Die Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland, kurz: FMD, stellt Maschinen und Anlagen zur Verfügung, mit denen KMUs und Startups Innovationen entwickeln und testen können. Innerhalb der FMD gibt es seit Kurzem zwei neue Förderprojekte, die Bewerbungsphase läuft.
Die Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland gibt es seit 2017. Sie ist ein Zusammenschluss von elf Fraunhofer-Instituten, die im Bereich der Mikroelektronik forschen. Hinzu kommen zwei Leibniz-Institute: das Ferdinand-Braun-Institut in Berlin sowie das Leibniz Institute for High Performance Microelectronics (IHP) in Frankfurt (Oder). Seit letztem Jahr arbeiten sie an den Themen Quantencomputing sowie neuromorphem Computing (QNC).
Zudem forschen die Partner seit 2022 gemeinsam an nachhaltiger, also »grüner« Informations- und Kommunikationstechnik (IKT). In beiden Bereichen bietet die FMD Förderprogramme an. Aktuell können sich kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sowie Startups für die sogenannten Deep-Tech-Accelerators bewerben und ihre Ideen verwirklichen. Aufgeteilt sind die Programme nach den beiden Forschungsbereichen: zum einen der »Green ICT Space« mit Fokus auf nachhaltiger IKT, zum anderen der »QNC Space«, der auf Quanten- und neuromorphes Computing ausgerichtet ist und für den sich auch Forschungsgruppen bewerben können.
Dr. Daniela Hübler ist promovierte Materialwissenschaftlerin und Koordinatorin sowohl für den Green ICT Space als auch den QNC Space in der FMD. Frau Dr. Hübler verantwortet die Inhalte und begleitet die eingereichten Ideen sowohl während der Bewerbungs- und Auswahlphase als auch später bei der Durchführung bis zum Projektabschluss.
Frau Dr. Hübler, können Sie den ersten Accelerator, den »Green ICT Space«, näher beschreiben? Welche Ziele verfolgen KMUs und Startups hierin?
Dr. Daniela Hübler: Das Kompetenzzentrum »Green ICT @ FMD« startete im August letzten Jahres und beinhaltet als Teilprojekt ein Förderprogramm für nachhaltige Startups und KMUs, den Green ICT Space. Bei diesem können sich Gründer sowie kleine und mittelständische Unternehmen mit ihrer Produktidee für nachhaltige IKT-Produkte bei uns bewerben. Ziel des Green ICT Space ist es, nachhaltige IKT-Hardware in Form von Demonstratoren und Prototypen für die Startups und KMUs anzufertigen. Hiermit wollen wir das Bewusstsein für eine nachhaltige Entwicklung stärken und gleichzeitig diejenigen gezielt unterstützen, die sich bereits intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen.
Der Bewerbungsprozess läuft über unsere Homepage. Interessierte müssen lediglich einen Fragebogen sowie ein kurzes Anmeldeformular ausfüllen. Für die Teilnahme am Bewerbungsprozess haben wir Kriterien hinsichtlich der Nachhaltigkeit der Geschäftstätigkeit aufgestellt. Wenn sich Startups und KMUs bereits für ein Reduzieren des CO2-Fußabdrucks, Hardware-Ecodesign, eine nachhaltige Digitalisierung, einen nachhaltigen Konsum sowie ein nachhaltiges Geschäftsmodell einsetzen, ist die erste Hürde bereits geschafft. Mindestens zwei der fünf Kriterien sollten die Bewerber erfüllen.
Was passiert, wenn ein KMU oder Startup seine Bewerbung eingereicht hat?
Unsere Experten in der Berliner Geschäftsstelle prüfen die Bewerbung anhand der festgelegten Kriterien und dahingehend, ob die Ideen mithilfe unserer Institute umsetzbar sind. Wenn ja, führen wir ein Erstgespräch mit dem Bewerber durch – die erste Bewerbungsrunde endete am 30. Juli 2023; die Erstgespräche haben wir Ende September abgeschlossen.
In den Gesprächen haben wir hinterfragt, was die Bewerber innerhalb des Projektzeitraums erreichen, welches Produkt sie bei uns entwickeln möchten und wobei wir sie unterstützen können. Ein finanzielles als auch personelles Problem ist für viele kleine Unternehmen und Startups das Nutzen von Reinräumen und der darin bereitstehenden High-Tech-Infrastruktur. Genau das ermöglichen wir den Bewerbern: ihre Produktidee an Maschinen und Anlagen auf dem aktuellen Stand der Technik in unseren Reinräumen zu entwickeln.
