Wenn ich als Anwender einen SiC-MOSFET als Eins-zu-eins-Ersatz für einen Siliziumschalter in meine bestehende Anwendung einlöte, dann bekomme ich nicht den Performancesprung, den ich mir erwarte. An welchen Schrauben muss ich als Anwender noch drehen, um das herauszuholen, was mir das Material zu bieten hat?
Dr. Friedrichs: Da sind zunächst wir als Lieferanten der Bauteile gefordert, vor allem beim Gehäuse. Ein einfacher Vergleich macht das deutlich: Packt man einen so schnellen Schalter wie einen SiC-MOSFET in ein falsches Gehäuse, dann ist das in etwa so, als wenn ein Ferrari-Motor in einen VW Käfer eingebaut wird. Das funktioniert nur mäßig und die Leistung kann nicht voll ausgespielt werden. Schritt Eins muss also sein, dass Chiphersteller das Gehäuse wählen, mit dem Kunden das Optimum aus dem Schalter herausholen können. Infineon setzt das heute bei diskreten Bauteilen um, indem wir die Packages an den Chip anpassen. Zum Beispiel durch Gehäuse mit vier Anschlüssen oder spezielle Isolationen, die Koppelkapazitäten bei schnellem Schalten vermeiden. Im Modulbereich setzen wir bewusst auf niederinduktive Bauformen.
Geht es in die spezifische Kundenapplikation, muss das Platinendesign für die schnellen Transienten ausgelegt sein, die für SiC typisch sind. Entwickler sollten das in jedem Fall berücksichtigen. Aber da unterstützen wir ihn mit Application Notes, unserem Application Engineering sowie Demoboards.
Ein weiteres, applikationsseitiges Thema ist die Herausforderung bei der Kühlung. Das mag sich zunächst anhören wie ein Widerspruch, denn mit den SiC-Bausteinen sollen ja die Verluste gesenkt werden. Aber die Chips sind so klein und in so kleinen Gehäusen untergebracht, dass die Leistungsdichte ordentlich ansteigt. Die Anbindung an Kühlkörper und Wärmespreizer ist also sehr wichtig.
Bei den SiC-typischen schnellen Schaltvorgängen gilt es auch stets, die EMV im Griff zu haben. Hierfür haben wir EMV-Modelle entwickelt, die unsere Kunden beim Design unterstützen. Durch eine Simulation können sie so manche Iterationsschleife in ihrer Entwicklung schneller durchlaufen, da sie nicht erst eine Hardware aufbauen und testen müssen.
Wird es mittelfristig nicht nötig sein, bei den Gehäusen ganz andere Konzepte umzusetzen?
Auf alle Fälle. Ein Konzept im Modulbereich könnte die Pressfit-Technik sein, die ja heute schon bei Modulen niedrigerer Leistung zum Einsatz kommt. Das sollte sich auch für Ströme bis einige hundert Ampere adaptieren lassen. Das führt uns dann weg von den Schraubanschlüssen, denn eine Schraube ist immer eine Quelle von Induktivität. Mit Pressfit, also vielen kleineren Anschlüssen, lässt sich recht einfach das Konzept der Stromschiene umsetzen. Das setzt auf Anwendungsseite aber auch voraus, dass entsprechende Leiterplatten mit Hochstromfähigkeit zur Verfügung stehen. Die Anbindung von Kühlkörpern direkt am Modul ist ebenfalls ein Thema. Ich hatte ja bereits angesprochen, dass mit SiC-Bauteilen die Leistungsdichte ansteigt.
Im Bereich der diskreten Schalter sind es ähnliche Themen. Wie optimiere ich ein Gehäuse im Hinblick auf Wärmespreizung? Wie gehe ich mit den leidigen Anforderungen an die elektrische Isolation um? Denn auf der Bauteilrückseite hin zum Kühlkörper liegt mit dem Drain-Anschluss immer ein hohes elektrisches Potenzial. Wir entwickeln momentan Lösungen, die dieses Problem beim Kunden obsolet werden lassen. Ebenfalls in den Bereich der Diskreten fällt das Thema SMD-Bauformen mit wesentlich verbesserten Kühlmöglichkeiten.