Menschliche Venen und Arterie aus dem Labor? Per Rifle-Technologie können ultradünne Schichten menschlicher Zellen in röhrenartigen Strukturen erzeugt werden. Auch Darmabschnitte könnten so als lebensechte Implantate produziert werden.
Die als RIFLE (Rotational Internal Flow Layer Engineering) bezeichnete Technik ermöglicht den Aufbau separater Schichten, die nur eine Zelle dick sind. Diese Vielseitigkeit ist entscheidend für die Entwicklung präziser menschlicher Modelle von röhrenförmigem Schichtgewebe für die Forschung und bietet eine wichtige Alternative zu Tiermodellen.
Wissenschaftler der University of Edinburgh konnten mittels der eigenentwickelten Rifle-Technologie jetzt Zellen in hauchdünnen Schichten herstellen, die denen eines menschlichen Blutgefäßes entsprechen. Die kostengünstige und schnelle Biofabrikationsmethode kann in sehr kleinem Maßstab arbeiten und damit auch feinere menschliche Röhren nachbilden.
Geschichtetes röhrenförmiges Gewebe findet sich überall im Körper - in Blutgefäßen, im Verdauungstrakt und in anderen Organen. Es kann mehrere Zelltypen enthalten, die Schichten mit unterschiedlichen Eigenschaften und Funktionen bilden. Bei den derzeitigen Methoden zur Herstellung von menschlichem Gewebe im Labor fehlen oft die Details, die zur Nachahmung dieser komplexen Strukturen erforderlich sind.
Bei der Rifle-Technik wird mit Zellen angereicherte Flüssigkeit in ein sich mit bis zu 9000 Umdrehungen pro Minute rotierendes Rohr injiziert. Die hohe Geschwindigkeit bewirkt, dass sich die Zellen gleichmäßig über die Innenfläche des Rohrs verteilen, wobei höhere Geschwindigkeiten zu dünneren Schichten führen. Wird der Vorgang wiederholt, bilden sich Zellschichten, die eine röhrenförmige Struktur aus verschiedenen, klar abgegrenzten Schichten mit einer hohen Zelldichte ergeben.
Die Möglichkeit, röhrenförmiges Schichtgewebe im Labor kostengünstig herzustellen, könnte zunächst ein wichtiges Modell für die Arzneimittelentwicklung darstellen. Anhand genauer menschlicher Modelle des Darmgewebes könnten Forscher überwachen, wie oral eingenommene Medikamente im Darm absorbiert werden.
»Mit der RIFLE-Technologie können wir im Labor die hohen Auflösungen erzeugen, die wir in menschlichem röhrenförmigem Schichtgewebe, z. B. in Blutgefäßen, beobachten,« sagt Dr. Ian Holland, Projektleiter an der Universität Edinburgh. »Diese Genauigkeit ist für Forscher, die neue Medikamente entwickeln und Krankheiten erforschen wollen, von entscheidender Bedeutung, da sie letztlich den Bedarf an Tierversuchen verringern.«
»Entscheidend ist, dass dabei dieselben Materialien und Zellen verwendet werden, die wir auch in unserem eigenen Körper finden.« |
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Das Forscher-Team hat die RIFLE-Technologie patentiert und arbeitet an weiteren Anwendungen. So könnten zukünftig auch menschliche Röhrenstrukturen im Labor hergestellt werden und im Falle von Venen oder Darm als Ersatzteil-Implantate nach Unfällen, Krankheiten oder Verschleiß zum Einsatz kommen.
Für diesen Rifle-Einsatz sind zunächst weitere Tests und klinische Studien erforderlich sind, bevor im Labor gezüchtetes Gewebe für die Verwendung in menschlichen Transplantaten zur Verfügung steht. (uh)