Das heißt, dass bis 2032 auch alle Sherman-Fabs laufen sollen?
Momentan konzentrieren wir uns auf die erste Fab in Sherman, und diese soll 2025 die Produktion aufnehmen. Die weiteren Schritte sehen vor, dass wir 2030 alle Fabs in die Produktion bringen. Natürlich ist hier eine gewisse Flexibilität vorgesehen, sprich: die Fabs können schneller oder auch langsamer in die Produktion gehen. Wobei ich betonen möchte: Wir gehen derzeit davon aus, dass wir eher den schnelleren Ausbau brauchen, bedingt durch die Kundennachfrage, die wir sehen.
Wie sieht es mit Freising aus?
Die 200-mm-Fab in Freising bleibt auch weiterhin ein wichtiger Fertigungsstandort für TI. Die Fab hier zeichnet sich dadurch aus, dass wir differenzierte Technologien für bestimmte Produkte nutzen können, die wir auch auf 200 mm halten wollen. Freising hat aber noch weitere Vorteile: Dort gibt es ein Kilby-Lab für die Forschung, wir haben dort auch Produktgruppen sitzen, die das Produktdesign machen, unsere sogenannten Systems-Teams, die nicht nur die Komponente, sondern das ganze System anschauen. Und dann muss man natürlich auch hinzufügen, dass in Deutschland bzw. Europa sehr viele wichtige Kunden in den von uns adressierten Märkten sitzen.
Wie viele 200-mm-Fabs hat TI insgesamt?
Von den derzeit zwölf Wafer-Fabs produzieren drei auf Basis von 300-mm-Wafern, der Rest sind 200-mm-Fabs. Bezieht man sich allerdings auf Chip-Level, produzieren wir mittlerweile 40 Prozent auf 300 mm, einfach aufgrund der größeren Wafer-Fläche. Mit den zwei neuen Fabs RFAB2 und LFAB steigt der prozentuale Anteil. Ich möchte betonen, dass die 200-mm-Fabs auch für die nächsten Dekaden wichtig sind, denn dort laufen spezielle Technologien, die wir auch weiterhin benötigen.
Gibt es Überlegungen, die eine oder andere dieser 200-mm-Fabs auf 300 mm umzustellen?
Das kann für die eine oder andere Technologie überlegenswert sein, aber derzeit geht es vor allem darum, für Standardtechnologien genügend Kapazitäten zu schaffen, um die von uns erwarteten Bedarfe decken zu können.
Neue 200-mm-Fabs wird es nicht geben?
Nein, wir erweitern ausschließlich unsere 300-mm-Kapazitäten. Zum einen sind mit 300 mm auch deutlich größere Kapazitätserweiterungen möglich, zum anderen können wir auf Basis von 300 mm auch mit geringeren Kosten produzieren. Das wiederum verschafft uns einen Preisvorteil, der TI am Markt erfolgreicher macht.
Ist also jetzt schon entschieden, was in der RFAB2 produziert werden soll?
Größtenteils ja, wie gesagt, die RFAB2 soll der Fertigung von Produkten dienen, bei denen wir den größten Bedarf erwarten. Aber man muss natürlich auch schauen, was machbar ist, denn auch auf der Seite der Equipment-Hersteller gibt es zum Teil enorme Lieferzeiten. Auch deshalb ist eine langfristige Planung notwendig, wie jetzt eben auch mit Sherman.
TI setzt aber nicht nur auf Kapazitätserweiterung.
Nein, wir haben beispielsweise auch angekündigt, dass wir in Frankfurt ein neues Distributionszentrum eröffnen werden. Damit werden wir in der Lage sein, die Ware möglichst nahe an unsere Kunden zu bringen und möglichst schnell liefern zu können. Der Betrieb in Frankfurt soll 2024 aufgenommen werden, und damit wird es möglich, dass wir innerhalb von Deutschland noch am selben Tag liefern können, in Europa ist spätestens »Next-Day-Delivery« das Ziel. Das wird sich ebenfalls positiv auf unsere Geschäfte auswirken.
Glaubt TI, dass durch die ganzen geopolitischen Spannungen und die in den letzten Jahren aufgetretenen Lieferprobleme dazu führen werden, dass wieder mehr Fertigung nach Europa zurückkommt und das Distributionszentrum in Frankfurt ist quasi die Antwort darauf?
Jeder macht sich darüber Gedanken, wie man geopolitisch flexibler aufgestellt sein kann; das gilt für TI, aber natürlich auch für unsere Kunden. Dementsprechend werden von unseren Kunden auch wieder mehr Produktionen in Zentral- bzw. Osteuropa aufgebaut, um eine bessere Balance zu haben. Das TI-Distributionszentrum in Frankfurt dient erst einmal dazu, die Logistik zu erleichtern, besonders in Hinblick auf die Probleme, die wir die letzten zwei Jahre hatten.
TI hat außerdem die Beschaffungsmöglichkeiten erweitert.
Ja, mit unseren neuen APIs können sich unsere Kunden direkt mit unserem TI-Store verbinden. Sie erhalten die Möglichkeit, die Lagerbestände für die verschiedenen Produkte zu sehen. TI ist der erste Halbleiterhersteller, der diese APIs anbietet, und die Resonanz ist super, denn unsere Kunden können diese APIs direkt in ihre Systeme einbinden.
Aber auch wenn ein Kunde sieht, dass nur noch zehn Stück einer Komponente auf Lager liegen, kann er ja typischerweise nicht einfach auf ein anderes Produkt umsteigen.
Ja, das stimmt natürlich für viele Produkte, aber wir haben uns auch ganz klar dazu bereit erklärt, dass wir ein größeres Level an Lagerbeständen aufbauen, und das passiert auch gerade. Und mit diesem höheren Lagerbestand sind wir dann auch in der Lage, Kunden zu bedienen, die bislang bei einem Wettbewerber eingekauft haben, der aber nicht liefern kann. Wir haben in den letzten zwei Jahre viel gelernt, wie wir uns auf die nächste Boom-Phase vorbereiten, und deshalb haben wir alle eben beschriebenen Maßnahmen eingeleitet.