STMicroelectronics

»Unsere Strategie funktioniert!«

14. Februar 2020, 12:11 Uhr | Iris Stroh

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Erwartungen an das Jahr 2020

Mobileye ist einer der Großkunden von ST.

Ja, Mobileye ist ein wichtiger Kunde für ST. Das Unternehmen ist Marktführer, wenn es um Vision-basierte Systeme für Fahrzeuge geht, sprich: für Fahrerassistenzsysteme. Dieses Unternehmen hat einen sehr hohen Marktanteil. Wir entwickeln Vision-Prozessoren zusammen mit Mobileye, und das seit vielen Jahren. In Bezug auf die EyeQ-Einführung geht die EyeQ4-Plattform in Produktion, EyeQ5 ist in der Entwicklung und die nächste Generation ist in Vorbereitung. Das sind sehr wertige Produkte für die Automobilindustrie mit starken Wachstumsraten, getrieben durch die Zunahme von Fahrerassistenz-Systemen und dem Trend zu teilautonomem Fahren.

Aber wieso tritt Mobileye als Kunde auf, ST fungiert ja nicht nur als Foundry, sondern in den Prozessoren steckt ja auch IP von ST drin, oder?

Beides, wir fertigen die Chips, wobei die neuesten Generationen nicht mehr bei uns gefertigt werden, sondern von anderen Foundry-Partnern. Wir machen aber die Integration, und die ist sehr komplex. Unsere Partnerschaft ist über viele Jahre gewachsen, vom Foundry-Partner über Entwicklungspartner bis hin zum Integrationspartner. Das Geschäftsmodell sieht so aus, dass wir unsere Produkte an Mobileye liefern und Mobileye realisiert das System und bietet diese Systeme Endkunden an. Diese Systeme weisen eine sehr große Softwarekomponente auf, und das ist die Kernkompetenz von Mobileye.

Die Partnerschaft hat sich durch die Übernahme von Mobileye durch Intel nicht verändert?

Nein, warum auch? ST hat sehr viel Erfahrung im Automobilbereich, wir kennen uns mit funktionaler Sicherheit aus, wir kennen die spezifischen Anforderungen der Automobilindustrie sehr genau, wir sind Security-Spezialisten und diese Expertise können wir einbringen und diese wird auch geschätzt.

Sie haben betont, dass STMicroelectronics ein IDM ist. Wie hoch ist denn der Anteil, den ST selbst fertigt?

Ja, wir sind ein IDM, das heißt: Wir investieren in eigene Fertigungsanlagen und auch in eigene Technologieentwicklungen. Wir machen 80 Prozent unsere Front-End-Fertigung im Haus. Im Assembly- und Testbereich sind es ungefähr 70 Prozent. Diese Basis wollen wir auch weiter so behalten. Und dass dieser Teil der Strategie auch funktioniert, bestätigen ebenfalls die Ergebnisse von 2019.

Was erwarten Sie denn von diesem Jahr?

Wie sich der Markt kurzfristig entwickelt, ist sehr schwer vorherzusagen. Wenn es um eine Trend-Vorhersage für die nächsten vier oder fünf Jahre ginge, wäre das weniger ein Problem, denn die herrschenden Megatrends sind gut erkennbar. Egal ob es um die Digitalisierung, Elektrifizierung, Connectivity, den gesamten IoT-Bereich oder um 5G-Infrastruktur geht, diese Trends bestehen, sie sind sehr solide, stellen gute Wachstumstreiber dar und geben langfristig durchaus Grund zu Optimismus. Was 2020 anbelangt, wird es schwieriger. Die Marktforschungsinstitute gehen davon aus, dass sich der Markt positiv entwickeln wird. Geht es um unseren adressierbaren Markt, dann wird ein Wachstum in Richtung 7 oder 8 Prozent prognostiziert. Aber wir haben nach wie vor viel Dynamik im Markt, die makroökonomischen Perspektiven und bekannten Themen wie beispielsweise der Handelsstreit zwischen USA und China oder der potenzielle Einfluss des Coronavirus müssen sehr genau beobachtet werden.

