Mehr Sicherheit und Komfort

Radar im Software-Defined Vehicle

19. März 2024, 13:30 Uhr | Autor: Matthias Feulner, Redaktion: Irina Hübner
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Radartrends für SDVs

Marktforscher prognostizieren, dass bis 2030 circa 50 Prozent der Fahrzeuge die Autonomielevel 2+ oder 3 unterstützen werden. Vollständig autonome Fahrzeuge werden dagegen voraussichtlich weiterhin nur einen relativ kleinen Teil des Marktes ausmachen. Technologien, die zunächst im Premiumsegment zu finden sind, halten dann aber mit sinkenden Kosten im Laufe der Zeit auch im Mittelklassesegment Einzug. Infolgedessen werden Single-Chip-Radarsensoren, die sowohl sicherheitsrelevante Funktionen als auch erweiterte Komfortmerkmale unterstützen, sich immer weiter verbreiten.

Ab 2025 werden neue Mittelklassefahrzeuge voraussichtlich mit bis zu fünf Radarsensoren ausgestattet sein – vier Eckradarsensoren und einem Frontsensor. Die Erkennungsreichweite des vorderen Radarsensors wird auf bis zu 300 Meter und die der Radarsensoren in den Ecken auf bis zu 200 Meter erhöht. Dies ermöglicht die Identifizierung von Objekten in größerer Entfernung und erhöht damit die Sicherheit des Fahrzeugs.

Im Marktsegment der Premiumfahrzeuge gestattet das Hinzufügen weiterer Radarsensoren – bis zu zehn insgesamt – einen Multimode-Betrieb, bei dem ein Sensor verschiedene Betriebsmodi hat und zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Funktionen ausführt. Darüber hinaus erkennen Fahrzeuge durch die Integration hochauflösender Sensoren für den Imaging-Radarsensor noch kleinere Objekte als bisher.

Gleichzeitig können sie kleinere Objekte zuverlässig von größeren trennen. So ist es möglich, ein Fahrrad zu erkennen, das neben einem großen Lieferwagen steht, oder einen Fußgänger, der neben einem Fahrzeug steht. Das erhöht die Sicherheit für den Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer. Noch wichtiger ist, dass das hochauflösende Radar wesentliche Funktionen für ein höheres Niveau des autonomen Fahrens ermöglicht, zum Beispiel radargestützte Objektklassifizierung und Free-Space-Mapping.

Angesichts der zu erwartenden Verbreitung von Sensoren in Fahrzeugen der Mittel- und Oberklasse suchen Fahrzeughersteller nach einer skalierbaren Sensorlösung, die es ihnen ermöglicht, sich auf dem Markt zu differenzieren und Funktionen aufeinander aufzubauen – vom Eckradar über das Fernbereichs-Frontradar bis hin zum hochauflösenden 4D-Imaging-Radar. Um eine optimale Wiederverwendung von Komponenten und kürzere Markteinführungszeiten zu ermöglichen, sollte diese Technologie auf einer gemeinsamen Architektur und gemeinsamen Millimeterwellen-IPs für die verschiedenen Anwendungsfälle basieren.

Vorteile dank gemeinsamer Architektur und fortschrittlicher Knoten

Innerhalb einer solchen gemeinsamen Plattform sollten für die einzelnen Anwendungsfälle die am besten geeigneten und fortschrittlichsten Prozessknoten verwendet werden: 16-Nanometer-FinFET (Fin Field Effect Transistor) für die Prozessoren und 28-Nanometer-RFCMOS (Radio-Frequency Complementary Metal-Oxide-Semiconductor) für Radar-Single-Chips.

