EMV am Beispiel eines Referenzdesigns

EMV im Umfeld von Single-Pair mit Power-over-Ethernet (SPoE)

9. Juli 2025, 13:44 Uhr | Adrian Stirn, Würth Elektronik
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Mit nur einem verdrillten Adernpaar ist Single-Pair-Ethernet eine überzeugend schlanke Lösung - vor allem, wenn es auch zur Stromversorgung dient (SPoE). Doch wie sieht es dabei mit der elektromagnetischen Verträglichkeit aus? Würth Elektronik hat das anhand eines SPoE-Referenzdesigns untersucht.

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Bei der fortschreitenden Vernetzung – sei es in der Industrieautomation, der Automobilindustrie oder in Internet-of-Things-Anwendungen – ist neben Datenleitungen immer eine Stromversorgung von Nöten. Um beispielsweise räumlich weiter entfernte Sensoren zu betreiben, ist eine 10-Mbit/s-SPE-Schnittstelle mit integrierter Energieübertragung ideal. SPoE (Single-pair mit Power-over-Ethernet, auch bekannt als Single-Pair-Ethernet mit Power-over-Data-Lines – SPE PoDL) ist eine kompakte und effiziente Lösung. Sie ermöglicht sowohl die Daten- und Energieübertragung über ein einziges verdrilltes Adernpaar. Dieser Artikel untersucht das EMV-Verhalten des SPoE-Referenzdesigns RD041 (Bild 1) von Würth Elektronik und hebt die niedrigen Emissionen sowie die hohe Störfestigkeit gegenüber kontinuierlichen und transienten Störungen hervor.

Bild 1: PSE (Board im Bild unten) und PD (Board im Bild oben) des RD041 bei der Inbetriebnahme
Bild 1: PSE (Board im Bild unten) und PD (Board im Bild oben) des RD041 bei der Inbetriebnahme
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Prüfaufbau am SPoE-Referenzdesign

Für die EMV-Prüfungen wird das Referenzdesign, bestehend aus zwei Boards (Powered Device – PD und Power Sourcing Equipment – PSE), mit einer definierten Übertragungsstrecke betrieben. Dieses Setup dient als Prüfling, um das Verhalten unter realistischen Bedingungen zu analysieren.

Bild 2 zeigt die Übertragungsstrecke, ergänzt durch die notwendige Hilfsausrüstung, die in Grau dargestellt ist. Als Übertragungsmedium zwischen dem Powered Device (PD) und dem Power Sourcing Equipment (PSE) kann entweder eine geschirmte SPE-Leitung oder eine ungeschirmte Twisted-Pair-Leitung verwendet werden.

Bild 2: Prüfaufbau zur Evaluierung der Leistungsfähigkeit des SPoE-Referenzdesigns
Bild 2: Prüfaufbau zur Evaluierung der Leistungsfähigkeit des SPoE-Referenzdesigns
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Notebook 1 wird über eine geschirmte 10-Mbit/s-Ethernet-Schnittstelle mit dem PD verbunden und erhält seine IP-Adresse über den DHCP-Server des WLAN-Routers. Die Verbindung zwischen PD und PSE erfolgt über die SPoE-Schnittstelle, wobei das PSE-Board das PD mit Strom versorgt.

Das PSE-Board des Referenzdesigns verfügt über einen 24-V-Eingang, der das gesamte SPoE-System mit Energie versorgt. Dieser Eingang ist im Referenzdesign für den Anschluss an ein lokales Gleichstromnetz ausgelegt. Die 10-Mbit/s-Ethernet-Schnittstelle des PSE-Boards wird über eine geschirmte Ethernet-Leitung an den Router und weiter an das auswertende Notebook 2 angeschlossen. Beide Notebooks beziehen ihre IP-Adressen über den DHCP-Server.

Das Referenzdesign ist damit einsatzbereit und fungiert als Adapter, der eine Internetverbindung in Plug-and-Play-Manier über die SPoE-Strecke verlängert.

Bild 3: Monitoring der SPoE-Schnittstelle. PSE und PD sind per Ethernet-Schnittstelle in das Netzwerk eingebunden
Bild 3: Monitoring der SPoE-Schnittstelle. PSE und PD sind per Ethernet-Schnittstelle in das Netzwerk eingebunden
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Dies sind die Leistungskriterien

Notebook 1 fungiert als Server und sendet bekannte Prüfdaten an Notebook 2, das die Übertragung mit einer Windows-Anwendung überwacht. Diese Anwendung analysiert sowohl die Fehlerrate als auch die Übertragungsgeschwindigkeit. Wie in Bild 3 dargestellt, liegt die durchschnittliche Übertragungsrate bei knapp unter 9 Mbit/s. Im ausgewählten Testfall zeigen die Pakete, verglichen mit den Prüfungen an der Gigabit-Ethernet-Schnittstelle, eine deutlich kürzere Übertragungszeit. Während der Tests kann die Messung und Einwirkung innerhalb einer Sekunde erfolgen, was eine effiziente Durchführung ermöglicht.

