Mobilfunkbasierte V2X-Technik (C-V2X)

Latenztest der LTE-V2X-PC5-Schnittstelle

18. Juni 2025, 13:30 Uhr | Autor: Pavol Polacek, Redaktion: Irina Hübner
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Geringe Latenz ist einer der Hauptvorteile von V2X. Daher ist es wichtig, die Latenz zuverlässig bewerten zu können. Solche Tests sollten in allen Phasen durchgeführt werden, sei es als Modultest während der Entwicklung oder unter realen Bedingungen nach der Bereitstellung.

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Hierfür eignet sich der All-in-One-Handheld-Netzwerktester MT1000A von Anritsu.

Die Cellular-V2X- oder C-V2X-Technik erleichtert die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Umgebung und ist für fahrzeugspezifische Anwendungen ausgelegt. Es stehen zwei Arten von Funkschnittstellen zur Verfügung: Uu (LTE Uu und seit kurzem auch NR Uu) für die Verbindung zu den Funkbasisstationen im Mobilfunknetz und LTE PC5, das eine direkte Verbindung zu anderen Fahrzeugen und Road-Side-Units (RSUs) herstellt.

C-V2X wurde speziell für einen effizienten Nachrichtenaustausch mit geringer Latenz und hohem Datendurchsatz in der unmittelbaren Umgebung eines Fahrzeugs entwickelt. Im Direktkommunikationsmodus mit PC5 benötigt C-V2X keine Netzwerkinfrastruktur. Es verfügt über eine robuste physikalische Schicht, die eine höhere Dichte an Referenzsignalen, robuste Modulations- und Codierungsschemata sowie Kanalcodierung umfasst. Ein Fahrzeug mit C-V2X und PC5 kann auf drei Arten direkt kommunizieren: Fahrzeug-zu-Fahrzeug (V2V), Fahrzeug-zu-Infrastruktur (V2I) und Fahrzeug-zu-Fußgänger (V2P).

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Bild 1. Labor-Testaufbau mit einem MT1000A und zwei C-V2X-Modulen.
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LTE-PC5-Kommunikation

Der Schnittstellenstandard LTE PC5 wird in der 3GPP-Spezifikation Release 14 beschrieben und wurde in Release 15 verbessert. Er basiert auf der physischen LTE-Schicht, mit einigen Anpassungen speziell für die Fahrzeugkommunikation. Dazu zählen:

Unabhängigkeit von der Netzwerkinfrastruktur — bietet mehrere Vorteile, zum Beispiel geringere Latenz und sofortigen Informationsaustausch, ohne dass eine Netzwerkverbindung hergestellt werden muss. Außerdem können Fahrzeuge auch außerhalb der Reichweite von Mobilfunknetzen kommunizieren.

Broadcasting — erübrigt die präzise Adressierung von Informationen und vereinfacht/beschleunigt so die Informationsverbreitung. Der Nachteil ist, dass es unmöglich ist, bestimmte Empfänger anzusprechen, für die die Informationen relevant sein könnten.

Robustheit gegenüber Sender- und Empfängerbewegungen bei hoher Geschwindigkeit — durch SC-FDMA (Single-Carrier Frequency Division Multiple Access), robuste Modulation für Steuerinformationen, eine zusätzliche Schutzperiode am Ende des Subframes und durch ein DMRS (Demodulation Reference Signal).

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Bild 2. Testaufbau für reale C-V2X-Feldmessungen.
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Anwendungen für den C-V2X-Direktmodus

Bei folgenden V2X-Anwendungsfälle kommt der direkte Informationsaustausch über PC5 dem fahrenden Fahrzeug eindeutig:

