Die Nachfrage nach Programmierern, Elektroingenieuren oder hardwarenahen Programmierern ist derzeit enorm - das Reservoir an Fachkräften hierzulande aber beschränkt. Entsprechend lohnt sich der Blick ins Ausland. Was gibt es für Möglichkeiten?
Die Beschäftigung ausländischer Tech-Fachkräfte bei einem deutschen Unternehmen verlangt Kenntnis über die rechtlichen Rahmenbedingungen und bedarf der Schaffung entsprechender organisatorischer Strukturen im Unternehmen. Die Umsetzung kann mitunter komplex sein, da sich Unternehmen in einem Wechselspiel aus Vorgaben des Aufenthalts-, Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrechts wiederfinden.
In einem Ansatz rekrutieren Unternehmen Mitarbeiter direkt im Ausland, indem sie eigene Tochterunternehmen zur Erbringung von IT-Dienstleistungen gründen. Diese Unternehmen haben den Zweck, für das deutsche Unternehmen Dienstleistungen zu erbringen, und fungieren damit vergleichbar einer Werkbank des Mutterunternehmens.
Doch der mit der Gründung eines Tochterunternehmens verbundene Aufwand übersteigt schnell die Ressourcen vieler Unternehmen. Denn neben den mit der Gründung verbundenen Kosten erfordert auch der laufende Betrieb der Gesellschaft die Schaffung eigener Organisationsstrukturen. Hürden stellen in der Praxis insbesondere die für deutsche Unternehmen unbekannten Rechtssysteme sowie fremde Landessprachen dar.
Vor diesem Hintergrund greifen Unternehmen bevorzugt auf die Direktanstellung ausländischer Arbeitnehmer bei dem deutschen Unternehmen zurück, womit sich die Frage stellt, welche Gestaltungsmöglichkeiten es gibt und welche Bedingungen für die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer erfüllt werden müssen. Doch der Reihe nach.
Gründung ausländischer Personalunternehmen
Ein in der Praxis für viele Unternehmen interessantes Konstrukt ist die Gründung ausländischer Personalunternehmen, die Personal nach Deutschland entsenden. Im Unterschied zu einer ausländischen Dienstleistungsgesellschaft, die Leistungen für ein deutsches Unternehmen erbringt, hat eine solche Gesellschaft rein den Zweck, Arbeitskräfte für das deutsche Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Während die Arbeitsleistung in Deutschland erbracht wird, besteht ein Arbeitsvertrag mit einer ausländischen Gesellschaft, welche die Mitarbeiter an das deutsche Unternehmen als sogenannte Entleiher überlässt.
Das Konstrukt der Arbeitnehmerüberlassung dürfte aufgrund rechtlicher Hürden in vielen Fällen nur eingeschränkt empfehlenswert sein. Neben den bereits genannten Nachteilen im Hinblick auf die Gründung eines ausländischen Unternehmens stößt die Arbeitnehmerüberlassung aus rechtlicher Sicht an verschiedene Grenzen. Insbesondere die gesetzlich festgelegte Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten erlaubt keinen dauerhaften Einsatz der Fachkräfte in Deutschland.
Ferner sind bei der Entsendung von Arbeitnehmern nach Deutschland die Meldepflichten nach dem Mindestlohn-, dem Arbeitnehmerentsende- sowie dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zu beachten. Ein Rückgriff auf Entsendekonstrukte erfolgt deshalb in der Praxis in der Regel nur dann, wenn Arbeitnehmer in mehreren Ländern beschäftigt werden oder der Aufenthalt in Deutschland auf eine bestimmte Zeit beschränkt ist. In der Regel spielt dabei der Verbleib im Sozialversicherungssystem des Herkunftslandes eine Rolle, da auch Arbeitnehmer, die in mehreren EU-Mitgliedstaaten arbeiten, nur der Sozialversicherungspflicht in einem Mitgliedstaat unterliegen.
Anstellung ausländischer Arbeitnehmer bei dem deutschen Unternehmen
Wird die Anstellung ausländischer Arbeitnehmer bei dem deutschen Unternehmen angestrebt, kommt auf der einen Seite der Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen dem Mitarbeiter und dem deutschen Unternehmen bei gleichzeitigem Beibehalt des Wohnsitzes im Ausland in Betracht.
