Halbleiterforum der Markt&Technik Teil 1

»In Deutschland fehlt das Zugpferd«

18. Dezember 2019, 9:51 Uhr | Iris Stroh
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

"...es wurde gekauft auf Teufel komm raus..."

Adlkofer
Hans Adlkofer, Infineon Technologies: »Momentan fehlt in Deutschland das Zugpferd, und das gab es bislang eigentlich fast immer, egal ob es die Automobilindustrie, eine EM/WM oder der Mobilfunk war. Aber in diesem Jahr gab es kein Zugpferd; im Gegenteil, es gab eigentlich nur negative Themen, die Spirale nach unten getrieben haben.«
© Markt&Technik

Eine etwas andere Sicht auf die wirtschaftliche Entwicklung hat Peter Wiese, Vice President und General Manager Automotive Sales EMEA von NXP Semiconductors. Denn er ist überzeugt, dass die Unsicherheiten beispielsweise durch den Handelskonflikt zwischen China und USA sowie der Brexit für die Halbleiterhersteller weniger das Problem darstellen. Dass 2019 deutlich schlechter gelaufen ist, liegt aus seiner Sicht eher daran, dass ein gewisser Sparzwang eingetreten ist, zumindest im Automobilbereich. »Geht es um die Elektrifizierung und das autonome Fahren, ist eine realistische Einschätzung eingetreten, der Optimismus ist verschwunden. Das heißt nicht, dass alle Aktivitäten auf Null zurückgeschraubt wurden, sondern dass viel verschoben wurde«, so Wiese weiter. Aber er betont auch: »Ich persönlich sehe keine Krise. Im Auto wird der Content weiter steigen.«

Valesani spricht noch ein weiteres Thema an, das das Umsatzwachstum im Halbleitermarkt in diesem Jahr sicherlich negativ beeinflusst hat: »2018 hatten wir ein extremes Wachstum und da wurden Lagerbestände aufgebaut, sowohl bei den Distributoren als auch bei unseren Kunden.«

Auch wenn das sicher nicht jeder zugibt: 2018 wurden am Markt die Befürchtungen geweckt, dass Produkte aufgrund des Wachstums nicht verfügbar sind, also wurde zum Teil gekauft, auf Teufel komm raus. Valesani: »In diesem Jahr wurden diese Lagerbestände wieder bereinigt, wobei ich glaube, dass dieser Prozess mittlerweile abgeschlossen ist.« Ein Punkt, in dem ihm auch die anderen Forumsteilnehmer zustimmen.

Hinsichtlich der Automobilindustrie ist sich Valesani mit den anderen einig, dass die Automobilindustrie auch weiterhin neue ADAS-Funktionen in die Fahrzeuge integrieren und dass auch die Elektrifizierung fortgesetzt wird, nur eben etwas langsamer, weil die OEMs und Tier-Ones etwas weniger investieren können. Allerdings merkt er auch an, dass diese Verlangsamung für die Halbleiterindustrie nicht ganz ohne ist, denn die Hersteller haben zum Teil viel Geld investiert, und jetzt lässt der ROI länger auf sich warten. Wie viele Jahre länger, hält Valesani für schwierig zu beantworten. »Das hängt zum Teil auch vom Verhalten der Regierungen ab. Das zeigt das Beispiel China: Das Land hat die Elektrifizierung sehr stark unterstützt und dementsprechend hat sich die Elektromobilität dort schneller durchgesetzt. Das würde genauso in Europa passieren.«

Dass bislang die Verkaufsprämien für E-Fahrzeuge in Deutschland nicht besonders viel geholfen haben, will Valesani so nicht stehen lassen und erklärt: »Bei den Firmenfahrzeugen hat diese Subventionierung, sprich dass statt 1 Prozent des Brutto-Listenpreises nur noch 0,5 Prozent steuerlich geltend gemacht werden müssen, Auswirkungen, das sehen wir heute schon ganz deutlich bei ST.« Und Bröckelmann merkt in diesem Zusammenhang noch an, dass Subventionen auch nichts nutzen, wenn es nichts zu kaufen gibt. Erst jetzt kämen die Fahrzeuge auf den Markt, die für die Leute interessant sind. »Dieser Markt wird anrollen«, davon ist Bröckelmann überzeugt. In Hinblick auf das Jahr 2019 merkt er noch an, dass das Lieferverbot an Huawei sicherlich auch seinen Teil zu den Umsatzproblemen beigetragen hat. Eine Bestätigung dessen ist eine Reuters-Meldung aus dem Mai 2019. Dort hieß es: »Die Angst vor Hindernissen im Geschäft mit dem chinesischen Netzwerkausrüster und Handy-Hersteller Huawei belastet die Aktien von Chip-Lieferanten wie Infineon und STMicroelectronics.«

Die steigende Nachfrage nach E-Fahrzeugen bestätigen auch andere. So fügt beispielsweise Rothhaupt hinzu, dass die Verkäufe von batterieelektrischen Fahrzeugen ziemlich angezogen sind. Und Hans Adlkofer, Vice President und Head of Automotive Systems Group von Infineon Technologies, bestätigt diese Entwicklung ebenfalls. Dass sich hier einiges getan hat, macht er auch daran fest, dass inzwischen auch europäischeOEMs aktiv E-Fahrzeuge beispielsweise im Fernsehen bewerben, etwas, das bislang nicht üblich war. »Das heißt für mich, dass auch Europa in den nächsten Jahren zu einem gewissen Treiber für Elektromobilität werden kann, nachdem es bislang nur China war und Tesla in den USA.« Und weiter: »Damit schafft die Automobilindustrie genau die Punktlandung für 2021, dass eben keine Strafzahlungen getätigt werden müssen. Die Modellpolitik ist genau so ausgerichtet, dass die OEMs bis 2021 die vorgegebenen Grenzwerte schaffen.«


  1. »In Deutschland fehlt das Zugpferd«
  2. Automobilindustrie kämpft
  3. "...es wurde gekauft auf Teufel komm raus..."
  4. Antriebsfaktor für 2020 fehlt

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