Medizinische All-in-One-PCs und Displays

»Die KI wandert ins Frontend«

9. November 2023, 14:30 Uhr | Ute Häußler
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Vor-Ort-Porträt Deggendorf: Das Adlink Kompetenzcenter Medical

Der Standort Deggendorf etablierte sich mit dem Kauf des Displayherstellers Penta 2014 für Adlink zum Kompentenzcenter Medizintechnik im Geschäftsbereich »Edge Visualization«. Der Taiwanische Embedded-Computing-Konzern fasste mit der Visualisierungstechnik für die Medizin in Europa Fuß, hauptsächlich werden am Rande des Bayerischen Waldes All-in-One-PCs und medizinische Displays gefertigt. Mithilfe der MedTech-Expertise aus Deggendorf konnte sich Adlink in der Folge vom Komponentenhersteller zum Systemlieferanten wandeln. Für OEMs, Direktkunden und Reseller werden Custom-Lösungen assembliert, Baugruppen designt und ganze Medizingeräte nach Kundenwunsch entwickelt. Erst ab Volumina über 1.000 Stück oder auf Board-Level-Niveau wird in Taiwan oder Shanghai produziert.

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Rund 50 Beschäftigte arbeiten für die Medizintechniksparte von Adlink am Standort Deggendorf
Bild 1. Rund 50 Beschäftigte arbeiten für die Medizintechniksparte von Adlink am Standort Deggendorf.
© Adlink

»2000 bis 3000 Medizingeräte verlassen unsere kleine, feine Manufaktur jährlich«, sagt der lokale Geschäftsführer Hans-Jürgen Plötz. Die langgezogene, zweistöckige Fertigungshalle im Deggendorfer Gewerbegebiet am Hammermühlbach (Bild 1) beherbergt in der oberen Etage Büros, das Erdgeschoss ist komplett der Assemblierung, dem Versand und dem Lager vorbehalten. Rund 50 Mitarbeitende sind dort beschäftigt, viele von ihnen schon seit Penta-Zeiten. Sogar Gründer Walter Steinbeißer ist weiterhin im Business Development an Bord. »Nur in der Produktion haben wir mehr junge Leute. Jeden Tag dieselben Schrauben an dieselbe Stelle in einem standardisierten Fertigungsprozess«, das liegt laut Plötz leider nicht jedem auf Dauer.

 In der Manufaktur erfolgt die manuelle Endmontage von medizinischen Displays und All-in-One-PCs auf Kundenwunsch. Die Produktion soll weiter ausgebaut und automatisiert werden
Bild 2. In der Manufaktur erfolgt die manuelle Endmontage von medizinischen Displays und All-in-One-PCs auf Kundenwunsch. Die Produktion soll weiter ausgebaut und automatisiert werden.
© Adlink

An jedem der Handarbeitsplätze und den kleineren Fertigungslinien (Bild 2) wird je nach beauftragter Version gerüstet und nach Kundenwunsch konfektioniert – meist zwischen 21 und 27 Zoll, aber natürlich auch kleiner oder größer. »Alles, was technisch möglich ist, können wir hier bauen«, so Plötz. Die Rückteile der Monitore und All-in-One-PCs mitsamt der Elektronik kommen von der Muttergesellschaft aus Taipeh. Speicher, Festplatten und weitere konfektionierbare Komponenten werden international zugekauft, für viele Bauteile wie Schrauben oder Metall wird aber auch auf ein starkes Netzwerk aus 155 regionalen und nationalen Lieferanten zurückgegriffen. »Das ist der Vorteil,« so Plötz. »Wir schauen auf kurze Wege, vertrauensvolle regionale Lieferantenverbindungen und Nachhaltigkeit; gleichzeitig profitieren unsere Kunden von einem internationalen Einkauf und Warenverkehr«.

»Assembled in Germany« steht rechtlich korrekt auf den Geräten, bedingt durch die in Asien vorgefertigten Komponenten – auch wenn vom Ingenieurwissen für das Design über die händische Konfektion bis zum letzten Qualitätscheck ein Großteil des Prozesses zum fertigen Medizingerät lokal geschieht. Eine hauseigene Software dokumentiert von der Auslagerung der BOM-Liste bis zum Versand jeden einzelnen Fertigungsschritt und sorgt medizinkonform für eine lückenlose Dokumentation. Per Seriennummer ist eindeutig nachvollziehbar, welches Gerät mit welchen Komponenten, wann, wie und von wem zusammengebaut wurde. Das System führt zudem per Arbeitsanweisung durch die Assemblierung, alle Bauteile und Komponenten werden vom Bearbeitenden gescannt. Und ist ein Gerät fertig, wird abschließend in 21 Testschritten jede mögliche Funktion auf Herz und Nieren geprüft. »Wir liefern Endgeräte, einschaltbereit mit Hard- und Software, für den sofortigen Einsatz im Krankenhaus«.

Acht bis zwölf Jahre sind die Medizinprodukte der Klasse 1 aus Deggendorf durchschnittlich im Einsatz, wie lange genau hängt auch an einer sachgemäßen Behandlung und den lokalen Bedingungen. Plötz dazu: »Direkt am Klinikfenster mit Sonneneinstrahlung oder unter thermischer Belastung im Dauerbetrieb, das schlägt sich auf die Betriebsdauer nieder. In der nördlichen Hemisphäre, mit einem pfleglichen Umgang und regelmäßigem Ausschalten halten die Geräte natürlich länger«. Besonders stolz ist der Prokurist auf das schraubenfreie Verschlusssystem der medizinischen Monitore und Computer. »Früher sind die Schwestern zur Desinfektion mit Q-Tipps in die Schrauben gegangen. Heute haben die Monitore keine sichtbaren Schrauben mehr, sie verfügen über unser patentiertes Verschlusssystem mit Zapfen und Magneten – das ist für den OP-Einsatz sehr hygienisch und einfach zu reinigen.« Plötz fügt hinzu: »Je dünner die PCs werden, desto wichtiger wird auch die Wärmeableitung. Bei unseren Geräten passiert dies über die Rückwand – für Hygiene und IP54 verzichten wir auf Kühlrippen.«

Mit dem Trend zu größeren Monitorformaten und technologischen Innovationen wandelt sich auch die Deggendorfer Fertigung. »Bis 27, maximal 32 Zoll kommen wir mit den vorhandenen, ergonomisch optimierten Tischarbeitsplätzen prima klar«, so Plötz. Doch die Nachfrage nach größeren Displays steige. Passend zum angestrebten, ambitionierten Wachstum der Adlink-Medical-Sparte will der Geschäftsführer auch den Standort Deggendorf weiterentwickeln. Bis zu zehn neue Mitarbeiter und eine stärker automatisierte Assemblierung sind das Ziel für die nächsten Jahre, der Ausbau der Produktion scheint bereits greifbar. »Wir planen mit bis zu drei neuen Linienfertigungen«, sagt Hans-Jürgen Plötz. »Ich bin da schon sehr stark unterwegs.« In Deggendorf stehen die Zeichen für die Embedded-Medizingeräte eindeutig auf Wachstum. (uh)


  1. »Die KI wandert ins Frontend«
  2. Mit welchen technischen KI-Fragen kommen die Medizintechnikkunden auf Sie zu?
  3. Vor-Ort-Porträt Deggendorf: Das Adlink Kompetenzcenter Medical

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