Die Tücken der globalen Lieferkette

»Ein Demand-gegen-Capacity-Problem«

29. Mai 2018, 13:56 Uhr | Karin Zühlke
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Forecast bleibt wichtig

Das Bewusstein der Kunden zu schärfen, welchen Einfluss die Bauformen auf die Verfügbarkeit haben, ist nicht nur bei den Halbleitern maßgeblich. »Europa konsumiert zwischen 10 und 15 Prozent des weltweiten Bedarfs an MLCCs, das sind noch zum Großteil die großen Bauformen. D. h. wir haben hier ein anderes Marktbedürfnis als im Rest der Welt, aber die 80 Prozent, die in Asien vom Band laufen, bestimmen, wo die Entwicklung hingeht, und das sind ganz klar kleinere Bauformen«, so Reinicke. »Dass Hersteller in Kapazitätserweiterungen investieren, hilft uns hier also erst einmal nicht weiter.« Das Problem ist hausgemacht. Würden die Kunden umdenken, redesignen und auf kleinere Bauformen umsteigen, könnten sie auch von den Kapazitätserweiterungen profitieren.

Markt & Technik
Frank Stephan, Avnet Silica »Je besser wir die Forecasts implementiert haben, umso größer sind die Chancen, die benötigte Ware zur richtigen Zeit verfügbar zu haben.«
© Markt & Technik

Ist also in Anbetracht der vielen Faktoren, die vom Kunden gar nicht beeinflussbar sind, ein klassischer Forecast überhaupt noch sinnvoll? Darauf haben die Forumsteilnehmer mehrheitlich eine klare Antwort: Ja, dieses Instrument bleibt weiterhin wichtig: »Je besser wir die Forecasts implementiert haben, umso größer sind die Chancen, die benötigte Ware zur richtigen Zeit zu haben«, unterstreicht Frank Stephan. »Wenn wir nun die Kunden unserer Auftragsfertiger-Klientel auch davon überzeugen können, dass Forecast der Schlüssel zum Erfolg ist, dann haben wir einen Meilenstein erreicht.«

Dabei müsse man den Kunden vermehrt dazu bringen, dass sie bestimmte Verpflichtungen zum Rahmenauftrag geben und nicht alles auf „sofort“ zu bestellen, ergänzt Joachim Kaiser und schlägt vor, den Backlog zum Hersteller so anzusetzen, dass dieser länger ist als die Wiederbeschaffungszeit. »Einfache Wiederbeschaffungszeiten gehören natürlich dazu, die würden aber keinerlei Impact bedeuten«. Dass Kunden die Ware oft unkoordiniert „auf sofort“ bestellen, bringt die ohnehin schon angespannte Liefersituation weiter zum Kochen. Je mehr Puffer platziert werden, umso schlimmer werde die Situation, weiß Jan Pape. Die Logistik- Systeme und darin hinterlegten Automatismen tun ihr Übriges.

Das damit einhergehende Problem der Doppelbuchungen ist nach Auskunft von Jan Pape in Europa allerdings derzeit kaum sichtbar; in Asien dagegen gibt es Anzeichen dafür, die sich anhand von Analysen des Marktwachstums und der georderten Bedarfe konkretisieren lassen. »Es gibt also global schon noch sehr viel Optimierungspotenzial in der Supply-Chain. Unsere Kunden haben zwar ein gewisses Wissen über ihren Forecast, aber das lässt sich noch verbessern.«

So genau ein Forecast auch sein mag, die in der Runde diskutierten Unwägbarkeiten lassen sich nicht einfach beiseite schieben. »Das kann man nur managen und nicht voraussagen. Und solange wir nicht zu dem Punkt kommen, dass die Komponenten auf Lager produziert werden können, werden wir die Situation eben managen müssen«, fasst Georg Steinberger zusammen.


  1. »Ein Demand-gegen-Capacity-Problem«
  2. Back-to-Back vs. freier Lagerbestand
  3. Forecast bleibt wichtig

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Avnet Silica

Weitere Artikel zu TTI, Inc.

Weitere Artikel zu Farnell GmbH

Weitere Artikel zu CODICO GmbH

Weitere Artikel zu GLYN GmbH & Co. KG

Weitere Artikel zu Distribution