Marktgerechte Gehälter – damit tun sich kleinere Unternehmen schwerer als Konzerne, vor allem wenn sie im ländlichen Raum sitzen, wo nicht nur die Lebenshaltungskosten, sondern eben auch die Gehälter niedriger sind als etwa in München oder Stuttgart. Das eine oder andere Unternehmen habe es verpasst, seine Gehälter an Markt und IG-Metall-Tarif anzupassen; diese bekämen nun »ordentlich Probleme«, berichtet Renate Schuh-Eder.
So habe sie kürzlich erst wieder ein Briefing erhalten, einen Applikationsingenieur für 60.000 Euro und mit mindestens 5–7 Jahren Berufserfahrung zu finden. »Das ist irrwitzig, wenn man weiß, dass Einstiegsgehälter von Ingenieuren nach der Uni zwischen 52.000 und 58.000 Euro liegen.« Aber wie bringt man einen Ingenieur von München nach Pfarrkirchen? »Sie müssen mit anderen Highlights punkten, sei es mehr Verantwortung, flexiblere Arbeitszeiten, die kurzen Anfahrtswege«, erklärt Thomas Hegger. Also mit dem Gesamtpaket.
Hier sieht Rohrmeier ohnehin »mehr Flexibilität« bei den Unternehmen: Zusatzleistungen wie Firmenwagen auch für Spezialisten, Flexibilität in Arbeitszeit und -ort bis hin zum komplett auf Vertrauen aufgebauten Arbeitsverhältnis – alles ist möglich. »Unternehmen sind offener geworden bei Nebenleistungen und Einmalzahlungen wie Budgets für Wohnung, Umzug oder ggf. auch beim Firmenwagen« bestätigt Thomas Hegger. Ein attraktives Gesamtpaket locke Spitzenkräfte auch in weniger zentrale Gebiete, davon ist auch Nils Prüfer überzeugt: »Die Gehälter sind heute ein wichtiges, aber nicht mehr das wichtigste Kriterium für einen Stellenwechsel; erst ein attraktives Gesamtpaket lockt Spitzenkräfte auch in weniger zentrale Gebiete.«
Es sei dabei wichtig, dass Unternehmen neben den klassischen Führungskarrieren auch die Möglichkeit für Fach- und Projektkarrieren anböten. Besonders die Themen Verantwortlichkeiten, Freiheitsgrade (wie beispielsweise Forschungsbudgets) und Flexibilität beeinflussten die Stellenwahl, weiß der Berater. Und Wertschätzung, die ein Unternehmen am besten über flexible Vergütungs- und Zusatzleistungen ausdrücke, orientiert an den persönlichen Bedürfnissen der Top-Leister.
Nils Prüfer ist Principal der Kienbaum Consultants International GmbH und Experte für Compensation & Performance Management. Er sagt: »Speziell bei technischen Spezialisten zeigt sich immer wieder, dass die „Story“ passen muss. Wenn das Unternehmen einen Innovationsvorsprung hat und spannende Produkte entwickelt, ist das meistens für die Spezialisten entscheidend.« Ein Beispiel dafür sei die Leistungselektronik: »Wenn die gebotenen Gehälter eher durchschnittlich sind, für die Kandidaten jedoch das Umfeld – wie Innovationsvorsprung, spannende Produkte – stimmt, nehmen sie neue Herausforderungen trotzdem gern an.«