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Technische Trends bei elektromechanischen Bedienelementen

14. März 2025, 10:20 Uhr | Andreas Knoll
Elektromechanische Bedienelemente sind in vielen Anwendungen nach wie vor unentbehrlich.
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Gegenüber Touchscreen- oder gar Augmented-Reality-Bediensystemen wirken elektromechanische Bedienelemente zunächst etwas ältlich. Notwendig bleiben sie aber. Und es zeigen sich bedeutende technische Weiterentwicklungen.

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Stimmen aus der Industrie

Niko Maucher
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Frank Fleischer
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Jörn Bausch
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Technische Trends bei elektromechanischen Bedienelementen

»Wie die Messe electronica im November gezeigt hat, gibt es derzeit einige spannende Entwicklungen bei elektromechanischen Bedienelementen und deren Zubehör«, betont Jörn Bausch, Produktmanager bei Gudeco Elektronik. Anette Riedl-Materna, Product Manager Komponenten Schalter/Taster bei der Schurter AG, leitet dies von der aktuellen Marktsituation ab: »Der Markt für Geräteschalter und Taster befindet sich im Umbruch«, sagt sie. »Technische Fortschritte und der zunehmende Einsatz von Gleichstromanwendungen wie E-Bikes, Roboter und akkubetriebene professionelle mobile Geräte verschiedenster Art stellen neue Anforderungen an Schalterlösungen. Diese Entwicklungen treiben mehrere zentrale Trends voran, die sowohl die Funktionalität als auch die Umweltverträglichkeit moderner Schalter prägen.«

Connectivity

Als wichtigen Trend betrachtet Jörn Bausch »die verstärkte Integration von IoT und Industrie 4.0, wie wir es auch in den letzten Jahren beobachten konnten«. Immer mehr Schalter, Taster, Joysticks und andere Bedienelemente würden »mit intelligenten Funktionen ausgestattet, um die nahtlose Kommunikation mit digitalen Systemen zu ermöglichen. Dadurch lassen sich Maschinen effizienter steuern und überwachen, was in komplexen Industrieanwendungen unerlässlich ist.«

Torsten Singer, Produktmanager beim Unternehmen Georg Schlegel, stimmt ihm zu: »Smarte Tasten, die in digitale Systeme integriert werden, ermöglichen die Übertragung von Status- und Diagnosedaten in Echtzeit«, führt er aus. »Sie unterstützen einen zuverlässigeren Betrieb und eine effizientere Wartung – Stichwort IO-Link oder IIoT-Systeme.« Als bidirektionale Sensor/Aktor-Punkt-zu-Punkt-Verbindung ist IO-Link wohlbekannt – und auch bei Schaltern und Tastern wächst die Bedeutung des Datenkommunikationsstandards. »IO-Link hält weiterhin Einzug: Die Akzeptanz der Technologie nimmt auch bei Befehls- und Meldegeräten weiter zu«, sagt Niko Maucher, Produktmanager HMI Standard bei Rafi. »Dezentrale, fertig montierte Bedieneinheiten mit mehreren Einbaustellen liegen im Trend; Rafi bringt hierzu eine neue Produktfamilie mit bis zu sechs Einbaustellen auf den Markt, die unter anderem auch IO-Link-fähig ist. Generell sind standardisierte Anschlüsse gefragt, allen voran der M12-Anschluss, weil sie einfach zu verkabeln sind und die Kabel mittlerweile bezahlbare Massenware sind.«

Was den technischen Fortschritt in der Vernetzung anbelangt, wird auch Single Pair Ethernet immer mehr zum Thema bei Schaltern und Tastern: »Mit der wachsenden Verbreitung von SPE wird eine noch bessere und einfachere Integration elektromechanischer Bedienelemente in industrielle Netzwerke möglich«, stellt Florian Jantz, Produktmanager bei Gudeco Elektronik, fest. SPE bietet nicht nur eine schnelle und zuverlässige Datenübertragung, sondern auch den Vorteil, Daten und Energie über ein einziges Kabel zu transportieren.«

Miniaturisierung

Elektromechanische Bedienelemente zeichnen sich also durch immer mehr Connectivity aus – und ein weiterer wichtiger Trend ist die Miniaturisierung. »Sie wird immer bedeutender«, teilt Florian Jantz mit. »Platzsparende und modulare Designs ermöglichen eine flexible Anpassung an verschiedene Einsatzszenarien, vor allem in Umgebungen mit beengten Platzverhältnissen. Auch die Robustheit spielt weiterhin eine zentrale Rolle. Wir erwarten, dass viele Hersteller ihre Produkte mit noch höheren Schutzklassen und widerstandsfähigeren Materialien präsentieren werden, um den rauen Bedingungen in der Industrie zu trotzen.«