Wie geht es weiter, wenn mein Unternehmen ausgewählt wurde?
Nach dem Erstgespräch prüfen wir, welche FMD-Institute zum jeweiligen Unternehmen passen, und vernetzen sie miteinander. Anschließend erstellt das Unternehmen einen Projektsteckbrief, der alle Details beinhaltet, unter anderem einen Arbeitsplan und den finanziellen Rahmen. Anschließend geht es für die Bewerber in die Pitches, bei denen noch einmal alle Fragen der Jury beantwortet werden können. Die finale Auswahl erfolgt auf Grundlage des Projektsteckbriefs und des Pitchs.
Welche Art von Unternehmen möchten Sie mit dem Projekt fördern?
Es geht darum, Unternehmen und Projektideen zu fördern, die sich auf Nachhaltigkeit, reduzierten Energieverbrauch und verminderten Schadstoffausstoß fokussieren. Wir wollen Startups und KMUs unterstützen, die sich in dem Bereich stark betätigen, die etwas erreichen wollen und die sich für die Reduktion des CO2-Fußabdrucks einsetzen. Alle weiteren Kriterien für die Auswahl der Green-ICT-Space-Projekte beziehen sich auf den technologischen Reifegrad des zu entwickelnden Produktdemonstrators und des Produktes selbst, also welchen Einfluss die Technologie in Hinblick auf die Nachhaltigkeit im Bereich IKT hat.
Gerade Startups haben es oft schwer, einen passenden Markt, die passende Nachfrage zu finden. Wie unterstützen Sie diese hierbei?
Wir versuchen, das Potenzial eines Produktes zu finden und zu fördern, und sehen uns genau an, welchen Background die Teams haben. Gerade bei den Startups achten wir darauf, dass sie sich am Markt etablieren können, und empfehlen gern passende Programme, die sich dazu eignen. Wir wollen ihnen zudem einen ersten Schub geben, um auf Investorensuche zu gehen – denn die meisten Investoren fordern zuerst ein Proof-of-Concept, auf das sie ihre Investition stützen können. Und genau hier setzen wir mit den zur Verfügung gestellten Demonstratoren und Prototypen an.
Wie viele Bewerbungsrunden gibt es und wie hoch ist das Volumen der Fördersumme?
Es gibt insgesamt drei Runden, die erste ist bereits abgeschlossen, die zweite startet am 15. November 2023 und läuft bis 15. Januar 2024. Die dritte Runde startet ungefähr Mitte nächsten Jahres. Pro Bewerbungsrunde fördern wir zwei KMUs oder Startups. Als Fördersumme stellen wir bis zu 250.000 Euro bereit; insgesamt über alle Projekte hinweg sind es etwa 1,5 Mio. Euro, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung für unser Programm zur Verfügung gestellt werden.
Kommen wir zum zweiten Förderprogramm, dem QNC Space. Was darf ich mir darunter vorstellen?
Der QNC Space als Deep-Tech-Accelerator ist ein Förderprogramm für Forschungsgruppen, Startups und KMUs im Bereich Quantencomputing und neuromorphes Computing und läuft innerhalb des Vorhabens »Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland – Module Quanten- und neuromorphes Computing (FMD-QNC)«. Es ist ein Investitionsprojekt, wird ebenfalls vom BMBF gefördert und ist im Dezember letzten Jahres angelaufen. FMD-QNC ist eine Kooperation aus den FMD-Instituten sowie dem Fraunhofer-Verbund Light & Surfaces, dem Forschungszentrum Jülich und der AMO GmbH. Die Partner investieren in Maschinen und Anlagen, um zur Entwicklung der zukünftigen Hardwarebasis für neuartige Rechentechnologien beitragen zu können.
