Erwartungen, Strategien und Trends

So wird das Messtechnik-Jahr 2019

6. Februar 2019, 11:35 Uhr | Nicole Wörner
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Rahman Jamal, Business & Technology Fellow, National Instruments

Rahman Jamal, Business & Technology Fellow, National Instruments:

»Disruptive Trends wie 5G, autonome Fahrzeuge oder die vielen Facetten des IoT und IIoT, die derzeit unsere Branche und existierende Ökosysteme auf den Kopf stellen, erfordern ein grundlegendes Umdenken beim automatisierten Messen und Testen. Wer es hier nicht schafft, mit der Zeit zu gehen, sprich: den essenziellen Übergang zu softwarezentrischen Systemen zu vollziehen, wird mit der Zeit gehen.

Der neue Kommunikationsstandard 5G läutet zweifellos…

...eine neue Ära der Mobilfunktests ein. Jedoch nutzen Testingenieure seit Beginn der Mobilfunkkommunikation im Prinzip dieselben Standardmessungen und -verfahren, um drahtlose Kommunikationstechnologien – von HF-Halbleitern über Basisstationen bis hin zu mobilen Endgeräten – zu testen. Für 5G reichen die bisherigen Testverfahren aber bei Weitem nicht aus, denn neben den vielen unbestrittenen Vorteilen bringt der neue Standard auch deutlich komplexere Gerätetechnologien mit sich.

Rahman Jamal
Rahman Jamal, National Instruments: »Disruptive Trends wie 5G, autonome Fahrzeuge oder die vielen Facetten des IoT und IIoT erfordern ein grundlegendes Umdenken beim automatisierten Messen und automatisierten Testen.«
© National Instruments

Hier gilt es also, die für vorherige Mobilfunkgenerationen optimierten Testverfahren zu überdenken. Um die Leistung von 5G-Technologie zu validieren, ist es nötig, 5G-Komponenten und -Geräte über eine Funkschnittstelle (Over the Air, OTA) zu testen statt mit den bisher eingesetzten, kabelbasierten Methoden. Das betrifft nicht nur Halbleiterhersteller, sondern auch die Unternehmen, die 5G-Tests auf Modul- und Geräteebene durchführen. Testabteilungen benötigen daher neue Verfahren, um die Marktfähigkeit von 5G-Produkten und -Lösungen für zahlreiche Branchen und Anwendungsbereiche zu gewährleisten.

Ähnlich das autonome Fahren,…

...das ebenfalls das Potenzial hat, die Gesellschaft zu verändern. Laut einer 2016 von IIHS durchgeführten Untersuchung wurde dank automatischer Bremssysteme die Anzahl der Auffahrunfälle um circa 40 Prozent reduziert. Kollisionswarnsysteme trugen zu einer 23-prozentigen Reduzierung dieser Art von Unfällen bei. Dennoch sind laut Berichten der US-Bundesbehörde für Straßen- und Fahrzeugsicherheit NHTSA 94 Prozent der schweren Verkehrsunfälle auf menschliche Fehler zurückzuführen. Der Übergang von Fahrerassistenzsystemen (ADAS, Advanced Driver Assistance Systems) zu den Autonomiestufen 4 oder 5, für die kein menschlicher Fahrer mehr erforderlich ist, bedeutet für die Fahrzeugindustrie noch wesentlich größere Herausforderungen als bisher. Fahrerassistenzsysteme bündeln Sensoren, Prozessoren und Software, um die Fahrzeugsicherheit zu verbessern und schlussendlich selbstfahrende Funktionen zu ermöglichen.

Derzeit wird in einem Großteil dieser Systeme allerdings…

...jeweils nur eine einzige Sensorart, beispielsweise für die Umgebungswahrnehmung, eingesetzt, sprich: das System nutzt entweder einen Radar oder Lidar oder eine Kamera. Allein das hat schon zu messbaren Erfolgen geführt. Stellen Sie sich nun mal vor, welche Möglichkeiten eine Kombination all dieser Sensoren erst eröffnen würde! Hier kommt beispielsweise die Sensorfusion – das Zusammenführen verschiedenster Sensordaten für die Entscheidungsfindung –zum Einsatz, eine Technologie, die Synchronisierung, Hochleistungsverarbeitung und die kontinuierliche Weiterentwicklung von Sensoren erfordert. Durch diesen Wechsel von Einzelsensor- zu Multisensor-ADAS-Systemen stehen Fahrzeughersteller nun vor der Aufgabe, die richtige Balance zwischen den drei Faktoren Kosten, Technologie und Strategie zu finden.«

