Stotternder Chips for America Act

Warum die USA hinterherhinken

13. Juli 2022, 8:40 Uhr | James A. Lewis, Center for Strategic and International Studies
© Republica 7 Pixabay

Wegen der Chipkrise und der gestörten Lieferketten haben viele Staaten beschlossen, mithilfe von Subventionen einen Teil der Halbleiterfertigung aus Ostasien in ihre Regionen zurückzuholen. Doch die USA hinken hinterher und drohen den Anschluss zu verpassen.

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Bekanntlich hat China Hunderte von Milliarden US-Dollar in den Aufbau seiner eigenen Halbleiterindustrie investiert und weitere Milliarden zugesagt. Taiwan gibt 120 Milliarden US-Dollar für den Bau von zwanzig neuen Werken aus, darunter vier hochmoderne Fabs für Halbleiter, und hat bereits den ersten Spatenstich für die neuen Fertigungsstätten vollzogen. Japan und Korea haben Subventionen bewilligt.

Sogar die Europäische Union hat in ihrem eigenen Chips Act, einer Kopie der US-Gesetzgebung, Subventionen in Höhe von 46 Milliarden US-Dollar genehmigt, und Mitgliedsstaaten wie Deutschland haben weitere Milliarden bereitgestellt. Nur ein Land hinkt hinterher: die Vereinigten Staaten. Dies macht die Förderung der Halbleiterindustrie zu einer Frage der nationalen Sicherheit.

US-Chiphersteller sollten weiterhin in China investieren dürfen

Zwar hat der Kongress zwei Chips Acts verabschiedet. Leider weisen die beiden Gesetzentwürfe große Unterschiede auf, die noch im Rahmen von Beratungen geklärt werden sollten. Die Differenzen sind allerdings groß. Der erste Punkt ist die Frage der Investitionen in China. Einige Abgeordnete sind der Meinung, dass jedes Unternehmen, das Mittel aus dem Chips Act erhält, auf künftige Investitionen in China verzichten sollte. Mit Blick auf die nationale Sicherheit ist dies nicht sinnvoll.

Der dabei oft angeführte Vergleich mit dem Kalten Krieg hinkt: Im Kalten Krieg gab es eine klare Trennung zwischen den westlichen Demokratien und den kommunistischen Staaten, einen »Eisernen Vorhang«. Sie trieben nur sehr eingeschränkt Handel miteinander. Es gab zwei völlig getrennte Blöcke. Mit China lässt sich diese Zweiteilung nicht mehr reproduzieren. Die Volkswirtschaften der USA und Chinas sind zu eng miteinander verflochten, der Weltmarkt ist zu stark vernetzt. Außerdem werden andere Länder Verkäufe oder Investitionen mit geringem Risiko auf dem chinesischen Markt nicht boykottieren.

Angesichts der wechselseitigen Verflechtungen mit China sollten Transfers aus den Vereinigten Staaten weiterhin zugelassen werden. Der Verkauf von Standardchips oder Chips sogar teilweise in China zu fertigen, bedroht die nationale Sicherheit nicht. Die US-Ausfuhrkontrollen verhindern den Transfer von hochmoderner Fertigungsausrüstung, die für den Betrieb hochmoderner Fabs in China benötigt wird. Allerdings gibt es andere Bereiche der Chipfertigung, die weder hochmodern sind noch die nationale Sicherheit bedrohen, beispielsweise die letzten Prozessschritte wie Test und Packaging. Diese profitieren davon, dass sie in der Nähe der chinesischen Kunden angesiedelt sind (und China ist der größte Abnehmer von Chips weltweit).

US-Unternehmen daher Chips verkaufen und Investitionen tätigen dürfen, die keine Risiken mit sich bringen, indem sie die chinesische Chipindustrie direkt unterstützen (was die meisten nicht tun), um mit chinesischem Geld die amerikanische Chipindustrie zu stärken. Neue Investitionen zu blockieren, schadet nur den US-Unternehmen und überlässt den chinesischen Markt anderen.