Der QNC Space richtet sich an Forschungsgruppen, Gründer und Startups sowie KMUs. Im Unterschied zum Green ICT Space werden bei diesem Förderprogramm jedoch Machbarkeitsstudien durchgeführt, da wir uns beim neuromorphen und insbesondere Quantencomputing in einer frühen Phase des Transfers in die Anwendung befinden und daher keine Demonstratoren oder Prototypen entwickelt, sondern Einzelprozesse, Prozessmodule oder Teilsysteme für die Bewerber erarbeitet werden. Ziel ist es, die Forschung und Entwicklung im Bereich des Quanten- und neuromorphen Computings zu unterstützen und zu beschleunigen, dies gilt vor allem auch für Enabling-Technologien.
Wer kann sich für den QNC Space bewerben?
Hier können sich nicht nur Startups und KMUs, sondern auch explizit Forschungsgruppen aus Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen bewerben. Besonders Forschungsgruppen sind Vorreiter in den neuesten technologischen Entwicklungen. Sie forschen in völlig neue Richtungen. Der Wissenstransfer von der Forschungsebene in die Industrie, den man hierfür benötigt, ist für die Forschende oft sehr schwer umsetzbar. Auch hier geht es auch um die Nutzung von Reinräumen, von Maschinen und Anlagen.
Wie läuft hier der Bewerbungsprozess ab?
Der Ablauf ist ähnlich wie beim Green ICT Space. Beim Erstgespräch schauen wir unter anderem, ob die gewünschten Prozesse prinzipiell auf unseren Maschinen und Anlagen umsetzbar sind. Im Matching erfolgt dann die Auswahl von passenden Partnern innerhalb unseres FMD-QNC-Konsortiums. Hier sind die möglichen Partner bzw. Institute weiter gefasst als beim Green ICT Space. Letztendlich entscheidet eine Jury nach Potenzial und Skalierbarkeit der Technologie, die sich dahinter verbirgt – in Abhängigkeit von der anvisierten Projektsumme.
Gibt es bereits Projekte, die den QNC Space durchlaufen haben?
Wir haben bereits ein Pilotprojekt durchgeführt, um den Prozess zu testen und zu implementieren. Informationen zu diesem Projekt und allen kommenden QNC-Space-Projekten werden auf unserer FMD-QNC-Website zu finden sein.
Wie kann man sich bewerben und welche Voraussetzungen sollte ein Unternehmen mitbringen?
Unternehmen können sich bis zum 15. November 2023 bewerben. Hierfür müssen sie lediglich den dafür nötigen Fragebogen ausfüllen und über die QNC-Space-Website einreichen. Wir fragen ab, in welchem QNC-Thema die Bewerber einen Prozess erarbeiten wollen und welches Ziel sie hierfür verfolgen.
Zudem fragen wir das Alleinstellungsmerkmal der angestrebten Prozesslösung und alternative Lösungsansätze ab, um bereits vor dem Erstgespräch zum einen abschätzen zu können, welche Spezifikationen erreicht werden müssen, und zum anderen, welches Potenzial dahintersteckt. Es ist möglich, dass wir den Bewerbern mehr als ein Partner-Institut zuweisen, um mehrere Prozessschritte zu erarbeiten, die dann zu einem innovativen System zusammengeführt werden können.
Wir fragen außerdem ab, welche Herausforderungen es in dem Thema gibt und welche Versuche unternommen wurden, diese zu lösen. Wir wollen damit abschätzen, wie weit die Entwicklung dahinter bereits vorangeschritten ist. Übrigens: Auch für den QNC Space wird es im nächsten Jahr eine weitere Bewerbungsrunde geben.
Green ICT Space
Wer kann teilnehmen?
Erfüllen folgender Kriterien (mind. zwei von fünf):
Drei Bewerbungsphasen:
Bewerbungszeitraum: 15. November 2023 bis 15. Januar 2024
Projektdauer: ca. ein Jahr
Fördersumme: bis zu 250.000 Euro
Zugang zur Infrastruktur der FMD-Institute zur nachhaltigen Produktentwicklung
Gemeinsames Umsetzen einer nachhaltigen Produktidee bis hin zum Demonstrator oder Prototypen
Hier bewerben: greenict.de/startups/
QNC Space
Wer kann teilnehmen?
Technologische Schwerpunkte:
Drei Bewerbungsphasen:
Bewerbungszeitraum: 15. September 2023 bis 15. November 2023
Projektdauer: ca. sechs Monate
Fördersumme: offen
Technologien im Bereich des Quanten- und neuromorphen Computings
Durchführen von Machbarkeitsstudien
Hier bewerben: www.module-qnc.de/qnc-space/