Weil die Geräte, die mit elektromechanischen Bedienelementen ausgestattet sind, immer kompakter werden, gerät deren Miniaturisierung zunehmend zur schieren Notwendigkeit: »Die Verkleinerung von Geräten verlangt nach Schaltern, die trotz kompakter Bauweise eine hohe Leistungsfähigkeit sicherstellen«, hebt Anette Riedl-Materna hervor. »Von tragbaren Medizingeräten bis hin zu Robotersystemen erfordern moderne Anwendungen Komponenten, die auf engem Raum zuverlässig arbeiten, ohne Kompromisse bei der Effizienz einzugehen. Schalter müssen in der Lage sein, sich nahtlos in platzsparende Designs zu integrieren und zugleich die wachsenden Ansprüche an Funktionalität und Robustheit zu erfüllen.«

Auch Julia Beusch, Marketingleiterin von N&H Technology, betrachtet die Miniaturisierung von Bedieneinheiten als zentralen Trend in industriellen Anwendungen: »Immer mehr Kunden verlangen flachere und leichtere Endgeräte, was die Entwicklung von Tastern und Tastaturen mit geringer Einbautiefe erfordert«, führt sie aus. »Durch die Integration aller benötigten Komponenten in einer optimierten Lösung lassen sich diese Bauteile exakt aufeinander abstimmen, um sowohl die Kompaktheit als auch die Funktionalität zu gewährleisten.« Eng verbunden sei die Miniaturisierung mit der steigenden Nachfrage nach integrierten Baugruppenlösungen, die erhebliche Vorteile böten: »Solche Lösungen ermöglichen eine optimierte Logistik und vereinfachen die Montageprozesse, weil alle Komponenten – wie Gehäuse, Eingabetastaturen (sprich Folientastaturen, Silikonschaltmatten oder kapazitive Tastaturen) und konfektionierte Kabel – als eine vorgefertigte Einheit geliefert werden. Dies trägt zur Verschlankung der Lieferkette bei, verringert Produktionskosten, verkürzt Montagezeiten und verbessert zugleich die Qualitätssicherung.« Die direkte Integration in kundenspezifische Gehäuse oder Frontplatten ermögliche eine präzise Anpassung an die Anforderungen des jeweiligen Endgeräts.

Materialien

Ein oft wenig beachteter, aber nicht zu unterschätzender Aspekt ist der des Materials: »Die Hersteller scheinen sich zunehmend auf nachhaltige Materialien zu konzentrieren, besonders im Kunststoffbereich«, sagt Jörn Bausch. »Diese Veränderung zeigt den wachsenden Druck, umweltfreundlichere Lösungen für industrielle Anwendungen zu bieten, ohne Kompromisse bei Haltbarkeit oder Funktionalität einzugehen.«

Vor allem bei Mikrotastern kommt es nicht nur auf das Material an sich, sondern auch auf geeignete Verarbeitungsschritte an: »Im Bereich der Mikrotaster (Tactile Switches) sind Prozesse wie Verguss, Lackierung oder Nano-Beschichtung für eine medienrobuste Elektronik im Trend«, erklärt Niko Maucher. »Aus diesem Grund steigen die Anforderungen in Bezug auf die Dichtigkeit, weshalb Rafi seine Mikrotaster diesbezüglich optimiert hat.«

Ebenfalls wichtig ist das Thema Material bei Folientastaturen und Silikonschaltmatten: »Weil sie weiterhin bevorzugte Lösungen in industriellen und medizinischen Anwendungen sind, legen wir großen Wert auf die Optimierung technischer Eigenschaften und Materialien«, führt Julia Beusch aus. »Neue Materialien und Schutzbeschichtungen verbessern die Beständigkeit gegen Wasser, Staub, Chemikalien, UV-Strahlung und extreme Temperaturen. Die Integration von RFID-Chips sorgt für eine erweiterte Connectivity. Energieeffiziente LEDs bieten eine klare visuelle Rückmeldung, die eine einfache Erkennung von Betriebszuständen und Warnungen ermöglicht, auch in schlecht beleuchteten Umgebungen.« Besonders bei der Anpassung an kundenspezifische Anforderungen böten Folientastaturen und Silikonschaltmatten eine hohe Flexibilität in Bezug auf Design, Form und Funktion.

Hybride Bedienlösungen

Darüber hinaus habe das Unternehmen hybride Bedienlösungen im Programm, die elektromechanische Bedienelemente mit Touch-Displays kombinierten: »Solche Systeme ermöglichen eine intuitive Menüführung über den Touchscreen und zugleich eine präzise Bedienung über mechanische Tasten, was besonders in industriellen Anwendungen gefragt ist«, erläutert Julia Beusch. »Diese Kombination bietet eine flexible und zuverlässige Steuerung, die den Anforderungen industrieller Umgebungen gerecht wird.«

Auch Florian Jantz sieht in diesem Zusammenhang einige neue Entwicklungen: »Interessant ist derzeit, wie Hersteller elektromechanische Bedienelemente mit modernen Touchscreen-Panels kombinieren«, führt er aus. »Diese Hybridlösungen bieten sowohl haptische Rückmeldung als auch die Vorteile intuitiver, digitaler Benutzeroberflächen. Solche Lösungen finden sich häufig in der Industrieautomatisierung und der Medizintechnik, wo präzise und schnelle Eingaben entscheidend sind.«