Während der Störfestigkeitsprüfungen wird die Leistungsfähigkeit des Referenzdesigns anhand der Kriterien aus Tabelle 1 überprüft.

Das Bild zeigt Tabelle 1: Performance-Kriterien des SPoE-Reference-Designs
Tabelle 1: Performance-Kriterien des SPoE-Reference-Designs
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Bei der Überprüfung der Performance-Kriterien hatte auch die Hilfsausrüstung einen wesentlichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Übertragungsstrecke. So stieg beispielsweise die Fehlerrate der Übertragung, wenn anstelle einer geschirmten Ethernet-Leitung eine WLAN-Schnittstelle zwischen Router und Notebook 2 verwendet wurde.

Komponenten für die Schirmanbindung

Zur Schirmanbindung der Ethernet-Buchse an die GND-Plane der Platine eignen sich die in Bild 4 dargestellten Komponenten:

•         2 × 10 nF X7R 1206 MLCC 100 V (Art.-Nr. 885012208112)

•         SMT-Varistor (Art.-Nr. 82551600)

Die Schirmanbindung wird sowohl für die SPoE-Schnittstelle als auch für die 10-Mbit/s-Ethernet-Schnittstelle eingesetzt. In Bild 4 ist der Varistor nicht dargestellt; er kann jedoch auf einer Seite parallel zum Kondensator platziert werden. Die auf den Boards vorhandene USB-Schnittstelle wird in den Analysen dieses Artikels nicht verwendet.

Analyse der Emission

Die Emissionen des Referenzdesigns in den zuvor beschriebenen Konfigurationen werden nun analysiert. Bei den Emissionsmessungen gemäß CISPR 32 wird die USB-Schnittstelle nicht verwendet; die Kommunikation erfolgt ausschließlich über die Ethernet- und SPoE-Schnittstellen.

Gestrahlte Störaussendung

Für die Prüfung der gestrahlten Störaussendung werden PD und PSE gemeinsam betrieben und geprüft. Die Leitungslänge an der SPoE-Schnittstelle beträgt während der Emissionsprüfung 1 m und verläuft horizontal im Feld zwischen den beiden Boards.

Das PSE wird mit 24 V und Durchführungsfiltern von einem Labornetzteil gespeist, das außerhalb der Vollabsorberhalle positioniert ist. PSE und PD befinden sich in der Halle, wobei das PSE über eine 10-Mbit/s-Ethernet-Verbindung mit einer geschirmten Leitung zu einem Ethernet-Glasfaser-Umsetzer verbunden ist. Dieser stellt die Verbindung zum Router und zu Notebook 2 außerhalb der Messhalle her. Das PD ist über eine geschirmte Ethernet-Leitung mit Notebook 1 verbunden, das sich in einer Schirmbox befindet.

Dieser Aufbau stellt sicher, dass bei den Emissionsmessungen keine Störungen vom Router oder den Notebooks erfasst werden. Da derselbe Aufbau auch bei der gestrahlten Störfestigkeitsprüfung verwendet wird, sind die Notebooks und der Router gleichzeitig vor Beeinflussungen durch das elektrische Feld dieser Prüfung geschützt.

Bild 4: Schirmanbindung der Ethernet-Buchse. Auf jeder Seite sitzt ein MLCC, der Varistor ist nicht eingezeichnet
Bild 4: Schirmanbindung der Ethernet-Buchse. Auf jeder Seite sitzt ein MLCC, der Varistor ist nicht eingezeichnet
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Das Störspektrum des Referenzdesigns, dargestellt in Bild 5, liegt bei beiden verwendeten Kabeltypen mindestens 9 dB unter dem Grenzwert, und die Ergebnisse sind vergleichbar.

Funkstörspannung

Das PSE und das PD können in der späteren Installation räumlich getrennt sein und werden daher einzeln geprüft. Der DC-Eingang des PSE wird als möglicher DC-Netzeingang betrachtet, während die Ethernet-Leitung der 10-Mbit/s-Ethernet-Schnittstelle sowie die SPoE-Schnittstelle als lange Netzwerkleitungen betrachtet werden.

Bild 5a und 5b: Vergleich der gestrahlten Störaussendung des SPoE-Referenzdesigns bei Verwendung von geschirmter SPE-Leitung oder ungeschirmter Twisted-Pair-Leitung
Bild 5a und 5b (hier zu sehen): Vergleich der gestrahlten Störaussendung des SPoE-Referenzdesigns bei Verwendung von geschirmter SPE-Leitung oder ungeschirmter Twisted-Pair-Leitung
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Bild 5a und 5b: Vergleich der gestrahlten Störaussendung des SPoE-Referenzdesigns bei Verwendung von geschirmter SPE-Leitung oder ungeschirmter Twisted-Pair-Leitung
Bild 5a (hier zu sehen) und 5b: Vergleich der gestrahlten Störaussendung des SPoE-Referenzdesigns bei Verwendung von geschirmter SPE-Leitung oder ungeschirmter Twisted-Pair-Leitung
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Die Emissionen des DC-Eingangs am PSE werden gemäß CISPR 16 mit einer 50-µH-AMN (Artificial Mains Network) gemessen, während die Emissionen der Netzwerkports mit 150-Ω-CDNs (Coupling Decoupling Networks), die als AAN (Asymmetric Artificial Network) fungieren, erfasst werden. Die Prüfaufbauten zur Messung der Funkstörspannung am PSE und PD sind in den Bildern 6 und 7 dargestellt.

