Mit der Markteinführung der Natrium-Ionen-Batterie haben chinesische Batteriehersteller, allen voran CATL und HiNa, ihre internationalen Wettbewerber etwas auf dem falschen Fuß erwischt. Entweder winkte man ab und versteifte sich darauf, nur das Segment der Hochleistungs-Batterien im Fokus zu haben, oder man sprang über das Stöckchen und versicherte, mit konzertierten Forschungsanstrengungen den Vorsprung der Chinesen aufholen zu wollen. Die Bewertung der Natrium-Ionen-Batterie durch die Diskussionsteilnehmer fällt durchaus unterschiedlich aus, doch überraschte ein Teilnehmer mit einem Statement, das man so von ihm vielleicht nicht erwartet hatte.
»Von der Energiedichte her entspricht die Natrium-Ionen-Batterie in etwa einer Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie«, so Prof. Pettinger. »Wenn ich alle Register ziehe, kann ich die Natrium-Ionen-Batterie etwa um ein Drittel günstiger herstellen.« Was die jungen Forscher an seinem Lehrstuhl motiviert, sich mit der Natrium-Ionen-Batterie zu beschäftigen, sei die Tatsache, dass Lithium ein von der Verfügbarkeit her begrenztes Material sei.
Aus Sicht von Dr. Heydecke besteht ein nennenswerter Unterschied zwischen den beiden Batteriekonzepten darin, »dass Eisenphosphat hygroskopischer ist, darauf muss man achten«. Sein Kernargument lautet aber: »Wenn ich zuvor keine Lithium-Ionen-Zellen fertigen konnte, kann ich auch keine Natrium-Ionen-Akkus herstellen!«
Er würde sich deshalb auf die Fähigkeit konzentrieren, in Europa überhaupt wettbewerbsfähige Akkus in Großserie produzieren zu können; »welche Elektroden und Elektrolyte man dann verwendet, ist letztlich nachranging«. Dass in Deutschland in den 1980er-Jahren die Forschung an der Natrium-Ionen-Batterie nicht weitergeführt wurde, hat für ihn einen ganz einfachen Grund: »Batterien hatten in den 1980er-Jahren in Deutschland keine Priorität, das war keine Kerntechnologie!«
Auf Messen, so Fluck, seien die ersten Aussteller bereits mit Natrium-Ionen-Batterien präsent, »das sind dann aber 200-Wh-Zellen, das ist nichts für Mobilitätsanwendungen«. In einer 18650- oder 21700-Zelle, so seine Überzeugung, »werden wir diese Technologie nicht zu sehen bekommen«. Für Eichhorn wären Natrium-Ionen-Zellen das ideale Material für Energiespeicher: »Dafür Lithium-Systeme einzusetzen ist viel zu schade, das sollte dort zum Einsatz kommen, wo es um höchste Energiedichten geht.« Ein Einsatz in Energiespeichern würde helfen, die politisch gewollte Energiewende voranzubringen. »Das Segment der niedrigpreisigen Elektro-Autos dagegen blendet die europäische Automobilbranche geflissentlich aus«.
Und was ist mit Solid State, fragt Isermeyer, »schließlich haben wir da ein großes Forschungscenter und einen Autohersteller, der am Einsatz interessiert ist. Lassen wir das einfach unter den Tisch fallen, weil jetzt Natrium-Ionen-Batterien auf dem Markt sind?« Dr. Heydecke würde sich für Solid State entscheiden, »weil das eine Technologie ist, die für den europäischen Markt und seine wichtigen Industriebranchen von Bedeutung ist«. »Solid State wäre die einzige Technologie, die aktuell noch höhere Energiedichten als die bekannten Lösungen liefern könnte«, so Prof. Pettinger, »allerdings würde ich«, wie er unter großem Gelächter ausführt, »angesichts meines Lebensalters in die Natrium-Ionen-Batterie investieren«!