Von der Marktentwicklung aber ganz abgesehen gebe es derzeit auch noch strukturelle Veränderungen, die zu einem massiven Arbeitsplatzabbau führten, angefangen beim Umstieg vom Verbrennungsmotor zu E-Fahrzeugen bis hin zu umfassenden Änderungen in den Fertigungen. All das, plus die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, führen beim Verbraucher zu Unsicherheit. Sprich: eine größere Investition wie ein Autokauf wird erst einmal verschoben, weil man ja nicht weiß, was noch alles auf einen zukommt.
Dass trifft natürlich nicht auf alle Konsumenten zu, das zeigen beispielsweise die SUV-Verkaufszahlen. Doch hier wendet Claudio Valesani, Group Vice President und Head der EMEA Central Europa Sales Unit von STMicroelectronics, ein, dass es immer Leute geben wird, bei denen das Geld keine Rolle spielt, weshalb auch die hochpreisigen Fahrzeuge von dieser Unsicherheit nicht betroffen sind, aber die anderen schon.
Mehr oder minder alle Absatzmärkte schwächeln
Dass die Automobilindustrie derzeit mit Problemen kämpft, machen die vielen Sparprogramme deutlich. Doch Uwe Westmeyer, Marketing Manager Automotive Solution Business Unit bei Renesas Electronics Europe, betont, dass das bei Weitem nicht der einzige Markt ist, der nicht besonders gut läuft. Westmeyer: »Im größten Absatzmarkt für Halbleiter, den Mobiltelefonen, findet derzeit die Umstellung von 4G auf 5G statt. Deshalb sind die Leute eher zurückhaltender und warten ab, bis 5G da ist.« Im Ausrüster-Bereich sehe man, dass die Unternehmen die 5G-Infrastruktur aufbauen, aber im Handy-Bereich selbst finde dieser Umstieg derzeit noch nicht statt. Und auch das spiegelt sich deutlich in den Halbleiterzahlen wider.
Dass der Mobilfunkmarkt starke Auswirkungen auf den gesamten Halbleiterumsatz hat, ist zwar richtig, aber schaut man sich Umsatzzahlen von verschiedenen Unternehmen an, die in diesem Bereich nicht aktiv sind, wird klar, dass der Mobilfunkmarkt nicht das einzige Übel ist. Westmeyer: »Industrieausrüstung und Automotive schwächeln, und das wirkt sich natürlich auch auf den Halbleiterumsatz aus. Data-Center-Zahlen sind gemischt. Positiv stellt sich die Kommunikationsausrüstung für 5G dar.«
Dass Westmeyer auch den Bereich Fabrikautomatisierung erwähnt, ist vielleicht etwas überraschend. Gerade in Hinblick auf Industrie 4.0 müsste dieses Segment doch eigentlich eine hohe Nachfrage aufweisen, denn hat ein Unternehmen sich für diesen Weg entschieden, wird es nicht seine Strategie ändern, weil das wirtschaftliche Umfeld schwierig ist. Westmeyer: »Ich glaube nicht, dass die Strategien aufgegeben wurden, sondern vielmehr, dass die Investitionen zurückgestellt werden. Wenn Firmen merken, dass der Markt nicht so gut läuft, in Deutschland beispielsweise der Automobilmarkt, werden Investitionen zurückgestellt.« Und hier scheint sich viel bewegt zu haben – auch wenn die Zahlen sicherlich nicht 1:1 vergleichbar sind, der Trend dürfte in Deutschland und Europa derselbe sein, wenn auch auf anderem Niveau: Auf dem japanischen Markt ist der Umsatz für die Fabrikautomatisierung im Jahresvergleich um mehr als 10 Prozent gesunken. Uwe Bröckelmann, Technischer Direktor EMEA von Analog Devices, fügt hinzu: »Wenn wir über Industrie 4.0 reden, muss man beachten, dass es sich dabei um einen sehr konservativen Markt handelt. Die Unternehmen reißen ja nicht ihre alten Fabriken ab und bauen komplett neue Fabriken auf.«
Außerdem agieren die Unternehmen ja nicht im luftleeren Raum, sondern müssen auch mit Abhängigkeiten kämpfen. Derzeit beispielsweise wird auf das 5G-Netz gewartet, denn »keiner investiert irgendeinen Millionenbetrag in Dinge, die noch nicht fertig sind, und das 5G-Netz steht noch nicht.«
Auch wenn Toshiba die Probleme auf dem Konsumgütermarkt spüren kann, betont Derpmanns, dass sich »in Europa für uns ein ganz anderes Bild ergibt. In Europa ist es die Automobilindustrie und die Industrieautomatisierung; Kommunikationsinfrastruktur, da fielen die Einbrüche nicht in diesem Maße aus, außer in Teilen der Industrie, denn unser Optokoppler-Geschäft ist beispielsweise sehr stark zurückgegangen. Im Gegensatz dazu sind unsere Zahlen im Automobilbereich positiv und auch das Geschäft im Bereich Infrastruktur für 5G ist für uns gut gelaufen.«