Der sonst so nüchterne VDE schlägt Alarm: Deutschland gehen die Elektroingenieure aus, aus eigener Kraft reiche es nicht mehr. 11.000 müssen allein 2022 aus dem Ausland geholt werden, um das Geschäft mit Energiewende oder Digitalisierung zu stemmen. Wie aussichtsreich ist das?
Grundlage ist eine neue Arbeitsmarkt-Studie des VDE, die Markt&Technik vor Veröffentlichung vorlag (erhältlich beim VDE).
Nur rund 8600 Elektroingenieure entlassen die Hochschulen in diesem Jahr auf den Arbeitsmarkt, der sie wie ein Schwamm aufsaugen wird. Diese aus eigener Kraft ausgebildeten sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein, denn gebraucht würden laut VDE-Berechnungen allein in diesem Jahr insgesamt voraussichtlich knapp 20.000, mit steigender Tendenz. Das Reservoir an arbeitslosen Elektroingenieuren ist längst ausgeschöpft, es herrscht seit Jahren Vollbeschäftigung, von der Forscher bei einer Arbeitslosigkeit von unter drei Prozent sprechen. In Bayern und Baden-Württemberg, Spitzenabnehmer von E-Technikern, liegt sie sogar bei nur rund 1,3 Prozent.
So müssen bereits in diesem Jahr fast 11.000 fertig ausgebildete Elektroingenieure zusätzlich aus dem Ausland geholt werden, um den Bedarf zu decken. »Die Zahl erscheint sehr hoch, das ist sie auch«, kommentiert Arbeitsmarktexperte und Studienautor Dr. Michael Schanz. Bislang konnte qualifizierte Zuwanderung aus dem Ausland zumindest die Löcher stopfen, doch das erscheint zunehmend unwahrscheinlich, weil der Bedarf an Elektroingenieuren auch weltweit gestiegen ist, u. a. befeuert durch die Chipkrise.
So verlangt der weltweite Bau neuer Chipfabriken nach zigtausenden Halbleiterexperten; die Halbleiterindustrie will weltweit bis Ende des Jahres fast 50 Prozent mehr umsetzen als noch vor der Pandemie 2019. Das zeigt eine Studie von Deloitte. Vor allem Taiwan, aber auch Südkorea und zunehmend die USA, China, Singapur oder Israel investieren in Chip-Kapazitäten und schöpfen aus dem Pool an Elektroingenieuren.
China verdient dabei ein besonderes Augenmerk. Chinesische Studierende machen etwa 10 Prozent der Studierenden des Faches E-Technik in Deutschland aus, schätzt der VDE. Die Mehrheit davon geht irgendwann wieder zurück, zumal die Volksrepublik selbst mit einem chronischen Mangel an wissenschaftlichen und technischen Fachkräften auf dem Weg zur Halbleiter-Supermacht kämpfe, so Deloitte. Weltweit entstehen daher Partnerschaften aus Politik, Wissenschaft und Industrie für mehr Halbleiter-Nachwuchs; auch die SEMI Foundation hat das »Skill Shortage«-Problem erkannt. Wann folgt Deutschland?
Lesen Sie mehr dazu ab Seite 42 im E-Paper der Ausgabe 6-2022.