Die GaN-Technologie bietet auch eine Reihe von Integrationsmöglichkeiten, die über den Funktionsumfang von Einzelbauelementen hinausgehen. Durch die laterale Struktur lassen sich mehrere Bauelemente nebeneinander auf einem Chip integrieren. Damit können Schaltungsteile oder ganze Leistungstopologien auf einem Chip vereint werden, für die bislang eine aufwendige, kostenintensive Modultechnik notwendig war. Darüber hinaus führt die monolithische Integration von GaN-Komponenten zu einem weiteren Entwicklungsschub, da die direkte Verdrahtung auf dem Chip parasitäre Effekte wie Zuleitungsimpedanzen auf ein Minimum reduziert. Gerade die schnell schaltenden GaN-Einzelbauelemente sind aktuell immer noch stark durch die parasitären Effekte der konventionellen Aufbau- und Verbindungstechnik eingeschränkt. Durch integrierte Schalteinheiten erreicht man deutlich höhere Schaltgeschwindigkeiten. An einigen ICs wird das bereits heute demonstriert.
600-V-Klasse in Sicht
Bei den kleineren Spannungsklassen bis 100 V sind erste integrierte Schaltungen mit zwei Leistungsschaltern auf einem Chip auf dem Markt, z. B. Halbbrücken oder zwei HEMTs mit gemeinsamen Source-Anschluss. Die Forschung arbeitet aber bereits an höheren Spannungsklassen. Von besonderer Bedeutung sind bei diesen integrierten Hochvolt-Leistungsschaltkreisen die Materialqualität und die Dicke der GaN-Schicht. Besonders Halbbrücken der 600-V-Klasse könnten in netzgebundenen Anwendungen zu einer neuen Generation von sehr kompakten und effizienten Spannungswandlern führen.
In diesem Zusammenhang konnte das Fraunhofer-Institut IAF auf der PCIM Europe 2016 die erste monolithische Halbbrücke in dieser Spannungsklasse vorstellen. Die Schaltung besteht aus zwei GaN-HEMTs, die bereits eine Freilaufdiode integriert haben (Bild 7). Deren Sperrspannung beträgt jeweils 600 V, der Durchlasswiderstand 120 mΩ. Durch ein gefaltetes Chip-Layout lässt sich ein Zwischenkreiskondensator (DC Link) eng anbinden. Das Ergebnis sind eine sehr niederinduktive Leiterschleife im Leistungspfad und ein sauberes, schwingungsfreies Schalten bei hohen Frequenzen (Bild 8).
Aber auch komplexere Topologien wie ein Multilevel-Umrichter lassen sich integrieren. So finden zehn GaN-Leistungsschalter auf einen Chip mit einer Fläche von 2 mm × 3 mm Platz. Jeder Schalter sperrt 400 V und hat einen Durchlasswiderstand von 350 mΩ. Im Vergleich zu herkömmlichen Wandlern generieren Multilevel-Umrichter kleinere Störpegel, sodass Entstör- und Ausgangsfilter kleiner ausfallen können. So lassen sich durch monolithisch integrierte GaN-Topologien weiter Systemkosten reduzieren. Darüber hinaus wird die Anwendung kompakter und leichter.
Integration von Sensoren
Es lassen sich aber auch noch ganz andere Komponenten wie Sensoren in die GaN-Technologie integrieren. Eine attraktive Eigenschaft von GaN, die bisher kaum beachtet wird, ist der hohe Schmelzpunkt des Materials. Durch höhere Sperrschichttemperaturen lässt sich der Aufwand für Kühlung reduzieren. Allerdings steigen damit auch die Durchlassverluste und die Zuverlässigkeit der Komponenten sinkt. Ein präziser integrierter Temperatursensor hilft im geregelten Betrieb. Die Betriebstemperatur lässt sich damit auf die Anforderungen der Anwendung anpassen. Auf der APEC 2016 wurde ein GaN-Chip mit einem schnellen, linearen Temperatursensor vorgestellt, der diese Anforderungen erfüllen kann.
Durch monolithische Integration kann auch die Gate-Ansteuerung von GaN-Transistoren verbessert werden. So konnte durch die Kombination einer GaN-Gate-Treiberstufe und einem GaN-Transistor eine sehr schnelle Schalteinheit demonstriert werden. Damit konnten Schaltflanken von 250 V/ns erreicht werden. Die Pulse zeigten Sperrspannungen von 450 V und Durchlassströme von 14 A. Eine solche Schalteinheit hat sehr geringe Schaltverluste und kann bei sehr hohen Schaltfrequenzen betrieben werden.
Diese Beispiele zeigen was wir von der GaN-Technologie in den nächsten Jahren noch erwarten können. Durch schnell schaltende hochintegrierte Chips könnten sehr kompakte und trotzdem effiziente Spannungswandler-Anwendungen möglich werden. Diese Technologie lässt sich auf großflächigen GaN-on-Si-Wafern prozessieren. Das macht diese Technologie kostengünstig und tauglich für den Massenmarkt. Die GaN-Technologie ist damit eine Schlüsseltechnologie, sie kann in vielen Anwendungsbereichen einen Entwicklungssprung bewirken.