2D-Kurzschlussdetektion schützt IGBTs

Kurzschluss schneller erkennen

4. Mai 2017, 9:02 Uhr | Stefan Hain
Schutzschaltung für die dünnen IGBT-Chips
Schutz für dünne IGBT-Chips
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Moderne IGBTs brauchen aufgrund ihrer dünnen Chipdicke eine Schutzschaltung, die wesentlich schneller einen Kurzschlussfehler erkennt, als bisher möglich ist. Mit der 2D-Kurzschlussdetektion werden statt einer Kenngröße zwei charakteristische Signale ausgewertet – innerhalb von ca. 10 ns.

Der Trend in der Entwicklung neuer Halbleitergenerationen führt neben der Reduktion von Schaltverlusten zu immer dünneren Chips. Mit dünneren Chips können die Durchlassverluste des Bauteils zwar reduziert werden, allerdings geschieht dies zu Lasten einer ebenfalls geringeren thermischen Kapazität des Leistungshalbleiters, wodurch die maximale Kurzschlusszeit im entsättigten Zustand sinkt. So kommt es, dass moderne IGBT-Generationen die bekannte Kurzschlussaushaltezeit von ca. 10 μs nicht mehr erreichen, wodurch der Leistungshalbleiter in einem Kurzschlussfall trotz einer erfolgreichen Kurzschlussdetektion und Abschaltung geschädigt werden kann, wenn die notwendige Totzeit für die Entsättigungserkennung einige Mikrosekunden beträgt.

Bisherige Kurzschlusserkennung zu langsam

Die Entsättigungserkennung ist eine der weitverbreitetsten Kurzschlussdetektionsmethoden für IGBTs. Sie ist durch die Überwachung der Kollektor-Emitter-Spannung mit einer ausreichenden Totzeit zwar sehr robust gegen Fehldetektionen, dadurch aber auch eine der langsamsten Erkennungsmethoden. Zur Überwachung moderner IGBTs, welche eine sehr schnelle Kurzschlussdetektion benötigen, wird deswegen oft ein Stromspiegel zur Kurzschlussstromüberwachung eingesetzt. Hierbei wird ein geringer Teil des Kollektorstromes über einen Messwiderstand geführt und der Strom im Leistungshalbleiter überwacht. Steigt der Strom durch ein Kurzschlussereignis auf nicht zulässige Werte, wird der Fehler erkannt und der Halbleiter kontrolliert abgeschaltet. Allerdings kann diese Methode nur für spezielle IGBTs angewendet werden, die bereits einen im Chip integrierten Stromspiegel enthalten, und ist somit nicht zur Überwachung von Standard-IGBT-Modulen geeignet.

Eine weitere Möglichkeit der schnellen Kurzschlussdetektion bietet die Gate-Ladungs-Überwachung, bei der die benötigte Gate-Ladung zum Einschalten des IGBT gemessen wird und somit das Einschalten auf eine induktive Last von einem Einschalten auf einen Kurzschluss (Kurzschlussfall 1) unterschieden werden kann. Da für diese Methode die Spannungsdifferenz über dem Gate-Widerstand ausgewertet wird, ist die Kontaktierung sehr einfach und für jeden IGBT realisierbar. Allerdings kann bei dieser Methode ein Kurzschlussfall 2 (Kurzschluss der induktiven Last, während der Halbleiter leitend ist) erst sehr spät durch eine Ladungsverschiebung aufgrund des Entsättigungsprozesses detektiert werden und ist für diesen Fehlerfall nicht schneller als eine Entsättigungsdetektion.
Alle bisher vorgestellten Methoden überwachen nur einen signifikanten Parameter des IGBT wie Spannung, Strom und Gate-Ladung und versuchen durch einen Vergleich mit einer entsprechenden Referenz Rückschlüsse auf einen normalen oder fehlerhaften Betriebspunkt zu erhalten, wodurch jede Methode ihre jeweiligen spezifischen Vorteile aufweist.

