Optischer Biosensor für SARS-Cov-2

Sensor misst Virenkonzentration in der Luft

21. April 2020, 15:30 Uhr | Nicole Wörner
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Wärme erhöht die Zuverlässigkeit

Zentral ist dabei aber natürlich, dass nur diejenigen RNA-Stränge vom DNA-Rezeptor auf dem Sensor eingefangen werden, die exakt darauf passen. Hier kommt ein zweiter Effekt ins Spiel: der plasmonische photothermale Effekt (PPT). Wird dieselbe Nanostruktur auf dem Sensor mit einem Laser einer bestimmten Wellenlänge angeregt, so produziert diese Wärme.

Und wie hilft das nun der Zuverlässigkeit? 

Wie bereits erwähnt, besteht das Erbgut des Virus nur aus einem einzelnen RNA-Strang. Findet dieser Strang sein komplementäres Gegenstück, so verbinden sich die beiden zu einem Doppelstrang – ein Vorgang, der sich Hybridisierung nennt. Das Gegenteil – wenn sich also ein Doppelstrang in Einzelstränge aufspaltet – nennt sich Schmelzung oder Denaturierung. Dies geschieht bei einer bestimmten Temperatur, der Schmelztemperatur. Wenn die Umgebungstemperatur nun aber viel tiefer ist als die Schmelztemperatur, können sich auch Stränge verbinden, die nicht zu 100% komplementär zueinander sind. Das kann zu falschen Testresultaten führen. Ist die Umgebungstemperatur hingegen nur leicht tiefer als die Schmelztemperatur, können sich nur noch komplementäre Stränge zusammenfügen. Und genau dies ist das Resultat der erhöhten Umgebungstemperatur, die durch den PPT-Effekt verursacht wird.

Um aufzuzeigen, wie zuverlässig der neue Sensor den aktuellen COVID-19-Virus feststellt, testeten ihn die Forschenden mit einem sehr nah verwandten Virus: SARS-CoV. Dabei handelt es sich um das Virus, das 2003 die SARS-Pandemie auslöste. Die beiden Viren – SARS-CoV und SARS-CoV2 – unterscheiden sich in ihrer RNA nur geringfügig, eine eindeutige Unterscheidung ist also äusserst schwierig. Doch das Experiment gelang: »Unsere Tests zeigten, dass der Sensor klar zwischen den sehr ähnlichen RNA-Sequenzen der beiden Viren unterscheiden kann«, erklärt Jing Wang.

Im Moment ist der Sensor zwar noch nicht bereit, um beispielsweise im Hauptbahnhof Zürich die Coronaviren-Konzentration in der Luft zu messen. Dazu sind noch einige Schritte nötig – etwa ein System, der die Luft ansaugt, die Aerosole darin konzentriert und die RNA aus den Viren isoliert. »Das braucht noch Entwicklungsarbeit«, sagt Wang. Doch ist der Sensor erst einmal fertiggestellt, könnte sich das Prinzip auch auf andere Viren anwenden lassen – und dazu beitragen, dass künftige Epidemien frühzeitig detektiert und vielleicht sogar gestoppt werden können.
 


  1. Sensor misst Virenkonzentration in der Luft
  2. Wärme erhöht die Zuverlässigkeit

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