Elektronikmodule steuern zahlreiche Bereiche moderner Fahrzeuge wie etwa den Motor, das Getriebe und die Bremsen, aber auch Unterhaltungs- und Kommunikationssysteme. Dabei müssen sie verschiedene internationale Regelwerke und Normen erfüllen, was erhebliche Herausforderungen mit sich bringen kann.
All dies verlangt nach besonderen Designüberlegungen und Lösungen, um die zusätzlichen Anforderungen an das traditionelle 12-V-Bordnetz zu erfüllen. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass es viele Konnektivitäts-Optionen gibt und die Möglichkeit besteht, auch unter rauen Umgebungsbedingungen mehrere Kameras und Sensoren zu verwenden, was nicht nur der Sicherheit und dem Komfort der Fahrzeuginsassen zugutekommt, sondern auch die allgemeine Haltbarkeit und Langlebigkeit des Systems verbessert.
Stromversorgungen in Kraftfahrzeugen werden mit den verschiedensten dynamischen Einflüssen konfrontiert. Die Spanne reicht hier von energiereichen Spannungsspitzen aus der Lichtmaschine bis zu schwachen, vom Zündsystem erzeugten Störgrößen. Zu den anspruchsvollsten Betriebszuständen gehört der Kaltstart, wenn die Batterie den Strom für den Anlasser liefern muss und die Bordnetzspannung infolge der hohen Ströme, die während dieser Zeit fließen, stark einbricht – teils bis auf unter 3 V.
Die Start-Stopp-Automatiken moderner Fahrzeuge machen den Umgang mit Kaltstart-Bedingungen allein wegen der Häufigkeit dieses Ereignisses noch anspruchsvoller, und bei niedrigen Temperaturen verschärft sich das Problem zusätzlich, da die Batteriespannung dann geringer ist. Eine weitere Herausforderung, die sich bei der Entwicklung von Elektronikmodulen für Kraftfahrzeuge stellt, ist die Forderung nach größtmöglicher Effizienz mit dem Ziel, den Strombedarf zu minimieren und die Lebensdauer der Fahrzeugbatterie zu verlängern.
All dies verlangt nach intelligenten Lösungen für spezielle Power-Management-Schaltungen sowie nach Schutzvorkehrungen, die bei der Eindämmung der genannten widrigen Einflüsse helfen und gleichzeitig für ein Höchstmaß an Funktionalität, Leistungsfähigkeit und Robustheit sorgen.
Eine effektive Lösung für verteilte Intelligenz im Batteriemanagement-Bereich benötigt High-Side-Treiber (engl. High-Side Driver, HSD) zum elektronischen Ein- und Ausschalten der verschiedenen Verbraucher.
Die von STMicroelectronics entwickelte VIPower M0-9-Technologie ermöglicht das Design von HSD-Schaltungen, die fortschrittliche Features und Funktionen für das Power-Management in Automobilsystemen mitbringen.
Dass die High-Side-Konfiguration bevorzugt wird, hat hauptsächlich zwei Gründe. Erstens bietet sie Schutz vor ungewolltem Dauerbetrieb, der im Fall eines Kurzschlusses zur Masse zum Ausfall des jeweiligen Verbrauchers führen könnte. Zweitens verhindert diese Konfiguration die elektrochemische Korrosion, zu der es bei traditionellen 12-V-Bleibatterien kommen kann, wenn diese ungünstigen Umgebungsbedingungen wie etwa hohen Temperaturen, Feuchtigkeit und salzhaltiger Luft ausgesetzt werden.
Der HSD wird, wie in Bild 1 gezeigt, zwischen dem Pluspol der Stromversorgung und dem Verbraucher angeordnet.
Diese Anordnung stellt sicher, dass sich die elektronischen Bauteile im abgeschalteten Zustand, das heißt während des größten Teils der Zeit, auf möglichst niedrigem Potenzial befinden, was der elektrochemischen Korrosion entgegenwirkt. In die HSDs integriert ist außerdem eine SPI-Schnittstelle (Serial Peripheral Interface) oder eine herkömmliche parallele Schnittstelle mit einem, zwei oder auch vier Kanälen, was das Skalieren der Schaltungsdesigns erleichtert.
Die M0-9-HSDs enthalten vollständige digitale und/oder analoge Steuerschaltungen, die einen auf demselben Chip untergebrachten vertikalen Leistungsschalter ansteuern können. Dies vereinfacht den Designprozess und verringert zudem die Gesamtabmessungen und die Kosten der Systeme. Smarte Schalter dieser Art sind für hohe Ströme sowie Spannungen bis 40 V geeignet und besitzen nicht nur eingebaute Schutzfunktionen gegen zu hohe Ströme und Spannungen, sondern auch einen Überhitzungsschutz und ausgefeilte Diagnose-Features, um das Optimum an Funktionalität, Leistungsfähigkeit, Robustheit und Haltbarkeit bieten zu können (Bild 2).
