Leser Ralf B. fragt sich, wer eigentlich zu unflexibel ist, Bewerber oder Unternehmen:
Mitte letzten Jahres wurde ich zusammen mit ca. 20 weiteren Kollegen (weitgehend Elektro-Ingenieure), Opfer einer Abbaumaßnahme eines unserer hochgelobten Mittelständler. Dieser ist als Anlagenbauer sogar sehr stark auf Ingenieurkapazität angewiesen, und wirkliche Not hatte der Betrieb auch nicht, man befürchtete lediglich einen Auftragseinbruch (der übrigens auch nicht stattfand). Soviel zu dem eklatanten Fachkräftemangel von dieser Seite.
Immerhin kam ich so in die Lage, den Ingenieur-Arbeitsmarkt mit fast Mitte 50 noch einmal austesten zu können. Verblüffenderweise hatten vier von den Älteren (49 - 54 Jahre), darunter ich, als erste und sehr schnell eine neue Job-Perspektive. Ich selber hatte aus nur wenigen, meist konventionellen Bewerbungen zwei aussichtsreiche Vorstellungsverfahren, von denen dann eines letztendlich zielführend war: Eine solide Stelle, aber (leider) auch mit einem Einkommensverlust behaftet.
Etliche, auch jüngere Kollegen (die weitgehend in eine auf ein Jahr laufende Beschäftigungsgesellschaft überführt wurden) taten sich deutlich schwerer und sind z. T. (nach über einem halben Jahr) noch immer ohne neuen Job.
Jetzt kann man fragen: Woran liegt's? Führt so etwas wie eine Beschäftigungs- oder "Qualifizierungs-"Gesellschaft zu einer gewissen Trägheit? Sind die Leute zu unflexibel in Bezug auf neue (unbekannte) Tätigkeitsfelder? Wollen Sie keine (vertretbaren) Gehaltseinbußen in Kauf nehmen? Keinen Ortswechsel? Oder sind die Firmen zu wählerisch (es ist tatsächlich nicht von der Hand zu weisen, dass man versucht "billig einzukaufen" zusammen mit herben Arbeitsverträgen)?
Ich glaube, an dem Argument, dass die Firmen zu wählerisch sind, ist etwas dran. Andererseits weiß ich auch, dass sich viele von den Kollegen schwer tun, sich mit einer neuen Arbeitswelt anzufreunden.
Im Fall von Berufsanfängern oder jungen Leuten mit erster Praxiserfahrung verstehe ich das Gejammer der Firmen aber tatsächlich nicht: Diese haben in der Regel noch keine exorbitanten Gehaltsforderungen und sind meistens noch flexibel (was aber im Umkehrschluss nicht heißt, dass man im fortgeschrittenen Alter unflexibel ist! Dann könnte ich meine neue Stelle gleich abhaken …)