Torsten Singer sieht hier ebenfalls eine wichtige Entwicklung: »Neue Trends zum grundlegenden Funktionsprinzip von elektromechanischen Bedienelementen wie Drucktasten oder Wahlschaltern wird es kaum geben«, betont er. »Neues wird wohl vielmehr in der Anpassung an neue Einsatzbereiche und Anforderungen zu sehen sein, etwa Kombinationen von Displays mit Tasten, um sowohl visuelles als auch taktiles Feedback zu bieten. An Bedeutung gewinnen zudem Hybridlösungen, die Displays zur Informationsanzeige mit physischen Tasten für die Bedienung kombinieren. Sie nutzen die Flexibilität von Displays zur Anzeige von Informationen und bieten zugleich klassische Bedienelemente für sicherheitsrelevante oder häufig genutzte Funktionen, bei denen Schnelligkeit und Zuverlässigkeit gefragt sind.«

Ergonomie

In puncto Ergonomie und Benutzerfreundlichkeit geht der Trend laut Torsten Singer »hin zu intuitiven Bedienelementen, die eine komfortable Nutzung ermöglichen«. Haptische Rückmeldungen und visuelles Feedback, etwa durch beleuchtete Tasten oder farbliche Markierungen, verbesserten die Bedienbarkeit in Umgebungen mit schlechter Sicht oder in kritischen Situationen. Auch das Design werde eine wichtige Rolle spielen: »Minimalistische und ästhetisch ansprechende Bedienelemente, oft aus langlebigen Materialien wie Edelstahl, fügen sich nahtlos in moderne Industrieanlagen ein; ‚Synergie von Form und Funktion‘ ist längst auch im Maschinenbau angekommen.« Besonders in sensiblen Bereichen seien zudem »berührungslose und hygienische Lösungen weiterhin ein Thema, unabhängig vom Ende der Corona-Pandemie«.

Auch aus Sicht von Anette Riedl-Materna rücken Haptik und Nutzererfahrung zunehmend in den Fokus: »Schalter mit angenehmer Haptik und klaren Rückmeldungen verbessern die Interaktion zwischen Menschen und Maschine und schaffen Vertrauen in die Bedienbarkeit des Geräts«, stellt sie klar. »Die sensorische Rückmeldung – ob durch einen spürbaren Klick oder einen sanften Druck – spielt eine zentrale Rolle für das Bedienerlebnis.«
DC-Technologie

Darüber hinaus hinterlässt die DC-Technologie als allgemeiner Trend ihre Spuren auch bei elektromechanischen Bedienelementen: »Gleichstrom-basierte Geräte stellen besonders hohe Ansprüche an die Schaltertechnologie«, sagt Anette Riedl-Materna. »Sie erfordern zuverlässige und langlebige Schalter, die auch bei hohen Strömen und Spannungen effizient arbeiten. Besonders Gleichstromanwendungen sind anfällig für Lichtbogenbildung, weshalb moderne Schalter zusätzliche Schutzmechanismen benötigen, um lange Lebensdauer und hohe Sicherheit zu gewährleisten.« In Reaktion auf diese Entwicklungen habe Schurter den EDC-Schalter (Electronic Direct Current Switch) entwickelt, einen elektronischen Gleichstromtaster, der auf aktueller Halbleitertechnik beruht. »Der EDC bietet eine hohe Schaltleistung bei Gleichstromanwendungen und zeichnet sich durch kompakte Bauweise, Effizienz und extreme Langlebigkeit aus. Er kann 10 A bei 48 V DC schalten und eignet sich für Anwendungen, bei denen Platz und Gewicht begrenzt sind, ohne dabei auf Zuverlässigkeit zu verzichten.«

Ein interessanter Aspekt ist zudem, dass für Safety-Funktionen nicht mehr unbedingt Schalter und Taster notwendig sind: »Sicherheitsrelevante Funktionen von Maschinen wurden bisher von elektromechanischen Bedienelementen ausgeführt, die einen besonderen Fokus auf die sichere Eingabe hatten, etwa durch Redundanz«, erläutert Frank Fleischer, Teamleiter Technologie- und Innovationsmanagement HMI Solutions bei Rafi. »Das Sicherheitskonzept ‚Safety Touch‘ von Rafi ermöglicht dies jetzt auch über Touch und eröffnet damit Mensch-Maschine-Schnittstellen neuartige Chancen für sicherheitskritische Funktionen auf Touchscreens. Es erfüllt Anforderungen an sichere Touch-Eingabe und Display-Anzeige und ermöglicht einen größeren Gestaltungsfreiraum auf den Displays sowie mehr Flexibilität in Ergonomie und Design; Bedienflächen werden nur eingeblendet, wenn sie auch benötigt werden oder zur Auswahl stehen.« Geeignet sei das Sicherheitskonzept für Anwendungen bis Performance Level d (PLd, AgPLd) nach DIN ISO 13849 oder 25119. 


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