Insgesamt spielen intelligente Schalter eine Schlüsselrolle bei der Bereitstellung einer stabilen Stromversorgung für eine breite Palette resistiver, induktiver und kapazitiver Verbraucher im Fahrzeug. Sie kommen mit plötzlichen Stromstößen ebenso zurecht wie mit energiereichen Transienten, die beim Abschalten von Lastströmen entstehen, tragen damit zur optimalen Leistungsfähigkeit der Verkabelung bei und schützen die dezentralen Gleichspannungswandler. Überdies können intelligente Schalter zum Aufladen von Kondensatoren mit Kapazitäten bis zu mehreren Millifarad dienen, was sie zu einer hervorragenden Option für die Versorgung elektronischer Steuergeräte in Fahrassistenzsystemen macht.
Die Einbindung von Logik- und Steuerschaltungen, die Befehle von Mikrocontrollern entgegennehmen können, befähigt smarte Schalter zum Ausführen von Anweisungen gemäß den jeweiligen Anforderungen der Applikation. Werden zusätzlich Sensoren direkt in den Schalter integriert, kann dieser außerdem die Umgebungsbedingungen im Fahrzeug überwachen und auf Änderungen reagieren. Beispiele hierfür sind Temperaturänderungen oder Anomalien in der Stromaufnahme oder dem Einschwingverhalten der Spannung.
Der Schalter kann dadurch eigenständig Entscheidungen fällen und Aktionen ausführen, ohne dafür auf eine Zentraleinheit angewiesen zu sein. Dies wiederum kommt der Zuverlässigkeit und Effizienz des gesamten Systems entgegen und verleiht Automotive-Anwendungen nicht zuletzt ein Plus an Flexibilität und Funktionalität.
Ein Blockschaltbild des Logikteils eines smarten, zweikanaligen M0-9-HSD ist in Bild 3 zu sehen. Der smarte Schalter kann zwei Kanäle unabhängig voneinander, mit hoher Genauigkeit und mit geringem Strombedarf steuern. An seinen vier Eingangs-Pins kann er Befehle von einem Mikrocontroller entgegennehmen und so den Belangen der Anwendung gerecht werden.
Die Eingänge sind für 3,3-V- und 5-V-Logiksignale geeignet. Das Datenblatt gibt die Bezeichnungen und Funktionen der Pins wie folgt an:
Zusätzlich ist ein spezieller FaultRST-Pin vorhanden, der zum Zurücksetzen etwaiger Fehlerzustände und zur Wahl der Schutzstrategie (Auto-Restart oder Latch-Off) dient. Die Diagnose-Rückmeldung über den CS-Pin (Current Sense) begünstigt die effiziente und zuverlässige Fehlerbeseitigung im System.
Die M0-9-Bausteine besitzen die nützliche Fähigkeit zum automatischen Wiederherstellen der vollständigen Funktionalität, sobald ein Fehlerzustand beseitigt wurde. Entsprechend ausgestattete Geräte können eine Störung folglich ohne äußere Einwirkung beheben, was die Ausfallzeiten verkürzt und die Systemzuverlässigkeit verbessert.
Sämtliche Logik- und Steuerungsfunktionen der intelligenten HSDs werden von einer eingebauten Stromversorgung versorgt, die sich in zwei Abschnitte gliedert. Der erste Abschnitt ist stets aktiv und speist die grundlegenden Funktionen der Logik- und Steuerungsschaltungen. Der zweite Abschnitt wird dagegen nur während eines High-Zustands am Eingang aktiviert, um die nötige Ausgangsleistung zu erreichen.
Das gewählte Designkonzept ist eine effektive Möglichkeit zur Absenkung der Leistungsaufnahme im Idle-Modus, indem dafür gesorgt wird, dass nur die unbedingt erforderlichen Bereiche des Chips in Betrieb sind. Der HSD kann deshalb effizienter, das heißt mit geringerem Energiebedarf arbeiten und erzielt diesbezüglich eine deutliche, bei höheren Temperaturen bis zu circa 20 % betragende Verbesserung gegenüber den besten konkurrierenden Bauelementen (Bild 4).
Der HSD wird hierdurch zu einer noch attraktiveren Option für Anwendungen, die nach hoher Leistungsfähigkeit und geringem Stromverbrauch verlangen.
Neben seinen Stromspar-Features verfügt der Treiber über eine Unterspannungs-Sperre (engl. Undervoltage Lockout, UVLO), die den Baustein auch beim Ansteuern induktiver Lasten vor Schäden schützt und für einen stabilen Betrieb sorgt. Diese Funktion unterbindet während der Übergangsphasen größere Spannungsabfälle bis unterhalb der UVLO-Ansprechschwelle (typisch 2,1 V), was sie zu einer idealen Lösung für anspruchsvolle Einsatzbedingungen macht.