Grundsätzlich sind wir aber optimistisch für 2020. Denn neben den intakten Megatrends kommt noch hinzu, dass die aufgebauten Lagerbestände mittlerweile abgebaut wurden. Wir sind aus dem Boomjahr 2018 gekommen, was zu hohen Lagerbeständen geführt hat. Das musste erst einmal im Jahr 2019 verdaut werden. Aber diese Prozesse sind abgeschlossen. Natürlich gibt es spezifische Themen, auch wenn man das regionale Bild betrachtet. Europa hinkt vom Wachstum her etwas hinterher, aber das ist eine Momentaufnahme, das wird sich über das Jahr verbessern. Dann gibt es spezifische Themen und Aspekte, die sich auf Einzelsegmente auswirken. Beispielsweise sind die Lagerbestände und die Nachfragedynamik im Industriebereich sehr unterschiedlich, hier ergibt sich ein sehr fragmentiertes Bild. Aber im Großen und Ganzen sind wir sehr optimistisch. Man muss sehen, wie sich beispielsweise gesetzliche Regelungen oder auch Förderprogramme auf den Markt auswirken. Das gilt speziell für den Automobilbereich.

Automotive war 2019 sehr schwierig, die Neuzulassungen sind ziemlich drastisch zurückgegangen, man spricht von 5 Prozent, in China sogar von 8 Prozent. Wir erwarten nicht, dass das dieses Jahr anders wird, sprich: dass sich an den Produktionszahlen bzw. Neuzulassungen viel ändern wird. Wir gehen eher von einem flachen Markt aus. Wobei das Wachstum von den einzelnen Applikationssegmenten abhängt. Es gibt Applikationen, deren Wachstum 1:1 von den Zulassungszahlen abhängt, und es gibt Bereiche, die davon unabhängig sind. Zu den ersteren gehören traditionelle Applikationen wie Airbag, Motormanagement, Getriebe oder Body-Elektronik. Aufgrund der Abhängigkeit von den Neuzulassungen gehen wir in diesen Applikationen davon aus, dass der Umsatz in diesem Jahr nicht wachsen wird. Und diese Anwendungen sind nach wie vor global betrachtet noch der größere Umsatzanteil im Automobilmarkt. Damit ist auch Ihre Frage beantwortet, warum sich der Geschäftsbereich ADG 2019 nicht so gut entwickelt hat: Der Umsatzanteil, den wir mit traditionellen Applikationen machen, ist immer noch der dominierende Anteil. Dabei handelt es sich um Halbleiter, die zum Teil schon seit Jahren in Produktion sind, sprich: hier ist auch über die Produktivität nicht mehr viel rauszuholen, der Kostendruck besteht aber weiter. Das hat dann Einfluss auf die Profitabilität, und damit ergibt sich die schlechtere operative Marge in dem Bereich. Wir sind aber überzeugt, dass es ein kurzfristiges Problem war. Zum einen nimmt der Anteil an unserem Automotive-Geschäft mit innovativen Anwendungen wie ADAS zu, zum anderen haben wir auch unsere Hausaufgaben gemacht und unsere Kapazitäten entsprechend angepasst, und zusätzlich investieren wir natürlich in die Entwicklung innovativer neuer Produkte und Lösungen. Das heißt, dass wir hier kein langfristiges Problem sehen, sondern dass dieses Problem in diesem oder spätestens im nächsten Jahr gelöst sein wird.

In der Summe gehen wir davon aus, dass der weltweite Halbleitermarkt 7 bis 8 Prozent wachsen wird.

Und wie sieht es mit Europa aus?

Eine zentrale Frage für Europa und Deutschland ist z.B.: Wie entwickelt sich die Investitionslage für Fabrikanlagen? Die Antwort darauf wird 2020 prägen, und ehrlich: Auf diese Frage haben wir keine Antwort. Wir sind zwar optimistisch, aber im Einzelnen ist das schwer abzuschätzen. Wobei klar ist, dass die Forecasts der Analysten für Europa nicht 1:1 auf unseren ST EMEA Footprint anwendbar sind. In der Summe, über Automotive und Industrie gerechnet, gehen wir von einem Marktwachstum von 3 bis 4 Prozent aus, wobei Automotive etwas mehr als der Industriebereich zulegen wird.

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