Manche würden sagen, die Mitarbeiter haben Spaß daran, ihre eigenen Arbeitsplätze abzuschaffen?
Ganz und gar nicht! Die Aktivitäten stehen im Gegensatz zu den vielen Negativszenarien, die gerne rund um KI ins Spiel gebracht werden, angefangen mit KI als Arbeitsplatzkiller. Unsere Mitarbeiter wollen aktiv gestalten. Sie wissen: Wer in unserer Industrie eine Pause macht, hat schon verloren. Diese Kultur der Furchtlosigkeit gegenüber neuen Entwicklungen stellt sich in einem technisch geprägten Unternehmen mit hohem Innovationsdruck im Vergleich zu anderen Branchen wohl stärker ein. Unsere Mitarbeiter sind jedenfalls eher unerschrocken und denken in Chancen.
Hat sich daraus schon etwas Konkretes ergeben?
Ende September hat sich die vom Bundestag eingesetzte Enquete-Kommission zum Thema künstliche Intelligenz konstituiert. Als Experte von Infineon wurde Prof. Wolfgang Ecker berufen, der sich schon innerhalb unserer internen KI-Initiative stark engagiert hatte. Hier zeigt sich wieder, dass sich die Politik inzwischen sehr gerne solcher Themen an- und Empfehlungen aufnimmt. Es ist eine große Anerkennung und es freut uns sehr, dass Infineon auf dem Gebiet gefragt wird und hier mit einem Sachverständigen vertreten ist.
Wird Infineon eigene KI-Chips entwickeln?
Sicherlich nicht die großen Schlachtschiffe unter den Chips, aber wir wollen unsere Controller sukzessive um solche Funktionen erweitern. Der Aurix 2 ist schon mit spezifischen Fähigkeiten ausgestattet, etwa um die Radar-Daten zu verarbeiten. In der Aurix-3-Generation werden natürlich noch weitere dazukommen.
Sie haben von der Beteiligung am HPC-Projekt gesprochen. Wären auf dem Gebiet der KI allgemein Initiativen aus der Politik gefordert?
Im gesamten Umfeld der KI sind hohe Investitionen notwendig. Das macht es meiner Meinung nach erforderlich, dass Europa insgesamt Initiative zeigt. Es braucht den politischen Willen. Denn was hier benötigt wird, geht über das hinaus, was ein Unternehmen alleine entscheiden und leisten kann.
Sind Sie mit der Entwicklung der Elektromobiliät zufrieden?
Sehr zufrieden – und überwältigt. Denn dass die Elektrifizierung der Autos kommt, ist inzwischen keine Frage mehr. Wir stehen damit vor einigen Herausforderungen, nicht nur bezüglich der Technik, sondern auch mit Blick auf die Fertigungskapazität. Steigt der Anteil der hybriden und elektrischen Fahrzeuge an der Produktion auf weltweit 20 Prozent, so wäre mindestens eine Fab der Größe unserer 300-mm-Fertigung in Dresden erforderlich, um den zusätzlichen Halbleiterbedarf zu decken. Jetzt wird innerhalb der EU sogar diskutiert, den Anteil der hybrid-elektrischen Fahrzeuge über CO2-Vorgaben bis 2030 auf 35 Prozent zu bringen. Natürlich haben wir keinen Marktanteil von 100 Prozent, aber es ist ganz offensichtlich, dass wir aufgrund unserer Position kräftig investieren müssen. Wenn nicht, können wir mit der steigenden Nachfrage nicht Schritt halten. Wir haben eine sehr gute Position und wir wollen diese nutzen.
Hat Infineon die Zielvorgaben im Mai wegen des starken Wachstums auf dem Automotive-Markt angehoben?
Vor allem, aber nicht nur. Die Entwicklung im Bereich IoT, Industrie 4.0 und KI kommt Infineon insgesamt entgegen. Die Stromversorgung für KI ist für uns quer durch alle Märkte ein sehr wichtiges Thema. In diesen Märkten haben wir überall eine sehr gute Position. Ganz abgesehen davon ist KI derzeit auch noch ein ungeheurer Energiefresser. Wenn die Energieaufnahme reduziert werden soll, ist wiederum die Hardware ein Schlüssel – und darauf sind wir spezialisiert, hier werden wir entsprechende Systeme anbieten. Insgesamt haben diese Entwicklungen entscheidend dazu beigetragen, dass wir im Juni die Wachstums- und Investitionsziele angehoben hatten.