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Der Wahnsinn ist vorbei, die Normalität hält Einzug

25. Juli 2023, 9:11 Uhr | Engelbert Hopf
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Große Abkündigungswellen von Big Playern

Eines der großen Themen, das sowohl die Diskussionsteilnehmer als auch ihre Kunden beschäftigt, ist der immer deutlich erkennbarere Rückzug der großen Vier Pansonic, Samsung, LG und Murata aus verschiedenen Anwendungsbereichen der Industrieelektronik. »Die große Abkündigungswelle, die beispielsweise Panasonic fuhr«, so Fluck, »hätte vor fünf Jahren niemand erwartet«. Zwar seien auch damals Zellen vorübergehend nicht mehr produziert worden, »aber wenn dann wieder genügend Bestellungen aufgelaufen waren«, erinnert sich Hack, »dann wurden diese Zellen halt wieder produziert«. Natürlich wird auch Verständnis für diese Maßnahme geäußert.

Wenn ich eine solche Linie umrüste, dauert das zwei, drei Tage«, schildert Isermeyer den notwendigen Aufwand, »für die Japaner und Koreaner stellt sich da schon die Frage, warum sie das noch tun sollen, wenn ihnen andere Zellen gleichzeitig eine dauerhafte Auslastung von 120 Prozent bieten«. Ein Verhalten, das natürlich dazu führt, dass sich Performance-starke Taiwanesen wie etwa Molicel oder auch die namhaften chinesischen Hersteller auf diese Batterietypen wie etwa Lithium-Ionen-Zellen der Bauformen 18650 und 21700 stürzen.

»Nein, es muss kein Markenname mehr sein«, das hört Isermeyer inzwischen immer häufiger von seinen Kunden. »Je höher die Zahl der benötigten Zellen ist, desto eher ist man bereit, einen ‚namhaften’ Asiaten einzusetzen.« Neben den Abkündigungen sind für Isermeyer auch die Preiserhöhungen der Big Four ein Grund für diese Entwicklung. »Immer weniger Kunden sind bereit, da noch mitzugehen, speziell auch vor dem Hintergrund, dass namhafte asiatische und chinesische Hersteller in den letzten Jahren niedrigere Preiserhöhungen aufgerufen haben.«

Die Zeiten, als es darum ging, die Produktion zu retten, sind inzwischen vorbei, bestätigt auch Krüger, der sich auch darüber freut, »dass die Entwicklerteams jetzt auch wieder die Zeit haben, sich mit neuen Projekten zu beschäftigen, anstatt bestehende Produkte umzudesignen, um die Produktion am Laufen halten zu können«.

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Pfeil Josef
Josef Pfeil, Dynamis Batterien: »In der Pandemie hat sich unser Warenlagerwert vervierfacht. Der Beginn dieses Jahres war noch sehr gut, inzwischen registrieren wir jedoch Auftragsrückgänge um 30, 40 Prozent gegen über dem Vorjahr.«
© Componeers GmbH

»Man hat gemerkt, dass sich die Materialverfügbarkeit wieder verbessert hat«, so Griese. »Aber man kann das nicht über einen Kamm scheren. Es gibt Kunden, da hat sich alles normalisiert, bei anderen hat man dieselben Telkos wie in den letzten zwei Jahren.« Dass nun auf einmal wieder Ware verfügbar ist, lässt aber offenbar viele Kunden erst einmal auf die Bremse treten. Angesichts sinkender Rohmaterialpreise spekuliert offenbar auch mancher Kunde darauf, mit späteren Orders Geld sparen zu können. »Es gab da durchaus Kunden, die Aufträge stornieren wollen, als sie die sinkenden Rohstoffpreise bemerkten«, schmunzelt Dr. Heydecke. »Aber so was kann auch nach hinten losgehen. Das fällt dann aber unter unternehmerisches Risiko.«
 

