupt meistern?
  4. Welche Industrien profitieren von 5G?
  5. Wie sinnvoll ist die geplante Frequenzversteigerung? Und wäre eine stärkere staatliche Reglementierung besser?
  6. Wie geht's weiter?

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