Interview mit Armin Derpmanns, Toshiba

»Wir fokussieren uns jetzt voll auf Power«

7. März 2022, 11:30 Uhr | Ralf Higgelke
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"Wir müssen hier vor Ort kompetent mitdiskutieren..."

Kommen wir zurück zu dem neuen High-Voltage-Labor. So etwas einzurichten ist keine Kleinigkeit, oder?

Ja, da gibt es strenge Vorschriften und die Mitarbeiter müssen entsprechend geschult und zertifiziert werden. Ein Labor in Deutschland muss der VDE 0100 genügen. Diese Norm definiert 25 Volt Wechselspannung und 60 Volt Gleichspannung als Niederspannung. Aber wir wollen ja MOSFETs aus Silizium und Siliziumkarbid sowie IGBTs testen. Da liegen die Spannungen dann bei 600, 1200 oder gar 1700 Volt. Für diesen High-Voltage-Bereich sind nach der VDE-Norm wieder andere Vorkehrungen zu treffen. Und dann gibt es noch den High-Power-Bereich, also Systeme, die in den Megawatt-Bereich gehen. Und dafür gelten dann wieder andere Bestimmungen. Das ist natürlich etwas völlig anderes, als wenn ein Entwickler an einem digitalen SoC misst.

Wie lange hat es gedauert, das Labor einzurichten?

Begonnen haben wir Ende des Sommers 2021 und sind für die erste Ausbaustufe noch im letzten Jahr fertig geworden. Wir können also bereits messen.

Wann wird es dann fertig sein?

Naja, eigentlich gar nicht. Das ist ein fortschreitender Prozess, die Anwendungen und Herausforderungen ändern sich ständig, und dementsprechend müssen wir dann auch unser neues Labor ständig verändern und nachinvestieren. Aber ein nächster großer Schritt nach dem High-Voltage-Labor wird ein Labor für High Power sein.

Japanische Unternehmen wickeln traditionell viel Entwicklung über Japan ab. Was bedeutet dieses Labor für den europäischen Standort?

Dass vieles über Japan läuft, ist oft so, aber eigentlich hatte Toshiba schon seit Langem viele lokale Entwicklungsaktivitäten. Ich zum Beispiel begann meine Karriere 1989 hier im ASIC Design Center. Das heißt nicht, dass wir in Japan nicht die nötigen Ressourcen hätten, aber es gibt den Kunden hier ein gutes Gefühl, wenn sie einen kompetenten Ansprechpartner vor Ort haben. Und gerade bei unserem neuen Fokus auf Power muss man einfach anerkennen, dass viel Innovation hier in Europa erfolgt und viele Marktführer hier sitzen.

Wenn wir diese Innovationen aufgreifen und verstehen wollen, dann müssen wir in der Lage sein, hier vor Ort kompetent mitzudiskutieren. Wir brauchen Experten, die zum Beispiel auch in verschiedenen Standardisierungsgremien und Verbänden mitarbeiten können. Das war zwar schon vielfach vorhanden, aber mit der Fokussierung ist es nötig, weiter in Equipment und Fachkräfte zu investieren, um dem Kunden das sichere Gefühl zu geben, wir verstehen ihn, kommunizieren auf Augenhöhe und er fühlt sich bei uns gut aufgehoben.

Wie wird dieses neue Labor von der Muttergesellschaft in Japan unterstützt?

Natürlich haben wir eine gewaltige F&E-Organisation in Japan, die sich von der Entwicklung von Basistechnologien bis hinunter zum Produktdesign für bestimmte Anwendungen und Märkte erstreckt. Zu den verschiedenen Ebenen in dieser F&E-Organisation haben wir Schnittstellen, die wir nutzen können.

Das bedeutet einerseits, dass wir bei Produkteinführungen alle nötigen Informationen sowie Schulungen von Japan erhalten. Andererseits gehen Informationen auch wieder nach Japan zurück, beispielsweise wenn wir Ergebnisse aus einem ECPE-Programm oder einer Zusammenarbeit mit einer hiesigen Universität haben. Diese fließen dann dort in die Technologieentwicklung oder das Produktdesign ein.

Toshiba legt bei 300-mm-Fertigung nach
Auch wenn Toshiba im März 2021 bereits den Bau einer neuen 300-mm-Wafer-Fab angekündigt hatte, legte das Unternehmen Anfang Februar 2022 nach. Ab dem Frühjahr 2023 entsteht am Standort in der Präfektur Ishikawa eine weitere 300-mm-Wafer-Fab ausschließlich für Leistungshalbleiter. Sie wird in zwei Phasen gebaut, sodass sich das Investitionstempo an die Marktentwicklung anpassen lässt. Geplanter Fertigungsbeginn für Phase 1 ist im Geschäftsjahr 2024. Wenn diese Phase ihre volle Kapazität erreicht haben wird, soll Toshibas Fertigungskapazität für Leistungshalbleiter 2,5-mal so hoch sein wie im Geschäftsjahr 2021.

 


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