Konnektivität im IoMT

Die Remote-Medizin wächst mit smarten Wearables

23. April 2024, 15:00 Uhr | Von Thomas Søderholm, Nordic Semiconductor
Die finnische Firma Movesense bietet einen leichten, tragbaren Elektrokardiogramm (EKG)-Sensor für die Fernüberwachung von Patienten und für Anwendungen in der Telemedizin an.
© Movesense

Das Gesundheitswesen ist einer der Hauptkandidaten für eine Revolution durch das Internet der Dinge. Vernetzte medizinische Geräte und Systeme verringern nicht nur den Druck auf die Budgets, sondern machen medizinischer Prozesse effizinter - mit besseren Ergebnissen für Ärzte und Patienten.

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Auf dem Höhepunkt der COVID-19-Pandemie trug Remote-Medizin mittels Ferndiagnose dazu bei, die Zahl der Patienten, die in Krankenhäuser eingeliefert werden mussten, zu begrenzen - was die damals extrem geforderten Einrichtungen entlastete und es ihnen gleichzeitig ermöglichte, die Patientenversorgung aufrechtzuerhalten.

Das Ökosystem aus medizinischen Geräten wie Diagnosegeräten, Krankenhausausrüstung und sensorbasierten Wearbales sowie den Diensten und Netzwerken, die sie mit intelligenten Informationssystemen verbinden, bezeichnet man als »Internet der medizinischen Dinge« (IoMT) oder »IoT im Gesundheitswesen«.

IoT für das Gesundheitswesen

Medizinische Geräte und Überwachungssysteme mit drahtloser Konnektivität wie Bluetooth LE, Wi-Fi und mobiles IoT unterstützen die M2M- (Maschine-zu-Maschine) Kommunikation des IoMT. Diese Geräte sind mit Cloud-Plattformen verbunden, auf denen die erfassten medizinischen Daten sowie Standort- und Statusinformationen gespeichert und analysiert werden können, um die Entscheidungsfindung zu verbessern.

IoMT wurde entwickelt, um die Patientenversorgung zu verbessern, aber auch um klinische Prozesse zu optimieren und Kosten zu senken. Gängige Beispiele für IoMT-Anwendungen sind die Überwachung teurer medizinischer Geräte, die Verfolgung des Aufenthaltsortes von Krankenhauspatienten und Klinik-Assets, die Erfassung von Daten aus tragbaren Gesundheitsgeräten der Patienten, die Verbindung von medizinischem Fachpersonal mit Krankenwagen auf dem Weg zu medizinischen Einrichtungen und die Fernüberwachung von Patienten (Remote Patient Monitoring - RPM) für Menschen mit chronischen Krankheiten und Langzeiterkrankungen. Ein genauerer Blick lohnt sich.

IoMT zeigt starkes Wachstum

Prognosen sagen dem IoMT eine glänzende Zukunft voraus. Laut einer aktuellen Studie von Data Bridge Market Research wird der IoMT-Markt von geschätzten 61,56 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022 auf 270,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2030 anwachsen. Dies entspricht einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 23,4 Prozent über den Prognosezeitraum von sieben Jahren. Ein anderer Bericht der Marktforscher von The Brainy Insights geht davon aus, dass der IoMT-Markt bis 2032 auf 516,4 Milliarden US-Dollar anwachsen wird, mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 23,7 Prozent während des Prognosezeitraums von neun Jahren.

Laut dem Brainy Insights-Bericht entfiel der größte IoMT-Marktanteil von 41 Prozent im Jahr 2022 auf das Segment der intelligenten medizinischen Wearables. Der Bericht schätzt, dass das Segment Tracking und Alarmgabe - unterteilt in Datensammlung und -analyse, End-to-End-Konnektivität, Echtzeit-Überwachung und medizinische Fernunterstützung - im Jahr 2032 den Markt mit 34 Prozent dominieren wird.

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Das neuseeländische Unternehmen OPUM Technologies hat einen orthopädischen Patienten-Telemonitor entwickelt. Kernelement der schlüsselfertigen Lösung ist das drahtlose Digital Knee Goniometer, ein Sensorgerät, das mit einem nRF52840 SoC von Nordic Semiconductor betrieben wird und den Bewegungsumfang des Gelenks misst.
© Opum / Nordic

Remote Patient Monitoring treibt das IoMT

Der Boom der virtuellen Gesundheitsfürsorge ist einer der Schlüsselfaktoren für das IoMT-Wachstum. Remote Patient Monitoring (RPM) ermöglicht den Gesundheitsbehörden erhebliche Kosteneinsparungen. Im Jahr 2015 schätzten Analysten von Goldman Sachs, dass US-Gesundheitsorganisationen durch RPM und andere technologische Vorteile 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr einsparen könnten. Im Jahr 2019 ergab eine Studie der Spyglass Consulting Group unter US-Gesundheitsdienstleistern, dass 88 Prozent in RPM-Technologien für chronisch kranke Patienten investiert haben oder Investitionen in diese Technologien erwägen.

