Serie "KI in der Baugruppeninspektion"

»Die Herausforderung liegt in der Interpretierbarkeit«

13. November 2019, 8:00 Uhr | Nicole Wörner
Dr. Thomas Wenzel, Yxlon: »Wir sehen KI - und dabei insbesondere Deep Learning - bereits im Bereich der automatischen Defekterkennung in allen Inspektionsaufgaben.«
© Yxlon

In der Inspektionsbranche spielen KI, Machine Learning, Deep Learning und Neuronale Netze ihre Stärken vor allem in der Mustererkennung aus. Dabei verdrängen sie zunehmend die klassischen Bild- und Signalverarbeitungsverfahren, wie Dr. Thomas Wenzel, Geschäftsführer von Yxlon, verdeutlicht.

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Herr Dr. Wenzel, was verstehen Sie persönlich im Umfeld der Baugruppeninspektion unter Deep Learning, Machine Learning und Künstlicher Intelligenz? Und wo liegen aus Ihrer Sicht die wichtigsten Unterschiede?

Dr. Thomas Wenzel: Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Oberbegriff für alle Systeme, die in der Lage sind, menschliches Lernverhalten nachzuahmen. Machine Learning (ML) bezeichnet einen Unterbereich der KI und beschreibt mathematische Vorgehensweisen, die einer Maschine erlauben, möglichst selbstständig Wissen aus Daten und Informationen zu generieren. Deep Learning (DL) wiederum ist eine Klasse von ML-Verfahren, die auf Neuronalen Netzen basieren. Diese sind inspiriert von der Funktionsweise des menschlichen Gehirns, in dem Neuronen Wissen in Form von Verbindungen „erlernen“ und „abspeichern“. Dies erfolgt bei neuronalen Netzen mit sehr großen Datenmengen, die benötigt werden, um die Wissensbasis aufzubauen. Ein Unterscheidungsmerkmal zu benennen, ist daher nicht möglich. Vielmehr ist das eine die Spezialisierung des anderen.

Künstliche Intelligenz spielt in allen technischen Anwendungsbereichen eine zunehmend wichtige Rolle. Insbesondere das Machine Learning unter Einsatz des Deep Learnings mit neuronalen Netzen ist in allen Anwendungen der Mustererkennung auf dem Vormarsch. Sie verdrängen dabei zunehmend die klassischen Bild- und Signalverarbeitungsverfahren, die auf deterministischen Operationen wie z. B. linearen und nichtlinearen Faltungen aufgebaut sind. Insbesondere wenn die Aufgabe darin besteht, Abweichungen zu identifizieren, die a-priori nicht als Abweichung vorgegeben waren, spielen die ML-Verfahren ihre Stärken aus. Was als Muster auftritt und per se keine Abweichung darstellt, geht in den klassischen Ansätzen meist unbeachtet verloren.

Welche Möglichkeiten eröffnen diese Technologien in der Baugruppeninspektion?

Wir sehen zwei wesentliche Anwendungen für Verfahren der KI in der Baugruppeninspektion, aber darüber hinaus auch in anderen Inspektionsbereichen wie etwa der Gussteileinspektion. Zum einen ist hier die automatische Defekterkennung zu nennen - im Bereich der röntgenbasierten Baugruppeninspektion mit AXI, Automated x-ray inspection, bezeichnet. Zunehmend einfachere Lernverfahren ermöglichen ein schnelles Training und eine schnelle Anpassung an sich verändernde Aufgaben und schaffen immer robustere Lösungen. Der andere Anwendungsbereich adressiert nicht die Inspektion einer einzelnen Leiterplatte, sondern findet eine Ebene höher statt, nämlich auf der Prozessebene. Hier geht es darum, Veränderungen im Prozess zu identifizieren: Was ändert sich von Baugruppe zu Baugruppe? Welche Muster sind in diesen Veränderungen zu erkennen? Diese Fragestellungen sind ideal für Deep-Learning-Verfahren geschaffen.

Veränderungen im Prozess, insbesondere Trends, die eine Verschlechterung der Qualität andeuten, können damit zu einem frühen Zeitpunkt erkannt werden. Ein proaktives Gegensteuern, bevor kritische Abweichungen oder sogar Ausschuss entsteht, wird möglich. Ein Inspektionssystem geht damit in eine Veränderung hinein und wird zum smarten Sensor, der wichtige Informationen für die optimale Prozesssteuerung liefert.

Wo werden Deep bzw. Machine Learning und KI bereits eingesetzt?

Wir sehen KI - und dabei insbesondere DL - bereits im Bereich der automatischen Defekterkennung in allen Inspektionsaufgaben. Weil die Anforderungen an die Prüfung einer ständigen Änderung unterworfen sind und die Anzahl an Prüfaufgaben jeden Tag enorm wächst, sind die DL-Verfahren durch ihre relativ einfache Anpassbarkeit im Vorteil zu den klassischen Bildverarbeitungsmethoden.
Die Bereiche, mit denen auch jeder Verbraucher immer konfrontiert wird, sind die Sprach- und Gesichtserkennung, die ein großer Teil der Mobilfunkbenutzer täglich verwendet. Mit dem Ergebnis einer Verhaltensanalyse müssen wir uns als Internetnutzer täglich auseinandersetzen, wenn wir eine Reihe von „idealen“ Produkten präsentiert bekommen. All das basiert auf dem Einsatz von KI.
 


  1. »Die Herausforderung liegt in der Interpretierbarkeit«
  2. Auf dem Weg zu selbstregelnden Prozessen

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