Neuartige Technologie für die Krebstherapie: Ein ultrakompakter Elektronenbeschleuniger, kleiner als ein Millimeter, könnte per Laser-Endoskop bald Tumore direkt im Körper bestrahlen. Die lichtbasierte Methode verspricht eine schonendere und effektivere Behandlung mit minimalen Nebenwirkungen.
Strahlentherapie ist ein wichtiger Pfeiler in der Krebsbehandlung. Aktuelle Behandlungsmethoden für tiefliegende Tumore setzen meist auf Bestrahlung von außen, bei der auch gesundes Gewebe Schaden nimmt: Ein Forschungsprojekt des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) verspricht nicht weniger als einen neuartigen Ansatz im Kampf gegen Krebs. Das Strahlentherapie-Projekt »Ultracompact electron accelerators for internal radiotherapy« (UCART) zielt darauf ab, einen winzigen Elektronenbeschleuniger für die Tumorbehandlung direkt in den Körper einzuführen. Das »unkonventionelle Forschungsvorhaben« wurde in das Wildcard-Programm der Carl-Zeiss-Stiftung aufgenommen und erhält eine Förderung von 900 000 Euro.
»Wir verwenden hochintensives Laserlicht, um Elektronen über kürzeste Distanzen auf Lichtgeschwindigkeiten zu katapultieren«, erklärt Professor Matthias Fuchs vom Institut für Beschleunigerphysik und Technologie (IBPT) des KIT. Diese Elektronen werden dann direkt auf den Tumor gelenkt, um diesen zu zerstören. Der neue Ansatz ist unter anderen auch deshalb so vielversprechend, da bestehende Bestrahlungsapparate zunehmend an ihre Grenzen geraten und und die Möglichkeiten sie zu verbessern, weitgehend ausgeschöpft sind.
Basis des neuartigen Mechanismus: Die lichtgetriebene Elektronenbeschleunigung ermöglicht eine Verkleinerung der Beschleuniger-Technik um mehr als das 1000-fache, von derzeit etwa einem Meter auf weniger als einen Millimeter. Übrig bleibt ein kompaktes Gerät, kaum breiter als ein Haar. Damit kann die Strahlenquelle per Endoskop in den menschlichen Körper eingeführt werden.
Die neue Methode zeigt nach Angaben der Forschenden gleich mehrere Vorteile gegenüber konventionellen Strahlentherapien bei Krebs:
»So könnten Tumore direkt und hochpräzise von innen bestrahlt werden, ohne gesundes Gewebe in Mitleidenschaft zu ziehen – eine völlig neue Herangehensweise.« |
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Professorin Anke-Susanne Müller vom IBPT des KIT |
Die Technologie ermögliche zudem eine hochdosierte Therapie mit ultrakurzen, sehr intensiven Ladungs- bzw. Strahlendosis-Pulsen. Müller stellt in Aussicht, dass dann ein einziger Behandlungstermin für die Therapie ausreicht. Erste Tests der Hochdosisleistungstherapie hätten zudem gezeigt, dass zum Beispiel das Immunsystem durch diese Art der Bestrahlung mobilisiert werde und besser auf Metastasen reagiere.
Derzeit braucht es allerdings noch Grundlagenforschung, um offene Fragen zu klären. Hier sind Anke-Susanne Müller mit ihrer Erfahrung in der Beschleunigerphysik und Matthias Fuchs als Experte für Hochleistungslaser gefragt. Oliver Jäkel vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) bringt wiederum seine Expertise aus der Medizinphysik ein, wenn es darum geht, die Technologie für die Strahlentherapie zu optimieren und in medizinische Geräte zu integrieren.
Bisher ist eine Strahlentherapie in vielen Teilen der Welt bedingt durch die benötigte Infrastruktur und die hohen Kosten schlicht nicht möglich. Selbst wenn einige wenige Bestrahlungsgeräte vorhanden seien, reichen diese aufgrund der steigenden Lebenserwartung und zunehmenden Anzahl an Tumorerkrankungen meist nicht aus.
Ziel ist daher ein kompaktes Bestrahlungsgerät, das deutlich weniger Platz, Wartung und auch Strom benötigt als derzeitige medizinischen Geräte. Dies könnte eine kostengünstige Produktion ermöglichen und Strahlentherapien weltweit besser zugänglich machen, so die langfristige Vision des Forschungsteams.
Das neuzuentwickelnde Medizingerät soll dazu so einfach wie ein Röntgengerät zu bedienen sein, um seine Vorteile in in lokalen Arztpraxen und Entwicklungsländern voll auszuschöpfen damit Krebsbehandlungen weltweit öfter zu behandeln.
In den nächsten zwei Jahren plant das Forschungsteam die Konstruktion eines ersten Demonstrators. Anschließend sollen in Zusammenarbeit mit Industriepartnern präklinische Studien durchgeführt werden, um den Weg für die klinische Anwendung zu ebnen. (uh)