Zwei Parameter für eine schnelle Kurzschlusserkennung

Die nachfolgend vorgestellte 2D-Kurzschlussdetektionsmethode löst sich von diesem Ansatz und überwacht statt nur einem relevanten Parameter das simultane Verhalten zweier, einfach zu messender Parameter, die für sich allein genommen keine Schlussfolgerungen zulassen. Erst durch die Kenntnis und Kombination beider Werte entsteht eine signifikante Information über den Halbleiterzustand. Auf diese Weise ist es möglich, die Robustheit der Entsättigungsüberwachung gegenüber Fehldetektionen und die schnelle Kurzschlussdetektion eines Stromspiegels mit einer einfachen Kontaktierung, wie bei der Gate-Ladungs-Überwachung, in einer neuen Kurzschlussdetektionsmethode zu vereinen.

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Vergleich eines normalen Einschaltvorgangs eines IGBT (links), Einschalten auf einen Kurzschluss (rechts
Bild 1. Vergleich eines normalen Einschaltvorgangs eines IGBT (links) mit dem Einschalten auf einen Kurzschluss (rechts). Im Kurzschlussfall überschneiden sich die Zeitbereiche einer dynamischen Stromänderung und einer hohen Gate-Spannung. (Getesteter IGBT mit UCE_max = 1200 V, betrieben mit UCE = 600 V, IC_nenn = 240 A.)
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Die neue 2D-Kurzschlussdetektionsmethode nutzt zur Erkennung von fehlerhaften Betriebszuständen die Tatsache, dass bei einem normalen Einschaltvorgang oder während des leitenden Betriebs eine dynamische positive Stromänderung niemals gleichzeitig mit einer hohen Gate-Spannung vorliegt, es sei denn, ein Kurzschlussfall tritt ein. Bild 1 verdeutlicht diesen Zusammenhang durch einen Vergleich eines normalen Einschaltvorgangs (links) mit einem niederinduktiven Kurzschlussfall 1 (rechts). Für die Funktionsweise der Methode ist es entscheidend, dass die Referenzspannung für den Gate-Spannungs-Vergleich höher liegt als das Millerplateau des Einschaltvorgangs. Ist dies der Fall, so ist der Bereich hoher positiver di/dt-Werte (Induktionsspannung, rot markiert) von dem Bereich hoher Gate-Spannungs-Werte (grün markiert) durch das Millerplateau zeitlich getrennt.

Phasendiagramm der Gate-Spannung und des Stromanstiegs (Induktionsspannung) des IGBT
Bild 2. Phasendiagramm der Gate-Spannung und des Stromanstiegs (Induktionsspannung) des IGBT. Die Referenzwerte bilden rechts oben einen zweidimensionalen Detektionsbereich (blau markiert), der nur im Fehlerfall von den Trajektorien durchlaufen wird.
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Wird im Gegensatz dazu auf einen niederinduktiven Kurzschluss eingeschaltet, kommt es durch den fehlenden Millereffekt zu einem zeitgleichen Überschreiten der Referenzwerte der beiden überwachten Messgrößen und der Kurzschlussfall kann bereits während des dynamischen Einschaltens detektiert werden. Wie das simultane Überwachen der Stromanstiegsgeschwindigkeit und der Gate-Spannung zu einer eindeutigen Kurzschlussdetektion führt, kann in einem Induktionsspannung-Gate-Spannungs-Phasendiagramm (Bild 2) dargestellt werden. Die beiden Referenzwerte bilden in diesem Diagramm einen zweidimensionalen Kurzschlussdetektionsbereich, weshalb der Name der Methode auch den Zusatz „2D“ trägt. Die Trajektorie eines normalen Einschaltvorgangs verläuft in dieser Darstellung um den Detektionsbereich herum und löst somit keine Kurzschlusserkennung aus. Die Trajektorie eines niederinduktiven Kurzschlussfalls 1 dagegen verhält sich zu Beginn identisch wie ein Normalfall, tritt dann jedoch in den Detektionsbereich ein und kann frühzeitig und signifikant von dem normalen Einschaltvorgang unterschieden werden. Ist der IGBT im leitenden Zustand, wird die Gate-Referenzspannung bereits permanent überschritten, sodass jede zusätzliche zu hohe positive Stromänderung zu einer sehr schnellen Kurzschlussdetektion führt, womit der Kurzschlussfall 2 ebenfalls mit dieser Methode abgesichert werden kann.


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