Hohe Auflagen bei Subventionen als Hindernis

Der zweite Unterschied besteht in den verschiedenen Auflagen, an die die Subventionen im Gesetzentwurf des Repräsentantenhauses geknüpft sind. Der Gesetzentwurf des Repräsentantenhauses enthält zusätzliche Bestimmungen über die Höhe der Finanzierung, Handel, Investitionen und Beschäftigung. Dies mögen alles lobenswerte Bestrebungen sein, und wenn die US-Subventionen die einzige Finanzierungsquelle wären oder wenn die Halbleiter nicht in einer globalen, über viele Länder verteilten Lieferkette hergestellt würden, könnten die Unternehmen diese Bedingungen akzeptieren.

Andere Länder stellen nur deshalb Auflagen, damit die Fördermittel für die Schaffung neuer Fertigungsstätten und Arbeitsplätze in ihrem Land verwendet werden. Und da diese Staaten das Geld ohne Bedingungen bereitstellen, werden sie als Standort für neue Fabs noch attraktiver. Die Bedingungen des Repräsentantenhauses verringern den Wert der Subventionen und machen es für die Unternehmen rentabler, woanders zu bauen.

Weitere Verzögerungen schaden der US-Chipindustrie

Die Verabschiedung des Chips Act kann nicht bis zum nächsten Jahr hinausgeschoben werden – andere Regierungen bieten jetzt schon Finanzhilfen an. Fabs zu bauen, dauert drei Jahre. Die Chiphersteller müssen bald entscheiden, wo sie bauen wollen, um die steigende Nachfrage zu befriedigen und den Engpass bei Chips zu beenden, und sie werden außerhalb der Vereinigten Staaten bauen, wenn es dort Subventionen gibt. Der Hauptgrund dafür, dass der Anteil der USA an der weltweiten Chipfertigung auf zwölf Prozent gesunken ist, ist die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten es versäumt haben, ihre Produktion zu subventionieren, während andere Länder nicht so zurückhaltend waren.

Wenn der Chips Act nicht bald verabschiedet wird, bedeutet dies, dass die Möglichkeit, in den USA in Fertigungskapazitäten für Chips zu investieren, jahrelang auf den nächsten Investitionszyklus warten muss, dass der Preis für die Aufholjagd höher sein wird und dass es möglicherweise nicht einmal möglich ist, den Verlust dieses Industriezweigs zu vermeiden (so wie die USA die Telekommunikationsindustrie verloren haben). Die Vereinigten Staaten wollen eine Situation vermeiden, in der sie von ausländischen Bezugsquellen für Halbleiter, einschließlich eines zunehmend verwundbaren Taiwan, abhängig werden.

Einige lehnen es ab, wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen zu subventionieren. Dieses Problem gab es in keinem der Machtkämpfe des zwanzigsten Jahrhunderts mit autoritären Regimen und trägt dazu bei, dass die Vereinigten Staaten diese gewonnen haben. Im Zweiten Weltkrieg baute die US-Regierung Fabriken und Anlagen, um die Voraussetzungen zu schaffen, um den Krieg zu gewinnen. Nach dem Sieg wurden diese Fabriken an private Unternehmen veräußert, oft zu einem geringen Preis.

Die Regierung und der Kongress von 1941 hatten ein klares Gespür für die Dringlichkeit und erkannten die Bedrohung. Dieses Verständnis für die Dringlichkeit scheint heute in der Auseinandersetzung mit China manchmal zu fehlen. Der Kongress muss den Chips Act noch vor der Parlamentspause im August verabschieden, sonst werden die Vereinigten Staaten bei den Chips noch weiter zurückfallen. Dies würde sowohl die nationale Sicherheit als auch die Wirtschaft der USA gefährden.

James A. Lewis ist Senior Vice President und Direktor des Programms für strategische Technologien am Center for Strategic and International Studies in Washington, D.C.  Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des CSIS. Den Originaltext finden Sie hier.


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