Nationale Besonderheiten erfordern ein sorgfältiges Vorgehen im Hinblick auf die Beschäftigung des Mitarbeiters. Zwingende Regelungen des nationalen Rechts sowie Praktikabilitätserwägungen machen es in der Regel notwendig, lokale Arbeitsverträge nach dem jeweiligen nationalen Recht zu schließen bzw. die deutschen Arbeitsverträge an das ausländische Recht anzupassen. Ferner sind in dieser Konstellation die Erfüllung der Arbeitgeberpflichten (insbesondere Arbeitsschutz), Meldepflichten sowie die Compliance im Hinblick auf das Steuer- und Sozialversicherungsrecht zu beachten. In der Praxis führt dies häufig zu der Notwendigkeit der Einrichtung einer lokalen Payroll für das jeweilige Land über externe Lohnbüros.
Anstellung der Ausländer vor Ort in Deutschland
Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte dürfte die Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern vor Ort in Deutschland für viele Unternehmen der Goldstandard sein.
Ein häufiges Missverständnis in diesem Zusammenhang ist die Annahme, dass durch den Rückgriff auf Arbeiternehmer aus Ländern mit niedrigerem Lohnniveau Kosten eingespart werden können. Mit der Beschäftigung in Deutschland sind den Arbeitnehmern vielmehr die üblichen Arbeitsbedingungen zu gewähren, wozu auch der Lohn zählt, der an vergleichbare Arbeitnehmer gezahlt wird. Grundsätzlich findet das Gehaltsniveau seine Untergrenze im gesetzlichen Mindestlohn, orientiert sich aber in der Regel eher an Branchen-Mindestlöhnen und Tarifverträgen.
Die Integration des ausländischen Mitarbeiters in die bestehenden Strukturen des deutschen Unternehmens reduziert die Problematik im Wesentlichen auf Fragen des Ausländerrechts.
Für EU-Ausländer ist die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses bei einem deutschen Unternehmen – analog zu deutschen Mitarbeitern – unproblematisch möglich, da diese uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit genießen. Drittstaatsangehörige, d. h. Arbeitnehmer, die nicht aus Staaten der Europäischen Union stammen, unterliegen der allgemeinen Visumpflicht für Deutschland. Für eine Beschäftigung in Deutschland ist folglich ein entsprechender Aufenthaltstitel notwendig, der eine Erwerbstätigkeit erlaubt.
Vor dem Hintergrund der hohen Hürden einer Visaerteilung kommt die Fachkräfteeinwanderung ins Spiel. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz wurde das Aufenthaltsgesetz einschließlich der Regelungen betreffend den Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit neu gefasst. Dabei wurde die bestehende Systematik der bedarfsgebundenen Erwerbsmigration fortgeführt, die grundsätzlich an das Vorliegen einer in Deutschland anerkannten Qualifikation und eines Arbeitsplatzangebots gekoppelt ist. Eingeführt wurde ein einheitlicher Fachkräftebegriff, der sowohl akademisch als auch beruflich qualifizierte Beschäftigte umfasst. Durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz können damit auch Fachkräfte mit beruflicher, nichtakademischer Ausbildung zu Arbeitszwecken leichter nach Deutschland einwandern.
Bei Tech-Fachkräften mit akademischer Ausbildung dürfte es sich in der Regel um hochqualifizierte Arbeitnehmer handeln, die sich aufgrund der hohen Gehälter häufig gleichzeitig für eine Blaue Karte EU qualifizieren (Mindestgehaltsgrenze 56.400 Euro brutto, für Mangelberufe wie Ingenieure und IT-Fachkräfte 43.992 Euro brutto) und bevorzugt nach 33 Monaten eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erhalten können (bei Deutschkenntnissen auf Stufe B1 ist der Erhalt einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis bereits nach 21 Monaten möglich).
Fazit: Unternehmen, die ausländische Arbeitnehmer beschäftigen möchten, können aus verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten wählen. Doch nicht jede Gestaltung ist ideal, weshalb der Beschäftigung von ausländischen Fachkräften eine sorgfältige Planung vorweggehen sollte. Denn berücksichtigt werden müssen neben den Ressourcen des Unternehmens insbesondere die rechtlichen Rahmenbedingungen, welche in vielen Fällen die Grenzen des Möglichen aufzeigen.
Aziza Yakhloufi ist Rechtsanwältin bei Rödl & Partner.