Kommt es zu einem Kurzschluss zwischen Versorgungsspannung (VCC) und Masse (GND), hält der smarte Treiber überdies den Ausgangsstrom auf einem unkritischen Niveau, was Schäden durch zu hohe Ströme unterbindet und dem Baustein somit Schutz bietet.
Der Steuerungs- und Diagnoseteil des intelligenten M0-9-Treibers umfasst eine Vielzahl wichtiger Funktionen (Bild 5).
Die Ladungspumpe im Gatetreiber-Abschnitt ist eine wichtige Komponente, die die Gate-Source-Spannung zum Ansteuern der Leistungsstufe in High-Side-Konfiguration mit einer kontrollierten Stromanstiegsrate aufschaltet und dadurch für einen effizienten und zuverlässigen Betrieb sorgt.
Ein kritisches Feature ist die Schaltung zum Klemmen der Ausgangsspannung, denn diese schützt die eingebauten Leistungs-MOSFETs beim Abschalten induktiver Verbraucher. Indem die entstehenden Spannungsspitzen auf 36 V begrenzt werden, wird eine Beschädigung der MOSFETs und anderer Bauteile im System selbst im Fall eines Lastabwurfs (Load Dump) unterbunden.
Essenzielle Bauteile sind auch die besonderen, nicht-dissipativen Strommess-Schaltungen, die es auf eine Genauigkeit von 7 % bringen. Durch die Wahl eines passenden externen Messwiderstands, angepasst an die jeweilige Messspannung und die minimalen Messströme des Bausteins, ist es mithilfe eines Stromspiegel-Konzepts möglich, mit konstantem K-Faktor einen linearen Messwertverlauf über den gesamten Strom- und Temperaturbereich des Bausteins zu erzielen.
Die Strommess-Pins sind ferner gegen elektrostatische Entladungen bis zu 2 kV geschützt, was die Tauglichkeit des Bausteins für die rauen Umgebungsbedingungen von Automotive-Anwendungen zusätzlich verbessert. Insgesamt unterstreichen diese Features die Eignung der HSDs für einen zuverlässigen und sicheren Betrieb in Automotive-Anwendungen unter Einhaltung industrieüblicher Vorgaben wie der einschlägigen ISO- und AEC-Q100-Standards.
Mit einem zusätzlichen Feature sorgt die M0-9-Technologie für eine Reduzierung der Verlustleistung im Fall einer verpolten Versorgungsspannung. Indem die entsprechenden Eingangsanschlüsse mit einem Schutzwiderstand von etwa 15 kΩ als Schnittstelle zum Mikrocontroller angeschlossen werden, kann die eingebaute Logik den integrierten Leistungs-MOSFET einschalten, um hohe Verluste zu vermeiden und die Body-Diode in Vorwärtsrichtung anzusteuern. Dies stellt eine wirksame Möglichkeit dar, die Effizienz von Power-Management-Systemen zu steigern.
Verdeutlichen lässt sich dies am Beispiel des Leistungsschalters VND9012AJ, eines zweikanaligen M0-9-HSD. Der Einschaltwiderstand ist hier bei verpolter Batteriespannung (RON_Rev) genauso hoch wie unter regulären Bedingungen:
Der Spannungsabfall (VDS) bezogen auf einen Laststrom IL von 4,75 A beträgt damit:
Dieser Wert ist deutlich geringer als die Vorwärtsspannung der Body-Diode des MOSFET, die meist im Bereich von 1 V liegt.
Der Leistungsteil des Bausteins verfügt über eine integrierte Temperaturmessfunktion, um die Temperatur schnell und präzise erfassen zu können. Liegt beim Einschalten ein lastseitiger Kurzschluss vor, bleibt der Leistungs-MOSFET so lange im linearen Modus, bis er durch die Übertemperatur-Erkennung abgeschaltet wird. Wird bei passiver Kühlung die Ansprechschwelle des Überhitzungsschutzes unterschritten, nimmt der Baustein den Betrieb selbsttätig wieder auf. Das Resultat ist ein zyklisches Aus- und Wiedereinschalten bis zur Behebung des Kurzschlusses.
Tritt der Kurzschluss auf, wenn der interne MOSFET bereits vollständig eingeschaltet ist und eine hohe Gate-Source-Spannung anliegt, so wird die Stromanstiegsrate ausschließlich durch den Verbraucher bestimmt. Dies führt zu einem statischen thermischen Zustand und zu zyklischen Erwärmungs- und Abkühlphasen, bis der Kurzschluss behoben ist.
