Praxisnahe Echtzeit-EMV-Prüfung

»EMV muss man verstehen, nicht nur nachweisen«

23. Oktober 2025, 10:26 Uhr | Nicole Wörner
Ulrike Schwille, Schwille Elektronik: »Unser Ziel ist, dass der Entwickler versteht, warum sein Produkt stört – nicht nur, dass es stört.«
© Schwille Elektronik

Im EMV-Labor von Schwille Elektronik unterstützen Fachleute Entwickler dabei, elektromagnetische Störungen früh zu erkennen und gezielt zu beheben. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, wie Messgenauigkeit und Praxistauglichkeit für zuverlässige Geräte zusammenwirken.

Diesen Artikel anhören

Die Störungen durch elektromagnetische Einflüsse nehmen zu. Das liegt nicht nur an der wachsenden Zahl vernetzter Geräte, sondern auch an immer höheren Schaltfrequenzen, empfindlicheren Komponenten und komplexeren Systemen. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Normenkonformität und Dokumentation. EMV-Messungen sind daher längst kein reines Pflichtprogramm mehr, sondern ein integraler Bestandteil moderner Produktentwicklung. »Moderne Geräte werden immer kleiner, leistungsfähiger und dichter bestückt – damit entstehen mehr hochfrequente Störquellen auf engstem Raum«, erklärt Ulrike Schwille, Geschäftsführerin von Schwille Elektronik. »Fehler entstehen heute oft an Schnittstellen zwischen Elektronik, Software, Mechanik und Funktechnik. Deshalb müssen wir EMV im Systemdesign von Anfang an mitdenken.«

In diesem Spannungsfeld zwischen Praxis und Regulatorik bietet das EMV-Labor von Schwille Elektronik ein Umfeld, das auf präzise, schnelle und entwicklungsnahe Tests ausgelegt ist. Die EMV-Spezialisten messen die Aussendung elektromagnetischer Störungen (Emission) und die Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren Einflüssen (Störfestigkeit).

Entwicklungsbegleitende Messungen als Schlüssel

Die entwicklungsbegleitenden Messungen helfen dabei, das Verhalten eines Geräts unter realistischen Bedingungen besser zu verstehen. »Wir erleben häufig, dass EMV zu spät im Entwicklungsprozess berücksichtigt wird«, betont Schwille. »Wer erst beim fertigen Gerät misst, hat kaum noch Gestaltungsspielraum – und dann wird es schnell teuer.« Daher setzt Schwille Elektronik auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Kunden. Der Entwickler ist aktiv eingebunden, kann während der Messung mit im Labor sitzen und sich mit dem EMV-Fachmann zu den relevanten Fragen austauschen. Direkt im Versuchsaufbau lassen sich Ursachen analysieren, Komponenten zu- und abschalten, Leitungsführungen oder Softwarezustände verändern oder Filter einbauen – bis die Störschwelle akzeptabel sinkt. Die Ergebnisse entstehen live, dokumentiert wird durch den Kunden selbst. »Unser Ziel ist, dass der Entwickler versteht, warum sein Produkt stört – nicht nur, dass es stört«, so Schwille.

Peter Fuchs von Schwille Elektronik
Peter Fuchs, Schwille Elektronik: »Viele Geräte fallen heute durch, weil Entstörung und Schirmung unterschätzt oder OEM-Kombinationen nicht ganzheitlich betrachtet werden.«
© Schwille Elektronik

Abnahmemessungen – klare Ergebnisse für die CE-Kennzeichnung

Geht es um den formalen Nachweis der EMV-Konformität, kommen Abnahmemessungen zum Einsatz. Sie folgen den geltenden EMV-Richtlinien und -Normen. »Gerade kleinere Hersteller unterschätzen oft, wie stark sich Normen in den letzten Jahren verändert haben«, führt die Expertin aus. »Bei jeder Normänderung kann es nötig sein, ein Gerät neu zu prüfen – das ist vielen gar nicht bewusst.« Der Messaufbau bleibt dabei standardisiert, das Ergebnis ist ein dokumentierter Prüfbericht, der als Grundlage dient für die eigene Konformitätserklärung und es dem Hersteller ermöglicht, das CE-Zeichen am Produkt anzubringen. Das Labor deckt hierbei ein breites Normenspektrum ab, darunter CE (EU), CISPR, IEC/EN sowie DIN EN ISO 17025. »Besonders relevant sind aktuell die Revisionen der EN 55014-1/-2 für Haushaltsgeräte, Werkzeuge und Spielzeuge«, ergänzt Peter Fuchs, Leiter des EMV-Labors bei Schwille Elektronik. »Die Grenzwerte wurden verschärft, und die Prüfmethoden sind umfangreicher geworden – etwa für PWM-Motoren oder Schaltnetzteile. Viele Geräte fallen heute durch, weil Entstörung und Schirmung unterschätzt oder OEM-Kombinationen nicht ganzheitlich betrachtet werden.«

Ausstattung für anspruchsvolle EMV-Anforderungen

Basis für eine tiefgehende EMV-Prüfung ist eine ausgereifte technische Infrastruktur des EMV-Labors. Das Labor von Schwille Elektronik erlaubt sowohl leitungs- als auch feldgebundene Tests – von Burst- und Surge-Impulsen über ESD bis hin zu Spannungsschwankungen und Netzunterbrechungen. Das Labor ist ausgestattet mit einer Schirmkabine und einer Absorberhalle und deckt damit einen Messabstand von 10 m ab, eine maximale messbare Frequenz von 2 GHz, ein erzeugbares elektrisches Feld von bis zu 30 V/m sowie ein magnetisches Feld von maximal 10 A/m bei Störfestigkeitstests.

Ausblick: EMV als Querschnittsaufgabe

Auch künftig wird EMV an Bedeutung gewinnen – technisch wie regulatorisch. »Die Nachweispflichten für Hersteller werden weiter steigen«, prognostiziert Fuchs. »Parallel werden internationale Normen stärker harmonisiert – das klingt nach Vereinfachung, bedeutet aber in der Praxis meist mehr Prüfaufwand und Dokumentation.«

Wer EMV-Prüfungen frühzeitig in den Entwicklungsprozess einbindet, spart nicht nur Zeit, sondern auch Geld, davon ist Ulrike Schwille überzeugt. »Wer EMV versteht, hat sein Produkt im Griff. Wer sie nur nachweist, läuft ihr hinterher«, fasst die Expertin zusammen.


Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Componeers GmbH

Weitere Artikel zu EMV-Dienstleistungen

Weitere Artikel zu EMV-Messtechnik

Weitere Artikel zu EMV-Komponenten