Interview mit Dr. Peter Friedrichs

»Keine halben Sachen«

24. Oktober 2016, 10:21 Uhr | Ralf Higgelke
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»Der SiC-MOSFET hat sich durchgesetzt«

Was wird nun aber aus dem Siliziumkarbid-JFET? Werden Sie in dessen Weiterentwicklung investieren oder auf dem heutigen Entwicklungsstand bleiben und ihn schlussendlich »sterben« lassen?

Dr. Friedrichs: Das hängt natürlich sehr stark vom Einsatz in der jeweiligen Anwendung ab. Lautet die Anforderung, ein selbstsperrendes Bauelement einzusetzen, dann ist es keinesfalls sinnvoll, einen JFET einzusetzen. Hier ist der MOSFET einfacher anzusteuern, und er bietet auch die bessere Performance. Der größte Anteil der Applikationen, den wir heute mit dem JFET bedienen, fällt in diese Kategorie. Wir werden nun Schritt für Schritt in einen Dialog mit unseren bestehenden JFET-Kunden treten, um sie von der Leistungsfähigkeit der SiC-MOSFETs zu überzeugen und sie beim Transfer zu unterstützen.

Es gibt aber auch weiterhin einige Nischenanwendungen, bei denen die selbstleitenden Eigenschaften des JFET von Vorteil sind. Aber diese Nischen sind derzeit so überschaubar, dass es wohl nicht gerechtfertigt ist, den SiC-JFET in vollem Umfang weiterzuentwickeln. Nur wenn jetzt noch eine sehr interessante Applikation auftauchen sollte, die explizit JFET-Eigenschaften erfordern würde, nur dann würden wir den JFET langfristig weiterführen. An eine Abkündigung denken wir nicht.

SiC-MOSFETs gibt es ja schon seit Jahren am Markt von verschiedenen Herstellern. Mit welchen Argumenten wollen Sie als Nachzügler bei diesen Bauteilen potenzielle Kunden davon überzeugen, doch bei Infineon zu kaufen?

Ich sehe da vor allem zwei wesentliche Argumente: Einerseits ist das die Robustheit der Trench-Technologie, andererseits die Features. Bei der Robustheit machen wir keine Abstriche gegenüber der bewährten Siliziumtechnologie. Eine wichtige Richtlinie während der Entwicklung war, dass die Bauteile mindestens genauso robust sind wie Silizium-IGBTs. Da darf es keine Fragezeichen geben. Das können wir uns nicht leisten.

Andererseits sind jetzt bei der Performance einige Features untergebracht, die es für den Nutzer attraktiv machen, unsere SiC-MOSFETs einzusetzen. Beispielsweise gibt es keine exotischen Betriebsspannungsfenster am Gate, dieses entspricht genau dem von Silizium-IGBTs; der SiC-MOSFET schaltet also mit +15 V ein und schalten bei –5 V aus. Auch die Einsatzspannung von +4 V ist hoch genug, damit die Bauteile auch bei hohen Temperaturen nicht selbstleitend werden. Darüber hinaus wird eine anwendungsspezifische Kurzschlussrobustheit im Bauteil integriert.

Insgesamt schnüren wir ein Rundum-sorglos-Paket, mit dem unsere Kunden die Vorteile des Schalters schnell in ihre Entwicklung integrieren können. Dazu gehört dann auch ein für die schnellen Schaltvorgänge optimierter Treiber.

Kurz gefragt: Hat sich der SiC-MOSFET gegenüber anderen SiC-Schaltern wie dem JFET endgültig durchgesetzt?

Kurz gesagt: Ja, auf jeden Fall. Für uns stand niemals zur Debatte, ob der JFET langfristig gegen den MOSFET gewinnen könnte. Ein SiC-MOSFET mit entsprechender Zuverlässigkeit und Stabilität ist ohne Wenn und Aber das einfachere, das leistungsfähigere und das attraktivere Bauelement. Der JFET hat es erlaubt, die Vorteile der SiC-Technologie bei hoher Zuverlässigkeit früh zu nutzen. Er ist aber eine Übergangs- oder Brückentechnologie.


  1. »Keine halben Sachen«
  2. »Der SiC-MOSFET hat sich durchgesetzt«
  3. »Wir benötigen neue Gehäuse«
  4. Keine einheitliche Lösung bei parasitärer Body-Diode
  5. Ist Superjunction bei SiC möglich?

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