Bild 6 zeigt für den ersten Fall, am Beispiel des HSD VND9012AJ und bei einer Batteriespannung von 28 V, bei der es sich um die Worst-Case-Biasspannung gemäß der AEC-Q100-Spezifikation handelt, den Verlauf relevanter Signale unter Kurzschlussbedingungen.
Hierin sind:
VDS die Drain-Source-Spannung des integrierten Leistungs-MOSFET; VOUT die Ausgangsspannung des intelligenten Schalters; IOUT der Ausgangsstrom des intelligenten Schalters; Energy die dissipierte Energie, berechnet gemäß der folgenden Gleichung:
Dabei steht Δt für die vom Treiber verkraftete Dauer des Kurzschluss-Ereignisses.
Wie den Versuchsdaten zu entnehmen ist, lässt der intelligente, zweikanalige M0-9-Schalter des Typs VND9012AJ einen Strom von 33 A für eine Dauer von 60 µs zu, wobei eine Energie von 26 mJ dissipiert wird, wenn die Batteriespannung 28 V erreicht.
Insgesamt tragen die Temperaturerfassungs- und Schutzfunktionen des Bausteins also dazu bei, selbst im Kurzschlussfall einen sicheren und zuverlässigen Betrieb zu gewährleisten.
Die für Automotive-Anwendungen konzipierten M0-9-Treiber sind dafür ausgelegt, die strenge Kaltstart-Spezifikation der LV-124-Tests der deutschen Automobilindustrie zu bestehen (Bild 7).
Die Parameterwerte für Prüfimpulse unter strengen Bedingungen sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Parameter | Strenger Prüfimpuls |
---|---|
VB | 11,0 V |
VT | 3,2 V +0,2 V |
VS | 5,0 V (0 %, -4 %) |
VA | 6,0 V (0 %, -4 %) |
VR | 2,0 V |
tf | <= 1 ms |
t4 | 19 ms |
t5 | <= 1 ms |
t6 | 329 ms |
t7 | 50 ms |
t8 | 10 s |
tr | 100 ms |
f | 2 Hz |
Pause zwischen 2 Zyklen | 2 s |
Prüfzyklen | 10 |
Tabelle 1. Parameterwerte für Prüfimpulse unter strengen Bedingungen (Norm LV 124).
Die Erfüllung dieser Norm ist ein bedeutender Vorteil der ST-Technologie, denn hierdurch ist sichergestellt, dass die Bauelemente auch unter besonders anspruchsvollen Bedingungen zuverlässig arbeiten und die erforderliche Funktionalität bieten. Die Mindestspannungs-Spezifikation von 2,7 V (als Höchstwert) für den Kaltstart ist die niedrigste aller konkurrierenden Bauelemente und stellt eine 10-prozentige Verbesserung dar. Anders ausgedrückt, sind die M0-9-Treiber besser gerüstet, um den beim Kaltstart des Fahrzeugmotors auftretenden Spannungseinbruch zu verkraften.
Zusätzlich schafft die ST-Technologie während dieser Übergangsphase die Voraussetzungen für funktionsfähige, gemäß den Zuständen an den jeweiligen Eingangs-Pins kontrollierte Ausgänge, wenn keine Diagnose erforderlich ist. Dies stellt einen signifikanten Pluspunkt für alle Automotive-Einsatzumgebungen dar, ist hierdurch doch gewährleistet, dass der Baustein auch unter extremen Bedingungen zuverlässig seine vorgesehene Funktion ausführt.
Insgesamt bietet die Technologie von ST ein überragendes Maß an Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit, wodurch sie sich hervorragend für Automotive-Anwendungen eignet.
Die intelligenten M0-9-Schalter sind dafür ausgelegt, das Power-Management im Automobilbereich zu verbessern und auf diese Weise die Sicherheit und den Komfort der Fahrzeuge zu verbessern. Für Designer sind insbesondere die folgenden Merkmale attraktiv:
[1] L. Creosteanu, A. Danchiv, G. Brezeanu: „Automotive High Side Power Switch Driver Circuit”, Proceedings of the 2008 International Semiconductor Conference, 13.-15. Okt. 2008.
[2] M. Wendt, L. Thoma, B. Wicht, D. Schmitt-Landsiedel: „A Configurable High-Side/Low-Side Driver with Fast and Equalized Switching Delay”, IEEE Journal of Solid-State Circuits, Jul. 2008.
[3] N. Mohan, T. M. Undeland, W. P. Robbins: „Power electronics converters, applications and design”, 2. Ausg. Wiley & Sons NY 1995.
[4] Volkswagen 80000 - Electric and Electronic Components in Motor Vehicles up to 3,5 t - General Requirements, Test Conditions and Tests - Ausgabe Juni 2013.