RPM ist eine Form der virtuellen Gesundheitsfürsorge, bei der IoMT-Geräte wie intelligente Blutzuckermessgeräte, EKG-Monitore, Pulsoximeter, Blutdruckmessgeräte usw. für die Fernüberwachung von Patienten zu Hause und nicht in einem Krankenhaus oder einer Arztpraxis eingesetzt werden. Diese Technologie erhöht die Menge, Qualität und Genauigkeit der Gesundheitsdaten und -erkenntnisse für Ärzte und Pflegepersonal. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Gesundheitszustands chronisch kranker Patienten und bietet Ärzten einen besseren (und schnelleren) Zugang zu wichtigen Informationen.

Beispielsweise könnte ein IoMT-fähiges Blutdruckmessgerät Blutdruck- und Herzfrequenzmessungen über mehrere Tage hinweg liefern, die eine genauere Diagnose ermöglichen als die Daten eines einzigen Arztbesuchs - insbesondere, wenn der Patient während dieses Besuchs gestresst ist. Dies führt zu besseren Entscheidungen für die Patienten. Eine schnellere Verarbeitung von Gesundheitsdaten spart auch den Leistungserbringern Zeit und Geld, so dass sie ihre Ressourcen auf die Bereiche konzentrieren können, die am meisten Aufmerksamkeit erfordern.

Halbleiter-Chips sind das Backbone des IoMT

Führende Entwickler bewegen sich in diese Richtung. So bietet etwa die finnische Firma Movesense einen leichten, tragbaren EKG-Sensor für die Fernüberwachung von Patienten und für telemedizinische Anwendungen an. Neben EKG-Daten misst Movesense auch Herzfrequenz, Herzfrequenzvariabilität (HRV) und Bewegung. Der SoC (System-on-Chip) nRF52832 von Nordic übernimmt die Berechnungen und überträgt die Informationen drahtlos an das Smartphone des Trägers.

IoMT-Lösungen können auch eingesetzt werden, um den Standort und den Zustand teurer medizinischer Geräte (z. B. Beatmungsgeräte oder bildgebende Systeme wie MRT- und PET-Scanner) zu verfolgen und zu überwachen und Warnmeldungen zu senden, wenn Geräte verloren gehen oder Wartungs- oder andere Probleme auftreten.

Laut einem kürzlich erschienenen Bericht von Mordor Intelligence, Internet of Medical Things Market Size & Share Analysis - Growth Trends & Forecasts (2023-2028), haben die Vorteile medizinischer IoT-Geräte wie erhöhte Patientensicherheit, weniger medizinische Fehler und nahtlose Übertragung elektronischer Gesundheitsdaten »das Potenzial, die Gesundheitsversorgung zu verändern und die Ergebnisse für die Patienten zu verbessern. Gleichzeitig tragen sie dazu bei, Kosten zu senken und besser informierte Versorgungsentscheidungen schneller und einfacher zu treffen.«

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OxiWear ist ein drahtloses, unauffälliges, am Ohr getragenes Pulsoximeter zur kontinuierlichen Sauerstoffüberwachung in medizinischer Qualität und zur Warnung bei Sauerstoffmangel. Es nutzt den Nordic nRF52840 SoC zur Verarbeitung und drahtlosen Übertragung der Sensordaten.
© Oxiwear

Die Bedeutung von medizinischen Wearables

Wearables bieten nicht mehr nur die Möglichkeit, Schritte und Kalorien zu zählen, sondern auch wertvolle physiologische Informationen, die zur Prävention von Krankheiten oder medizinischen Notfällen beitragen können. Im März 2020 hat die US-amerikanische Food & Drug Administration (FDA) eine neue Richtlinie erlassen, die es den Herstellern bestimmter, von der FDA zugelassener, nichtinvasiver Geräte zur Messung von Vitalparametern erlaubt, deren Verwendung zu erweitern, so dass Gesundheitsdienstleister sie zur Fernüberwachung von Patienten einsetzen können.

