Kommentar

Klare Zukunftsstrategie statt Wunschträumen

8. Juli 2021, 10:15 Uhr | Engelbert Hopf
Engelbert Hopf, Chefreporter, EHopf@weka-fachmedien.de
© Markt&Technik

In der Not sprudelt das Füllhorn staatlicher Förderungen ganz besonders großzügig. Vor diesem Hintergrund geben sich derzeit internationale Halbleiterhersteller bei der EU-Kommission die Klinke in die Hand.

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Ihr Ziel: staatliche Subventionen für den Neubau von Fabs in Europa.

Ihr erster Ansprechpartner ist EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton.Gesprächspartner wie Intel-Chef Pat Gelsinger kommen dabei mit Milliardenforderungen. Ihr Hauptargument: In Asien gehörten solche Subventionen seit Jahren zur Industriestrategie dortiger Regierungen.

Freundlicherweise wird so gleich die Begründung für die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit Europas mitgeliefert, oder warum es um 40 Prozent günstiger ist, in Asien zu produzieren. Welche Spirale das Eingehen auf diese Forderung in Gang setzen würde, kann sich wohl jeder ausmalen.

Unabhängig davon, ob man auf diesem Wege Europa wieder ein Stück weit zu vergangener wirtschaftlicher Bedeutung in der internationalen Halbleiterbranche führen möchte, stellt sich eine ganz grundlegende Frage: Welche Halbleiter-Fabs möchte man eigentlich durch staatliche Förderprogramme nach Europa lotsen?

Wer es richtig teuer haben möchte, fabuliert von einer 2-nm-Fertigung. Investitionskosten? Wahrscheinlich im niedrigen zweistelligen Milliarden-Euro-Bereich. Aus Sicht von Infineon-Chef Dr. Reinhard Ploss eine Scheindiskussion. Produkte in 2-nm-Technologie haben vor allem für Smartphones und Laptops Bedeutung – Branchen, die in Europa keine Rolle mehr spielen.

Er plädiert dafür, sich auf traditionelle Stärken Europas zu besinnen, etwa in den Bereichen Automotive und Industrieelektronik. Dafür ist keine Leading-Edge-Technologie notwendig. Diese Produkte lassen sich mit herkömmlichen Strukturbreiten produzieren. Zudem lassen sich solche Werke mit niedrigen einstelligen Milliarden-Euro-Beträgen realisieren, wie Infineon und Bosch gerade in Villach und Dresden zeigen. Staatliche Förderung wird natürlich auch dafür gerne genommen.

Letztlich geht es also um die Frage: technisches Leuchtturmprojekt oder nachhaltige Stärkung europäischer industriepolitischer Interessen? Man darf gespannt sein, welche Fraktion sich durchsetzt. Und, nur am Rande: Halbleiter-Fabs benötigen passende Ökosysteme. Die dürfte Intel eher in Dresden als in Bayern finden.


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