  • Notbremswarnung: Das führende Fahrzeug führt aufgrund eines Problems auf der vor ihm liegenden Straße eine Vollbremsung durch. Ein Fahrzeug, das mit einer höheren Geschwindigkeit als das führende Fahrzeug folgt, läuft Gefahr, von hinten aufzufahren. Bei einer ausreichenden Warnung über die PC5-Kommunikation kann das nachfolgende Fahrzeug nur wenig später als das führende Fahrzeug mit dem Bremsen beginnen, wodurch die Reaktionszeit verkürzt wird. Die erforderliche Service-Level-Latenzzeit für diese Anwendung beträgt 120 ms [1].
  • Kollisionswarnung an Kreuzungen: Fahrzeuge, die sich einer Kreuzung nähern, können durch umliegende Gebäude in ihrer Sicht eingeschränkt werden, sodass sie sich gegenseitig nicht wahrnehmen – es sei denn, sie befinden sich bereits an der Kreuzung. Die Situationswahrnehmung wird beeinträchtigt, und es kann zu gefährlichen Seitenkollisionen kommen. PC5 kann dieses Problem beheben, indem es die Fahrzeuge aufeinander aufmerksam macht, auch wenn sie sich außerhalb der Sichtlinie befinden. Die erforderliche Service-Level-Latenzzeit beträgt 100 ms [1].
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Bild 3. Latenz-KDE mit einer Paketerzeugungsrate von 10 PPS. Insgesamt hat die Nutzlastgröße keinen signifikanten Einfluss auf die Verteilung.
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Testaufbau zur Bewertung der Latenz

Ein Testaufbau zur Bewertung der Latenz einer LTE-PC5-Schnittstelle umfasst den Multifunktionstester MT1000A von Anritsu, der mit zwei C-V2X-Modulen verbunden ist, die 50 m voneinander entfernt sind (Bild 1). Die beiden C-V2X-Module sind so konfiguriert, dass sie über die PC5-Schnittstelle unidirektional über Funk miteinander kommunizieren und dabei im Modus 4 arbeiten (außerhalb der Mobilfunknetzabdeckung). Da der Schwerpunkt auf der Latenz der PC5-Schnittstelle liegt, sendet jeweils nur ein Modul, sodass keine Störungen oder durch den »Listen-before-Talk«-Erkennungsmechanismus keine Übertragungsverzögerungen entstehen.

Unterschiedliche Entfernungen wurden nicht getestet, denn die kumulierte Ausbreitungsverzögerung ist vernachlässigbar ist, da sie nur 0,001 % der gesamten End-to-End-Latenz ausmacht. Die Untersuchung anderer Eigenschaften, zum Beispiel Verluste, werden in diesem Beitrag nicht behandelt.

Mit diesem Testaufbau kann die Latenz des gesamten ITS-Stacks von der physischen bis zur Nachrichten-/Einrichtungsschicht gemessen werden. Der MT1000A verwendet seine interne Uhr, um UDP-Pakete mit einem Zeitstempel zu versehen und die Latenz mit einer Genauigkeit von 0,1 µs zu messen.

Dieser Versuchsaufbau lässt sich leicht für Feldtests anpassen, indem zwei oder mehr MT1000A-Einheiten verwendet werden. Bild 2 zeigt einen Aufbau, bei dem die Latenz zwischen On-Board Units (OBUs) und RSUs gemessen werden kann. Alle MT1000A-Einheiten sind über das GNSS-Signal zeitsynchronisiert, sodass sie an einem beliebigen Ort aufgestellt werden können und mobil sind.

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Bild 4. Latenz von KDE mit einer Paketerzeugungsrate von 100 PPS. Die KDE ändert sich, nachdem die Nutzlastgröße auf 1000 Byte erhöht wurde.
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Gemessene PC5-Latenz

PC5-Latenzmessungen wurden mit dem in Bild 1 beschriebenen Testaufbau durchgeführt – mit einem MT1000A und zwei C-V2X-Modulen. In diesem Fall sendete jeweils nur ein Modul, während das andere empfing.

Die PC5-Latenz wurde mit den folgenden Einstellungen gemessen [2]:

  • Modulations- und Codierungsschema (MCS) Nummer 15, also 16QAM-Modulation, mit einer Codierungsrate von 0,652 und einer Burst-Datenbitrate von 15,648 MBit/s
  • Bandbreite: 10 MHz mit 5 Unterkanälen (mit jeweils 12 Unterträgern)
  • Paketgenerierungsrate: 10 und 100 Pakete pro Sekunde (PPS)
  • Nutzlastgrößen: 200, 400, 600, 800 und 1000 Byte

Damit lässt sich die Leistungsfähigkeit der PC5-Schnittstelle über eine Reihe realistischer Nachrichtengrößen hinweg testen [3].

