Neben den höherspannigen Busverteilern mit 300 oder 375 V DC, welche aus direkt gleichgerichteter und von einer PFC-Einheit bearbeiteten 230-V-Netzspannung entstanden, setzen sich die ursprünglich aus der Telekommunikation stammenden 48-V-DC-Busversorgungen immer mehr durch: Sie können bei einem Stromausfall auch unkompliziert aus Akkus gespeist und ohne Probleme berührt werden (SELV). Dennoch arbeiten sie mit für die Leistungsverteilung akzeptablen Stromstärken.
Was als Nachteil von DPA bleibt, ist die üblicherweise doppelte Regelung: Die Busspannung wird direkt verwendet, muss also stabilisiert werden, und dann wird nochmals umgesetzt und neu geregelt. Damit steigen die Kosten und der Wirkungsgrad sinkt. Zudem ist die direkte Umsetzung beispielsweise von auf dem Bus verlustarmen 48 V auf 3,3 V an einer CPU in einem POL-Schaltregler mitunter problematisch: Das Tastverhältnis liegt nur noch bei wenigen Prozent. Wird dagegen für jede benötigte Spannung ein eigener Brick mit eigener Regelung genutzt, wird die Stromversorgung unnötig teuer und der Leiterplattenplatz knapp.
Die IBA – Intermediate Bus Architecture – löst dieses Problem: Ein IBC – Intermediate Bus Converter – setzt die Busspannung nur in einem festen Verhältnis herunter, wie eine Art Gleichspannungstransformator. Üblich sind hier Verhältnisse von 4:1 oder 5:1 – aus einem 48-V-Bus wird so vor Ort ein 12-V-Bus, aus dem dann preiswerte, nichtisolierende POL-Regler akzeptabler betrieben werden können. Der IBC wiederum läuft ungeregelt mit optimalem Tastverhältnis und erreicht so bis zu 98 % Wirkungsgrad. Trotz doppelter Umsetzung ist der Gesamtwirkungsgrad der Anlage so höher und die Kosten – es werden nur ein IBC und viele einfache POL-Regler benötigt – gering: Da der IBC bereits die galvanische Trennung vollzogen hat, kann im POL-Regler hierauf verzichtet werden.
Mittlerweile sind jedoch auch die POL-Regler weit weg vom einstigen „maximal 40 V Eingangsspannung und 1,2 bis 35 V Ausgangsspannung“ der linearen „Dreibeiner“. So sind bis zu 90 V Ein- oder Ausgangsspannung ebenso kein Problem (Bild 3) wie Ströme bis in den dreistelligen Ampere-Bereich und Ausgangsspannungen von unter 1 V (Bild 4). Außerdem können getaktete POLs nicht nur abwärts, sondern auch aufwärts wandeln. Somit gibt es eigentlich kein spezielles Stromversorgungsproblem, das nicht schnell und effizient gelöst werden kann.
DPA lohnt sich nicht in allen Fällen – werden nur einmal 60 V DC und einmal 24 V DC benötigt, kann ein klassisches Netzteil mit zwei festen Ausgängen dies besser und kostengünstiger abdecken. Ebenso sind bei kleineren Leistungen auch einfachere Lösungen bis hinab zu einem klassischen Linearregler akzeptabel und sinnvoll.
Klar ist jedoch, dass eine verteilte Stromversorgungsstruktur weit flexibler ist als die klassische zentrale Stromversorgung: Die Versorgungsqualität am Point of Load ist mit nahe an der Last liegenden Reglern höher, Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Baugruppen werden reduziert. Zudem steigt der Gesamtwirkungsgrad, wenn niedrige Spannungen mit hohen Strömen erst nahe an der Last erzeugt werden. Die durch die Verluste bei der Wandlung entstehende Wärme wird in verteilten Systemen an mehreren Stellen statt an einem einzelnen Punkt frei und kann damit leichter abgeführt werden. Auch die Entwicklung der Stromversorgung ist flexibler: Wird im Laufe der Entwicklung von einer Baugruppe noch eine zusätzliche Betriebsspannung oder mehr oder weniger Leistung benötigt als ursprünglich konzipiert, muss das Netzteil nicht komplett neu entwickelt, berechnet, konstruiert und zugelassen werden. Es reicht, den entsprechenden Niederspannungs-Verbraucherzweig nachzubessern und die davor liegenden Zweige auf ausreichende Belastbarkeit der Zwischenkreis-Busspannungen zu prüfen. Unter diesem Aspekt steigt ebenfalls die Zuverlässigkeit. Bei Ausfällen lässt sich die schadhafte Stromversorgungseinheit schnell einkreisen und ersetzen, während ein Zentralnetzteil meist komplett ausfällt – selbst, wenn die Ursache gar nicht dort liegt, sondern beispielsweise bei einem Kurzschluss in einem Steckverbinder. Zudem ist es leicht, mit mehrfach vorgesehenen Baugruppen bei Bedarf über Redundanz erhöhte Ausfallsicherheit zu erreichen. Ein weiterer Punkt für Flexibilität und Zuverlässigkeit: Die Versorgung ist nicht nur aus dem Wechselstrom-Lichtnetz, sondern auch aus Gleichspannungs-Quellen wie Solaranlagen, USVs oder Notstromversorgungen möglich.
Die moderne Technik hat die Abhängigkeit von Wechselspannungsnetzen beseitigt – klassische Transformatoren funktionierten nur in diesen. Wenn sich in Anlagen zukünftig Gleichspannungsbusse durchsetzen, können DPA-Systeme leicht angepasst und an diese angeschlossen werden, ohne erst mühsam auf Wechselspannung wandeln zu müssen.
In der Praxis wird sich in einem modernen Stromversorgungssystem also eine Mischung aller beschriebenen Strukturen finden. Die meisten Power-Lieferanten haben Bausteine und komplette Systeme für diese unterschiedlichen Strukturen im Angebot, Distributoren auch von unterschiedlichen Herstellern. Selbstverständlich ist auch das weiterhin unumgängliche AC-Frontend verfügbar (Bild 5), welches nicht nur AC in DC wandelt, sondern auch Transienten abfängt und einen guten Power Factor gewährleistet, wenn man die Systeme aus einem üblichen Wechselspannungsnetz mit 115 oder 230 V oder gar einem dreiphasigen Netz versorgen will.
Doch je zahlreicher und niedriger die benötigten Spannungen und je höher die benötigten Leistungen sind, desto mehr wird sich die Struktur von klassischen Zentralnetzteilen hin zu DPA, IBC und POL verschieben. Die qualifizierte Beratung, beispielsweise durch einen Fachdistributor, kann die Auswahl der optimalen Struktur für die konkrete Stromversorgungsaufgabe erleichtern und verkürzen. Geeignete Wandlerbausteine können schnell gewählt und auch ohne komplette Neukonstruktion wieder ausgetauscht werden, falls eine kurzfristige Korrektur ansteht – etwa wenn während der Entwicklung von einem Gerät plötzlich noch zusätzliche Funktionen gefordert sind oder eine Baugruppe nicht so funktioniert, wie zunächst geplant. UH
Wolf-Dieter Roth
ist technischer Redakteur bei Hy-Line in Unterhaching bei München. Roth studierte Nachrichtentechnik an der FH München und schloss das Studium als Dipl.-Ing. (FH) ab. Er arbeitete als Journalist, Radiomoderator und Sachbuchautor, vorwiegend in Wissenschaft, IT, Funk und Telekommunikation.