Inzwischen stellen die Distributoren für ihre Hersteller mehr und mehr technische Ressourcen zur Verfügung – sei es persönlich oder als Hardware-Plattform. Ein Gespräch mit Enrico De Salve, Director Technical Ressources von Avnet Silica.
Markt&Technik: Welches Ziel verfolgen Distributoren wie Avnet Silica durch die Bereitstellung umfangreicher technischer Ressourcen?
Enrico De Salve: Distributoren müssen immer sehr eng mit den Komponentenherstellern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass wir unseren Kunden die beste Technologie zur Verfügung stellen, um die beste Time-to-Market zu erreichen. Dies ist besonders wichtig, da die Produktzyklen immer kürzer werden. Unser Hauptziel ist es, die Komplexität für den Kunden zu reduzieren und den Zugang zu den besten verfügbaren Technologien und Anwendungslösungen zu vereinfachen.
Sind Distributoren besser und schneller in der Lage, Marktchancen zu erkennen als Komponentenhersteller?
Distributoren sind nahe dran am Massenmarkt, der per definitionem sehr fragmentiert ist, und neue Startups treten mit neuen Anwendungen in den Markt ein, sodass unsere Expertise, die besten Technologien von Lieferanten zusammenzubringen, es den Kunden in der Tat ermöglicht, schneller auf die Marktnachfrage zu reagieren.
Wie hat sich Ihr Vertrieb verändert, um die teils neuen Anforderungen umzusetzen?
Wir konzentrieren uns mehr und mehr auf die digitale Unterstützung von Design-Communities und haben inzwischen ein Team, das sich neuen Geschäftsmöglichkeiten mit Startups und neuen Kundengruppen widmet. Gleichzeitig investieren wir viel in die Entwicklung von FAE-Spezialwissen für bestimmte Technologien und Anwendungen. Dies ist ein kontinuierlicher Prozess, mit dem wir unsere Expertise stetig erweitern und die Kundenbedürfnisse bei unseren Schlüssellieferanten antizipieren. Ganz wichtig ist meines Erachtens die Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten, da sie für den Erfolg des Kunden von grundlegender Bedeutung ist, und wenn ein Kunde erfolgreich ist, sind wir ebenso erfolgreich.
Wie können Sie die Kunden also konkret unterstützen?
Wie bereits erwähnt haben wir eine Rolle als Berater, der den Kunden verschiedene Lösungen anbietet und mit ihnen zusammen am gesamten Ökosystem arbeitet, von der Hardware-Plattform über Vorschläge von Software-
Anbietern bis hin zu potenziellen Integratoren, damit sie sehr schnell in die Produktion gehen können. Wir verbringen viel Zeit mit unseren Kunden, um neue Anwendungen und Lösungen zu evaluieren, damit wir eine kompetente Unterstützung auf höchstem Niveau gewährleisten können.
Wie wird sich Ihre Kundenunterstützung in Zukunft ändern?
Sicherlich sehen wir einen Trend bei neuen Kunden, die neue IoT-Anwendungen erforschen, die so schnell wie möglich in Produktion gehen wollen, aber nicht über die Hardware- oder Software-Fähigkeiten verfügen, weil diese nicht zu ihren Kernkompetenzen gehören. Die Rolle, die wir dabei spielen können, besteht darin, das gesamte Ökosystem, beginnend beim Proof of Concept mit Referenzdesigns, zu erleichtern, um herauszufinden, wer ihnen helfen kann, die beste Hard- und Software für ihre Lösungen zu entwickeln.
Aber auch etablierte Kunden setzen immer mehr auf die Beratung unserer Hard- und Software-Spezialisten – und das spielt eine immer größere Rolle.
Im Zuge der Digitalisierung bieten Distributoren immer mehr Support online an. Provokativ gefragt: Ersetzt das Internet in Zukunft den FAE?
Nein, aber der FAE wird sich anders aufstellen müssen. Wir erwarten, dass es zwei Arten der technischen Unterstützung geben wird: Zum einen wird es weiterhin den Bedarf geben, bei größeren Projekten mit dem Kunden onsite zu diskutieren. Zum anderen wird es aber auch dahin gehen, dass der Kunde über die Community Fragen stellt und in einem bestimmten Zeitraum die Antwort bekommt. Das läuft dann per Telefon und E-Mail und ab und nicht mehr Face-to-Face. Ich bin überzeugt davon, dass die „Generation Y“ das genau so haben will.
Avnet Silica treibt den Ökosystem-Gedanken – damit meine ich die Abkehr von der reinen Produktdenke – intensiv vorwärts. Welche Chancen eröffnen sich dadurch für die Distribution bzw. speziell für Avnet Silica?
Der Paradigmenwechsel bietet sehr interessante neue Möglichkeiten für uns. Die Diskussion findet in diesem Rahmen nicht mehr auf Halbleiter-Ebene statt, sondern wir sprechen mit den Kunden darüber, welche zusätzlichen Geschäftsfelder er mit IoT-Lösungen eröffnen kann. Themen wie Monitoring, Services und Gateway-Lösungen rücken in den Fokus. Lassen Sie mich das am Beispiel Microsoft erläutern: Ein typisches Beispiel ist der Maschinenbauer, der Daten über Factory-Automation erfasst und nun seinen Kunden eine Cloud-Lösung für datenbasierte Services anbieten möchte, um das Datenmonitoring effizienter zu gestalten.