Genauere Diagnose dank KI: Die Kombination von Risikomarkern, systematischen MRT-Analysen und Algorithmen kann helfen, bösartige Veränderungen der Prostata präziser als bisher vorherzusagen. Bei Männern mit geringem Risiko könnte mit der neuen KI-Methodik die Hälfte aller Gewebeentnahmen entfallen.
Für Männer der Albtraum schlechthin: Erhöhte PSA-Werte. Das prostataspezifische Antigen gilt als Marker für Prostatakrebs, Krebszellen schütten ein Vielfaches davon aus wie gesunde Zellen. Wird also bei der Vorsorge eine unnormal hohe Konzentration nachgewiesen, steht zur genaueren Abklärung ein MRT an. Die »multiparametrische MRT« kombiniert verschiedene Aufnahmeverfahren und liefert dadurch sehr detaillierte Bilder. Endgültige Gewissheit liefert aber erst eine Gewebeentnahme aus der Prostata.
Der Krebs der Vorsteherdrüse ist in Deutschland bei Männern die häufigste Krebsart und nach Lungenkrebs die zweithäufigste Todesursache infolge Krebs. |
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Die sogenannte Biopsie ist eine kleine Operation, bei der Gewebeproben aus der Prostata entnommen werden. Der invasive Eingriff birgt damit auch Risiken: In seltenen Fällen treten Infektion oder Blutungen auf, eventuell muss der Patient ins Krankenhaus. Ärzte forschen daher ständig nach Methoden, das Krebsrisiko nichtinvasiv einzuschätzen und die Risikovorhersage zu verbessern. Heute schätzt meist ein Kalkulator, der neben PSA-Wert, Alter und Prostatavolumen auch per PI-RADS systematisch befundete MRT-Bilder einbezieht, die Wahrscheinlichkeit für ein Prostatakarzinom. Eine neue Möglichkeit bietet sich mit Künstlicher Intelligenz.
»Unser Ziel ist, diejenigen Männer herauszufiltern, die nur ein minimales Krebsrisiko haben. Ihnen könnte man die Gewebeentnahme ersparen oder zumindest um einige Zeit aufschieben«, |
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sagt David Bonekamp, Radiologe am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). |
Männer dagegen, bei denen mit hoher Wahrscheinlichkeit Prostatakrebs vorliegt, profitieren von der Biopsie, da der Krebs früh erkannt werden kann.
Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Urologischen Universitätsklinik Heidelberg nutzten für eine retrospektive Studie mit Daten von 1627 Männern einen eigens entwickelten Algorithmus. Die DKFZ-KI wurde mit den MRT-Aufnahmen von über 1000 dieser Männer trainiert. An den übrigen etwa 500 Datensätzen erprobten die Forscher, ob ihr KI- Risikokalkulator Prostatakrebs genauer vorhersagen kann.
Ersetzte die KI-Berechnung den PI-RADS-Werte in der Risikokalkulation, bleiben die Ergebnisse nahezu wie bei der aktuellen Diagnosemethode. Die Kombination von KI und PI-RADS dagegen war erfolgreich und diagnostizierte bei der Hälfte aller einer Biopsie unterzogenen Männern nur ein sehr geringes Krebsrisiko.
»Das heißt, die Kombination von Deep Learning und radiologischer Befundung hätte theoretisch fast die Hälfte der Biopsien vermeiden können, ohne eine relevante Zahl an Tumoren zu übersehen«, |
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sagt Adrian Schrader vom DKFZ, Erstautor der aktuellen Studie. |
Die DKFZ-Radiologen schließen aus der Studie, dass die Daten der Deep-Learning-basierten KI und das bewährte PI-RADS-Verfahren sich ergänzen und in Kombination das tatsächliche Krebsrisiko besser einschätzen. Sprich: Sobald weitere Studien den Nutzen der KI-Methode bestätigen sowie Nachteile ausschließen, kann die Diagnose-KI gegen Prostatakrebs die weiterführende Untersuchung verbessern - und eventuell jede zweite Biopsie überflüssig machen. (uh)