Die Umstellung auf einen 28-Nanometer-RFCMOS-Radar-Single-Chip erlaubt eine Integration des Millimeterwellen-Frontends mit vier Sende- und vier Empfangsantennen (4T4R) zusammen mit einem Multi-Core-Prozessor-Subsystem. So entsteht ein wesentlich kompakterer Sensor als bisher. Es wurden Formfaktoren im Bereich von nur fünf mal fünf Zentimetern vorgestellt, die problemlos in eine breitere Palette von Fahrzeugen integriert werden können. Da künftige Fahrzeuge mit einem Mobilfunknetz verbunden sein werden, erfüllen die aktuellen Radarchipsätze neueste Sicherheitsanforderungen durch integrierte Hardware-Security-Engine und MACsec-Engine.

Der 28-nm-RFCMOS-Radar-SoC SAF86xx integriert einen Radar-Transceiver, einen Multicore-Radarprozessor und eine MACsec-Hardware- Engine für die sichere Datenkommunikation über Automotive Ethernet
Bild 2. Der 28-nm-RFCMOS-Radar-SoC SAF86xx integriert einen Radar-Transceiver, einen Multicore-Radarprozessor und eine MACsec-Hardware- Engine für die sichere Datenkommunikation über Automotive Ethernet.
© NXP Semiconductors

Das Zusammenspiel all dieser Technologien lässt sich gut anhand der brandneuen NXP-SAF86xx-Automotive-Radar-One-Chip-Familie veranschaulichen. Diese vereint einen leistungsstarken Radar-Transceiver, einen Multicore-Radarprozessor und eine MACsec-Hardware-Engine für die hochmoderne sichere Datenkommunikation über Automotive Ethernet (Bild 2).

In Kombination mit den S32-High-Performance-Prozessoren sowie den komplementären ICs für das Fahrzeugnetzwerk und für das Energiemanagement bereitet NXPs Systemlösung den Weg für ein fortschrittliches, softwaredefiniertes Radar.

Blockdiagramm des Radar-SoCs SAF86xx
Bild 3. Blockdiagramm des Radar-SoCs SAF86xx.
© NXP Semiconductors

Der SAF86xx basiert auf der gleichen Architektur wie der im vergangenen Jahr eingeführte SAF85xx und unterstützt Fahrzeughersteller bei der Optimierung der nächsten Generation von Fahrerassistenzsystemen für softwaredefinierte Fahrzeuge. Gleichzeitig wird ein reibungsloser Übergang zu neuen Architekturen ermöglicht (Bild 3).

Darüber hinaus sehen die NCAP-Richtlinien für die Zeit nach 2025 eine deutliche Verschärfung der Anforderungen für die Erkennung gefährdeter Verkehrsteilnehmer vor. Das gilt insbesondere für zweirädrige Fahrzeuge, die in einem Abstand von 140 bis 200 Metern erkannt werden müssen. Die erweiterten Funktionen und verbesserte Auflösung der NXP-SAF86xx-Familie werden den Herstellern helfen, diese Anforderungen zu erfüllen. Zudem können sie damit die Konfigurationsgrundlagen im Laufe der Zeit stetig weiterentwickeln.

Die genannten Trends sorgen für ein schnelles Wachstum der Fahrzeug-Radarbranche. So wurden laut Marktreports beispielsweise im Jahr 2020 bereits 120 Millionen Radarsensoren ausgeliefert. Bis 2025 soll diese Zahl auf 200 Millionen ansteigen. Mit immer fortschrittlicheren Funktionen könnten bis 2030 sogar 400 Millionen Sensoren jährlich ausgeliefert werden. Die hohe Nachfrage resultiert zunächst aus dem steten Bedürfnis nach mehr Sicherheit. Aber die Weiterentwicklung der Radartechnologie bietet auch mehr Komfort für die Fahrer von SDVs und mehr Flexibilität für Fahrzeughersteller.

 

Der Autor

 

Matthias Feulner von NXP Semiconductors
Matthias Feulner von NXP Semiconductors.
© NXP Semiconductors

Matthias Feulner

ist Head of ADAS Marketing bei NXP Semiconductors. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Halbleiterindustrie und ist verantwortlich für die Bereiche Automotive-Radar und V2X-Kommunikation


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