Der dritte Trend schließlich…

...ist die Nutzung von IoT-Technologien für den automatisierten Test. Ob Halbleiter, elektronische Teilsysteme oder gar smarte Maschinen als Herzstück von In­dus­trie 4.0 – auch moderne IoT-Geräte und IIoT-Systeme werden immer komplexer. Dies wiederum hat weitreichende Auswirkungen auf das automatisierte Testen, denn durch die Integration der Vielzahl von IoT-Funktionen in ein Produkt wird auch das Testen aufwändiger. Welchen Einfluss das IoT auf das Testen hat, ist also klar. Doch inwiefern können automatisierte Prüfstände vom IoT sogar profitieren?

Sehen wir uns die Technologien und Funktionen einer gängigen IoT-Plattform an. Dem Marktforschungs- und Beratungsunternehmen IDC zufolge bietet eine IoT-Plattform eine Kombination aus mehreren der folgenden Funktionen:

  • Verwaltung von IoT-Endpunkten und Vernetzungsmöglichkeiten derselben,
  • Zugriff auf die Daten und Data-Ingestion (=Priorisierung von unterschiedlichsten Datenquellen, Validierung der Dateien und deren sinnvolle Weiterleitung),
  • Visualisierung und Analyse von IoT-Daten,
  • Erstellen und Managen von IoT-Anwendungen.

Ähnlich Gartners Magic Quadrant for Industrial IoT Platforms 2018, der zudem noch die Integration und Sicherheit als Punkte nennt: All diese Technologien hätten das Potenzial, den automatisierten Test zu optimieren.

Aber auch automatisierte Maschinen – also IIoT-Plattformen –…

...weisen viele Ähnlichkeiten mit dem Testbereich auf. Anders als das kommerzielle IoT, dessen Fokus auf Konsumgütern liegt, adressiert das industrielle IoT zahlreiche Aspekte, die vielmehr den Anforderungen automatisierter Tests entsprechen. So produzieren industrielle Anlagen etwa große Mengen an Daten, die insbesondere für die Verwaltung der Anlagen und der Arbeiten genutzt werden. Clevere Analytics ermöglichen es dann, Entscheidungen in Echtzeit zu treffen, die Anlage zu überwachen, Predictive Maintenance durchzuführen etc. All das findet sich auch beim automatisierten Testen wieder. Auch hier fallen große Mengen an Daten an, auch hier braucht man clevere Analytics für die Überwachung des Produkts und des Prüfstands, für die vorausschauende Wartung usw. Nur dreht sich hier eben alles um Testdaten.

Kurzum: Automatisierte Prüfstände können von IoT- und IIoT-Technologien profitieren,…

...insbesondere bei der Verwaltung von Testsystemen, bei der Data-Ingestion und Datenverwaltung, bei Visualisierung und Analytics sowie bei der Entwicklung, dem Einsatz und der Verwaltung von Testsoftware. Das IoT für Tests zu nutzen ist nicht etwa eine futuristische Idee. Es ist bereits heute möglich. Ob ein Unternehmen dazu in der Lage ist, hängt von seiner aktuellen Infrastruktur für automatisierte Tests ab und davon, was es am dringendsten benötigt. Einige Bereiche, die man in Betracht ziehen sollte, sind die Verbesserung der Testsystemverwaltung, bessere Auslastung der Testausrüstung, höherer Erkenntnisgewinn aus Testdaten zur Optimierung des Designs oder der Fertigungsqualität und der Fernzugriff auf mit anderen Nutzern geteilte Testsysteme. Ein softwaredefinierter Ansatz mit einem hohen Grad an Modularität erlaubt es dem Anwender, sich auf die Bereiche mit dem größten geschäftlichen Nutzen zu konzentrieren, ohne eine „Alles-oder-nichts-Entscheidung“ treffen zu müssen.«


  1. So wird das Messtechnik-Jahr 2019
  2. Rahman Jamal, Business & Technology Fellow, National Instruments
  3. Wolfgang Gleißner, Leiter Marketing & Support, Yokogawa Deutschland
  4. Michael Ewald, Sales Director DACH, Tektronix

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