Medizinische Kunst- und Werkstoffe

Implantatschrauben wandeln sich zu Knochen

2. Oktober 2023, 9:05 Uhr | Ute Häußler
Die neuen Knochenschrauben vermeiden eine zweite Operation bei Frakturen, Pseudarthrosen, Fehlstellungen und Arthrodesen in der Hand- und Fußchirurgie.
© DZIG

Hand oder Fuß gebrochen? Neuartige Schrauben aus menschlichem Knochengewebe werden als Implanat während der Heilung in eigene Knochen umgewandelt - Frakturen heilen stabil und eine zweite OP zum Entfernen von Metallteilen entfällt.

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Die Shark Screws des gemeinnützigen Deutschen Instituts für Zell- und Gewebeersatz (DIZG) sind Schrauben aus allogenem Knochen für die Orthopädie und Unfallchirurgie.

Brüche, Fehlstellungen oder Arthrodesen - um die Heilung von Knochen an Händen, Füßen oder auch der Schulter zu unterstützen, können Schrauben, beispielsweise aus Titan, eingesetzt werden. Die müssen nach der Heilung aber wieder entfernt werden, der Patient muss zweimal in den OP.

Körper absorbiert und re-modelliert Implantat

Im Gegensatz zu Schrauben aus Metall ist die aus gespendetem Knochengewebe hergestellte Shark Screw wie körpereigene Knochen dem natürlichen, ständigen Knochenstoffwechsel ausgesetzt. Die neuartigen Transplantatschrauben menschlichen Ursprungs werden nach dem Einbringen in den Knochen von körpereigenen Zellen besiedelt, durchwachsen und im Zuge des natürlichen Knochenumbauprozesses sukzessive in patienteneigenen Knochen umgewandelt. Der Umbau geschieht innerhalb weniger Wochen bis Monate.

»Durch diesen biointelligenten Prozess entstehen Knochenstrukturen, welche die Fähigkeit besitzen, sich ständig den mechanischen Anforderungen anzupassen,« sagt Jürgen Ehlers, Geschäftsführer des DIZG. Mögliche Komplikationen, die durch Metalle im Körper ausgelöst werden können, werden ausgeschlossen. Für Patienten entfallen somit eine zweite Operation zur Metallentfernung und die damit verbundenen Risiken.

Natürliche Knochenstrukturen fördern Umbau

Intakte Havers-Kanäle und Volkmann-Kanäle prägen die Struktur jeder einzelnen KNochenschraube. Die natürliche Architektur mit ihrem Kanal- und Höhlensystem stellt ein Leitsystem für Zellen und Zellflüssigkeiten während der Heilung dar. Durch den Gewindeschnitt im Empfängerknochen entsteht eine große aktive Knochenoberfläche. Diese Oberfläche und die Struktur der Schraube bieten Zellen, Botenstoffen und Hormonen Platz zur Besiedelung des Implantats und somit die Möglichkeit einer schnellen Integration der Schraube durch entsprechendes Remodelling.

Nach Einbringung in den Empfängerknochen quellen die Shark Screws durchschnittlich um 2 Prozent und sorgen dadurch für eine noch rotationsstabilere knöcherne Verbindung. Jürgen Ehlers sagt stolz: »Mit der Shark Screw bieten wir Ärzten ein Transplantat menschlichen Ursprungs, das einen natürlichen Heilungsweg ermöglicht.« (uh)

 

Über das DIZG

Das gemeinnützige Deutsche Institut für Zell- und Gewebeersatz (DIZG) ist ein Hersteller humaner Knochen- und Weichgewebetransplantate mit Sitz in Berlin und zählt zu den größten pharmazeutisch und biotechnologisch orientierten Non-Profit-Einrichtungen in Europa. Als einzige Einrichtung deutschlandweit stellt die NPO zudem Kliniken sowie Verbrennungszentren autologe Zellkulturen für die lebensrettende Versorgung Schwerstverletzter bereit. Aus diesem Grund fördert das Institut die Gewebespende und entwickelt die Vielfalt der Transplantate mit einer eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilung stetig weiter. Seit seiner Gründung im Jahr 1993 hat das DIZG rund 730.000 allogene Gewebetransplantate für medizinische Behandlungen abgegeben.

 


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