Während die Pandemie die Entwicklung von multifunktionalen tragbaren Geräten beschleunigt hat, spielen sie heute auch eine wichtige Rolle bei der Prävention und Behandlung zahlreicher anderer Krankheiten - von physiologischen Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und Schlafapnoe bis hin zu neurokognitiven Störungen wie Parkinson und Alzheimer. Sie ermöglichen es den Leistungserbringern im Gesundheitswesen, individuellere Gesundheitsentscheidungen zu treffen, Diagnosen früher zu stellen, Patienten aus der Ferne zu überwachen und die Einhaltung von Behandlungsvorschriften sicherzustellen.

Die SoCs und SiPs der neuesten Generation fortschrittlicher Wearables erfüllen die Anforderungen selbst anspruchsvollster medizinischer Wearables. Dazu gehört auch die Unterstützung von Algorithmen des maschinellen Lernens (ML), die erforderlich sind, um riesige Datenmengen nach den wenigen Anzeichen zu durchsuchen, die auf Probleme hinweisen.

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Die Smartwatch YH-WR6 und das Armband YH-WR7 von Yarward nutzen den Nordic nRF52832 SoC, um Gesundheitsdaten über Bluetooth LE an ein mit der Cloud verbundenes Gateway zu übertragen.
© Yarward

Das IoMT ist ein wichtiger Markt für den Halbleiteranbieter Nordic Semiconductor und seine Kunden, welche eine Vielzahl innovativer Produkte für die vernetzte Gesundheitsversorgung entwickelt haben. Allein im letzten Jahr wurden unter anderem ein aufblasbarer Hüft-Airbag für eine verbesserte Sturzerkennung, ein tragbares Gerät, das Menschen mit Parkinson beim Gehen unterstützt, eine orthopädische Fernüberwachungslösung für die Genesung von Gelenkverletzungen und chronischen Erkrankungen sowie ein drahtloses, nicht invasives, am Ohr getragenes Pulsoximeter für die kontinuierliche Sauerstoffüberwachung in medizinischer Qualität vorgestellt.

Auch das Medizintechnikunternehmen Yarward Electronics hat zwei von Nordic betriebene Wearables für Patienten in Krankenhäusern und Altenpflegeeinrichtungen entwickelt. Die Lösungen nutzen den nRF52832 SoC von Nordic, um Gesundheitsdaten drahtlos über Bluetooth LE an ein Cloud-Gateway zu senden.

Wang Wei, Produktmanager bei Yarward, sagt: » Unsere tragbaren Gesundheitsgeräte wurden speziell für die Bedürfnisse von Krankenhauspatienten und Bewohnern von Altenpflegeeinrichtungen sowie deren Pflegepersonal entwickelt. Sie sind ein nützliches Kommunikationswerkzeug für medizinisches und Pflegepersonal, um die Rehabilitation von Patienten und das Wohlbefinden älterer Menschen zu fördern.«

Herausforderungen der MedTech-Entwicklung für das IoMT

Obwohl IoMT großes Potenzial bietet, müssen auch einige Herausforderungen bewältigt werden. Die Implementierung der IoMT-Infrastruktur kann mit hohen Vorlaufkosten und Schwierigkeiten bei der Einhaltung medizinischer Vorschriften für die Geräte verbunden sein. Auch Sicherheitsrisiken für geschützte Gesundheitsinformationen und Fragen des Eigentums an medizinischen Daten müssen bei der Entwicklung von IoMT berücksichtigt werden.

Experten sind sich einig, dass Interoperabilität - wenn standardbasierte Kommunikationsprotokolle nahtlos zusammenarbeiten - der Schlüssel zum Fortschritt ist. Die Kompatibilität von Geräten und Netzen ist entscheidend für die erfolgreiche Integration von IoMT-Lösungen in bestehende Gesundheitssysteme, damit lebenswichtige Daten sicher und in großem Umfang ausgetauscht werden können. Interoperabilität auf der Grundlage internationaler Spezifikationen ermöglicht eine schnelle und zuverlässige Ende-zu-Ende-Kommunikation zwischen allen IoMT-Geräten in einem drahtlosen Netzwerk.

Wenn die Prognosen zutreffen, wird IoMT eine entscheidende Rolle dabei spielen, Gesundheitsdienstleistern zu helfen, bessere Patientenergebnisse zu erzielen, die Gesundheitskosten zu senken und die Effizienz von Gesundheitseinrichtungen zu steigern. Für die Patienten bedeutet IoMT schlicht und einfach mehr Lebensqualität und eine Chance auf bessere Früherkennung und Heilung. (uh)


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