Für die Prüfung der SPoE-Schnittstelle mit ungeschirmter Twisted-Pair-Leitung wird eine CDN T2 verwendet.

Bild 7: Messaufbau zur Prüfung der Funkstörspannung am PD
Bild 7: Messaufbau zur Prüfung der Funkstörspannung am PD
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Bild 6: Messaufbau zur Prüfung der Funkstörspannung am PSE
Bild 6: Messaufbau zur Prüfung der Funkstörspannung am PSE
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Zur Messung der Störungen auf der geschirmten SPoE-Schnittstelle kommt ein speziell angefertigtes CDN für geschirmte SPE-Leitungen zum Einsatz. Die Störungen auf der geschirmten Ethernet-Leitung werden mit einem CDN für geschirmte Cat5e-Leitungen gemessen. Netzabschluss und CDNs müssen im Prüfaufbau stets mit 50 Ω abgeschlossen werden, entweder durch den Messempfänger oder mittels eines 50-Ω-Widerstandes.

Bild 8: Messung der leitungsgeführten Störaussendung am PSE-Board des SPoE-Referenzdesigns
Bild 8: Messung der leitungsgeführten Störaussendung am PSE-Board des SPoE-Referenzdesigns
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Der Messaufbau für die leitungsgeführte Störaussendung am PSE-Board des SPoE-Referenzdesigns ist in Bild 8 dargestellt. Die Messergebnisse der leitungsgeführten Störaussendung auf der SPoE-Schnittstelle des PSE sind in Bild 9 zu sehen – oben die Ergebnisse des Quasipeakdetektors und unten die des Mittelwertdetektors.

Bild 9a und 9b: Messergebnisse der leitungsgeführten Störaussendung auf der SPoE-Schnittstelle des PSE. Oben sind die Ergebnisse des Quasipeakdetektors und unten die Ergebnisse des Mittelwertdetektors dargestellt
Bild 9a (hier zu sehen) und 9b: Messergebnisse der leitungsgeführten Störaussendung auf der SPoE-Schnittstelle des PSE. Oben sind die Ergebnisse des Quasipeakdetektors und unten die Ergebnisse des Mittelwertdetektors dargestellt
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Bild 9a und 9b: Messergebnisse der leitungsgeführten Störaussendung auf der SPoE-Schnittstelle des PSE. Oben sind die Ergebnisse des Quasipeakdetektors und unten die Ergebnisse des Mittelwertdetektors dargestellt
Bild 9a und 9b (hier zu sehen): Messergebnisse der leitungsgeführten Störaussendung auf der SPoE-Schnittstelle des PSE. Oben sind die Ergebnisse des Quasipeakdetektors und unten die Ergebnisse des Mittelwertdetektors dargestellt
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Das SPoE-Referenzdesign zeichnet sich durch eine sehr geringe gestrahlte und leitungsgeführte Störaussendung aus. Trotz der offenen Platinen ohne Schirmgehäuse liegen die Emissionen deutlich unter den EMV-Grenzwerten für den Wohnbereich. Selbst bei Verwendung einer ungeschirmten Twisted-Pair-Leitung bleiben die Ergebnisse der SPoE-Schnittstelle in allen Messungen deutlich unter den EMV-Grenzwerten. Aus Sicht der Emissionsprüfung ist daher keine Schirmung der SPoE-Schnittstelle erforderlich.

Die detaillierte Betrachtung der Störfestigkeit des Referenzdesigns gegenüber kontinuierlichen und transienten Störgrößen sowie das ESD-Verhalten würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. In der Application Note ANP141 „Die SPoE-Schnittstelle unter EMV-Gesichtspunkten“ gibt es jedoch eine ausführliche Beschreibung der Prüfaufbauten und Messwerte.

Adrian Stirn, Technical Lead EMC-Laboratory, Würth Elektronik eiSos
Adrian Stirn, Technical Lead EMC-Laboratory, Würth Elektronik eiSos
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Der Autor:

Adrian Stirn hat an der Hochschule Heilbronn Elektrotechnik studiert und danach bei Würth Elektronik das firmeneigene EMV-Labor am Standort Waldenburg aufgebaut. Er unterstützt seit 2016 Kunden entwicklungsbegleitend bei der Entstörung von EMV-Problemen. Weitere Schwerpunkte sind die Produktkonformität im europäischen Wirtschaftsraum und der Schutz von ESD sensitiven Komponenten.


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