Ist die Paketerzeugung auf 10 PPS eingestellt, liegt die gemessene Latenz bei verschiedenen Nutzlastlängen zwischen 13,5 und 28,3 ms, mit einem Durchschnitt von 19,1 ms (Tabelle 1). Die Latenz-Kernel-Dichte-Schätzung (KDE), die aus der Wahrscheinlichkeitsdichte-Schätzung nach Anwendung der Kernel-Glättung gewonnen wird, ist in Bild 3 dargestellt und weist eine ausgeprägte positive Schiefe auf.

Nutzlast [Byte]   200 400 600 800 1000
10 PPS Latenz min. [ms] 13,571 13,574 13,531 13,610 13,562
Latenz durchschn. [ms] 19,175 19,168 19,150 19,126 19,112
Latenz max. [ms] 28,214 28,303 28,188 28,299 28,184
100 PPS Latenz min. [ms] 12,872 12,856 12,902 12,859 13,222
Latenz durchschn. [ms] 18,557 18,590 18,588 18,591 19,574
Latenz max. [ms] 27,733 27,766 27,792 27,701 27,836

 

Tabelle 1. Latenzen für verschiedene Nutzlastgrößen und Paketgenerierungsfrequenzen. (Quelle: Anritsu)


Ist die Paketerzeugung auf 100 PPS eingestellt, liegt die Latenz zwischen 12,9 und 27,8 ms, mit einem Durchschnitt von 18,6 ms für Nutzlastgrößen von 200 und 800 Byte. Die KDE ist in Bild 4 dargestellt und weist eine ausgeprägte positive Schiefe mit einem kleinen Tal bei 21 ms auf. Bei einer Nutzlastgröße von 1000 Byte liegt die Latenz zwischen 13,4 und 27,8 ms, mit einem Durchschnitt von 19,6 ms. Hier ist die KDE nicht so schief, weist aber immer noch ein kleines Tal bei 21 ms auf. Diese Täler werden durch die interne Geräteplanung verursacht.

Wie die Messungen zeigen, liegt die End-to-End-Latenz von LTE PC5 deutlich innerhalb der Grenzen von V2X-Anwendungen [1]. Es sind jedoch weitere Tests erforderlich, um die Latenz unter verschiedenen Bedingungen zu messen, zum Beispiel bei Störungen oder unter Überlastbedingungen.

Pavol Polacek
Pavol Polacek ist Wireless-Spezialist bei Anritsu. Er ist verantwortlich für den Kunden-Support bezüglich der Nutzung und Automatisierung von Anritsu-Test- und Messgeräten sowie für die Entwicklung kundenspezifischer Lösungen und Proofs of Concept. Seine berufliche Laufbahn begann er 2013 bei Anritsu als Protocol Conformance Support Engineer.
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Der MT1000A Network Master Pro

Der MT1000A ist ein All-in-One-Feldtester, mit dem sich zahlreich Parameter in Kommunikationsnetzen auswerten lassen – einschließlich Qualitätsparameter wie Latenz, Jitter, Muster- oder Sequenzfehler und Paketverlust. Der MT1000A verfügt über ein modulares Design mit verschiedenen Modulen, die kombiniertes 10G/100G-Ethernet, OTN, SONET/SDH, OTDR und andere Technologien unterstützen. Seine Software ist flexibel, benutzerfreundlich und ermöglicht automatisierte Tests.

Zum Testen der V2X-Latenz verwendet der MT1000A ein benutzerdefiniertes Anwendungsprotokoll, bei dem die End-to-End-Latenz als Differenz zwischen dem Zeitstempel beim Senden des Pakets und dem Zeitstempel beim Empfang des Pakets berechnet wird. Die Genauigkeit der Latenzmessung liegt im Mikrosekunden-Bereich, was zuverlässige Messungen und detaillierte Analysen ermöglicht.

Literatur

[1] 5GAA,»C-V2X Use Cases: Methodology, Examples and Service Level Requirements«, 5GAA, Munich, 2019.

[2] 3GPP, »3GPP TS 36.331 version 15.3.0 Release 15«, 3GPP, 2018.

[3] C. 2. C. C. Consortium, »Survey on ITS-G5 CAM statistics«, CAR 2 CAR Communication Consortium, 2018.

[4] Anritsu, »MT1000A Introduction«, [Online]. Available: https://www.anritsu.com/en-us/test-measurement/products/mt1000a. [Accessed 30 09 2024].


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