Es gibt kein Zurück zu den Batteriepreisen des Jahres 2019
»Nein, ich kann mir das nicht vorstellen«, legt sich Suter gleich zu Beginn über einen möglichen Rückgang der Zellenpreise auf das Niveau des Jahres 2019 fest. Aktuell deutet noch wenig darauf hin, wie auch Pfeil bestätigt: »Die Preise bei den Japanern liegen heute noch um 30 bis 100 Prozent über dem Niveau des Jahres 2019.« – »Natürlich finden es die wenigsten Kunden lustig, wenn sich durch die Preiserhöhungen bei den Zellen und der Elektronik der Preis des Packs um 20, 30 Prozent erhöht«, legt Suter nach, »aber diejenigen, die glauben, dass die Rohmaterial- und die Zellenpreise großartig zurückgehen werden, glauben auch an den Weihnachtsmann!«.

Aber gerade in der Distribution hat Eichhorn den Eindruck, »dass die chinesischen Zellenhersteller allmählich unter Druck kommen«. Einer der Gründe dafür könnte sein, dass der chinesische Heimatmarkt schwächelt und es aktuell ein Überangebot gibt. Es könne aber auch sein, so Eichhorn, »dass Kunden, die während der Pandemie chinesische Zellen qualifiziert haben, nun zu ihren japanischen oder koreanischen Herstellern zurückkehren und die Chinesen jetzt versuchen, gewonnene Marktanteile über den Preis zu halten«.

Fluck weist darauf hin, dass der chinesische Markt sehr schnelllebig sei. »Wenn chinesische Hersteller merken, dass bestimmte Zellen gut laufen, dann steigen sie da auch verstärkt ein, die Chinesen springen sehr schnell auf Trends auf«. Die Kehrseite dieser Flexibilität besteht darin, dass Kunden, die sich für eine Zelle entschieden haben, Gefahr laufen, nach zwei, drei Jahren eine EOL zu bekommen, »und dann müssen sie wieder in die Neuqualifizierung«. Bei Japanern und Koreanern sei das zumindest vor der Pandemie nicht der Fall gewesen. »Da wusste ich, ich kriege die Zelle auch noch in fünf oder zehn Jahren«, so Fluck. Er weist aber auch darauf hin, dass sich seit 2019 der regulatorische und dokumentatorische Aufwand vervielfacht habe. »Wenn dann 2027 auch noch der Batteriepass eingeführt wird, werden wohl alle Qualitätsabteilungen verdoppelt werden müssen.« Maßnahmen, die sich kostenmäßig auf jeden Fall im Kleinserienbereich bemerkbar machen werden.

»Dass die chinesischen Alternativen da sind, ist erst mal gut«, findet Griese, »das gibt uns die Möglichkeit, auch preissensitiven Kunden ein Angebot zu machen«. Er geht jedoch davon aus, dass der aktuelle Preis-Drop nur eine vorrübergehende Erscheinung ist. »Vor dem Hintergrund der allgemeinen Bedarfssteigerungen und dem, was Herr Fluck gesagt hat, gehe ich eher davon aus, dass wir dann wieder eine konstante Preisentwicklung nach oben sehen werden.«

Aus Sicht von Eichhorn werden da momentan auch politische Spielchen gespielt. »Da gibt es Angebote, Automobilherstellern die Preise des Vorjahres zu garantieren, wenn sie bereit sind, ihren Gesamtbedarf für die nächsten zwei Jahre dem oder dem exklusiv zu übertragen.« Auf diese Weise positioniere man sich am Markt gegenüber Großabnehmern. Die entscheidende Frage dabei aus seiner Sicht: »Sind das dann wirklich Marktpreise?« 


  1. Der Wahnsinn ist vorbei, die Normalität hält Einzug
  2. "Natürlich gibt es aktuell im Konsumgüterbereich eine Schwäche"
  3. Große Abkündigungswellen von Big Playern
  4. Auf Solid-State- oder auf Natrium-Ionen-Batterie setzen?

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