Die Magnetresonanztomografie (MRT) kann die Patientensicherheit gefährden, wenn Implantate oder andere Medizinprodukte mit der elektromagnetischen Umgebung interagieren. Hersteller müssen daher die Sicherheit und Kompatibilität ihrer Produkte unter MR-Bedingungen prüfen.
Manche elektronischen Implantate reagieren empfindlich auf die elektromagnetischen Felder des MRT. Wird dadurch etwa ein Herzschrittmacher in seiner Funktionsfähigkeit beeinträchtigt, kann das für Patienten lebensgefährlich werden. Auch verschiedene Metallarten, die z. B. in künstlichen Hüften oder lebenserhaltenden Geräten verwendet werden, können mit dem Magnetfeld in einer Weise interagieren, die schadhaft ist für Patienten und sogar das medizinische Personal, welches das MRT bedient.
Deshalb müssen medizinische Implantate systematisch auf ihre Verträglichkeit mit diesen Bedingungen getestet und die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen bei der MRT-Diagnose beurteilt werden. Die Verpflichtung der Hersteller, ihre Produkte validieren zu lassen, ist zum einen eine notwendige Voraussetzung für deren Markteintritt. Andererseits können so Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie gut die Produkte in der Umgebung der Magnetresonanztomographie funktionieren, und was verbessert werden könnte, um die Kompatibilität zu gewährleisten.
Für Medizinprodukte gibt es auf allen wichtigen Märkten der Welt Richtlinien. Im Fokus steht u. a. die Kompatibilität von Implantaten in MRT-Umgebungen. Die in den USA für die Zulassung von Medikamenten und Medizinprodukten zuständige FDA (Food and Drug Administration) beispielsweise verpflichtet Unternehmen, ihre Produkte, die neu auf dem US-Markt sind oder wesentlich verändert wurden, vor dem Inverkehrbringen zu prüfen. Die theoretische Grundlage dafür ist die Richtlinie »Testing and Labelling of Medical Devices for Safety in the Magnetic Resonance (MR) Environment« (Docket Number FDA-2019-D-2837). Auch die europäischen Regulierungsbehörden befassen sich mit dem Thema und haben 2017 eine neue Medizinprodukteverordnung, die Medical Device Regulation (EU) 2017/745 (MDR), erlassen. Sie legt die Bedingungen fest, unter denen Medizinprodukte in der EU auf den Markt kommen dürfen.
Unternehmen, die implantierbare Produkte herstellen, müssen nachweisen, dass sie die in der Branche akzeptierten Konsensnormen erfüllen. Neben der ISO/TS 10974, die sich direkt auf aktive medizinische Implantate bezieht, repräsentieren die Normen ASTM F2052, F2213, F2182, F2119 und F2503 den Stand der Technik für die Sicherheitsprüfung passiver medizinischer Implantate im Umfeld von MRT. Eine Kombination all dieser Normen ist aus Sicht der Aufsichtsbehörden für aktive und nicht aktive Implantate anwendbar und muss für die Kennzeichnung und Prüfung von Medizinprodukten angewendet werden. Die derzeitigen Anforderungen der FDA und der MDR unterscheiden sich nicht, da alle genannten Normen als akzeptable Praxis und Stand der Technik gelten.
Eine Norm, die sowohl in den USA als auch in der EU anerkannt ist, ist die ASTM F2503. Sie klassifiziert die Sicherheit medizinischer Implantate in MRT-Umgebungen, auch MR-Sicherheit genannt. Dafür legt die Norm drei Kennzeichnungen fest:
Nicht aktive (passive) implantierbare medizinische Geräte, die nach ASTM F2503 als bedingt MR-sicher eingestuft sind, wurden zumindest auf magnetisch induzierte Verschiebungskraft (ASTM 2052), magnetisch induziertes Verschiebungsdrehmoment (ASTM F2213), Bildartefakte (ASTM F2119) und hochfrequenzinduzierte Erwärmung (ASTM F2182) geprüft. Je nach den besonderen Eigenschaften des implantierbaren Geräts können weitere Tests erforderlich sein.
Um die geltenden Normen für MRT-Prüfungen vollständig zu erfüllen, können die Hersteller Benannte Stellen einbeziehen, die mit den aktuellen Vorschriften vertraut sind. Der TÜV SÜD ist eine der führenden Benannten Stellen in der EU für die Prüfung und Zulassung von Medizinprodukten, einschließlich implantierbarer Medizinprodukte. Als weltweit tätiger Dienstleister mit Hauptsitz in München ist der TÜV SÜD auch durch das Medical Device Single Audit Program (MDSAP) des IMDRF akkreditiert. Es bietet einen Nachweis über die Einhaltung der wichtigsten Anforderungen an Medizinprodukte in den USA, Kanada, Japan, Brasilien und Australien.
Die Gerätehersteller konzentrieren sich auf Forschung, Entwicklung und Produktion. Sie sind in der Regel nicht darauf vorbereitet, in kurzer Zeit auf gesetzliche Anforderungen und Anpassungen des Marktes zu reagieren.
Dies ist die Aufgabe der Benannten Stellen, die mit allen aktuellen regulatorischen Standards vertraut sind. Als eine solche Stelle verfügt der TÜV SÜD über ein hochmodernes Labor in New Brighton (Minnesota, USA), das Sicherheitsprüfungen nach ASTM F2503, ASTM F2213, ASTM F2052, ASTM F2182 und ASTM F2119 durchführt (Bild). Die Einrichtung ist von der American Association for Laboratory Accreditation (A2LA) akkreditiert und unterstützt die Hersteller von Medizinprodukten auf ihrem Weg zur MR-Kennzeichnung. Um dieses Stadium zu erreichen, empfehlen Experten den Herstellern, nicht nur die Altgeräte zu prüfen, sondern bereits in den frühen Phasen der Produktentwicklung Tests durchzuführen. So können Inkompatibilitäten mit den geltenden Vorschriften frühzeitig entdeckt und beseitigt werden, oder das Geld kann in die Entwicklung anderer Projekte fließen. (uh)
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Whitepaper: Gewährleistung der Sicherheit implantierbarer
medizinischer Geräte in einer Magnetresonanz(MR)-Umgebung
In einem aktuellen Whitepaper liefert der TÜV SÜD zusätzliche Informationen über den regulatorischen Hintergrund. Es beschreibt die Herausforderungen und Hindernisse im Zusammenhang mit MRTs sowie die Vorbereitungen, die Hersteller medizinischer Implantate treffen müssen, um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten und die einschlägigen EU- und US-Vorschriften einzuhalten. Außerdem enthält das Papier Hinweise, wie die robuste und valide Bewertung der MRT-Sicherheit aus Sicht des Herstellers durchgeführt werden kann. ______________________________________________________________________