Maschinenbau und Elektronik

Was sich deutsche Firmen im Iran erwarten

11. Februar 2016, 11:58 Uhr | Karin Zühlke und Andreas Knoll, Markt & Technik
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Kleinerer Mittelstand profitiert kaum

Yashar Azad, Siemens: »In der Vergangenheit hatten wir eine wichtige Rolle besonders im Energiesektor und im schienengebundenen Verkehr inne. Daran wollen wir anknüpfen.«
© Siemens

Weniger Chancen im Iran rechnen sich dagegen kleinere Mittelständler aus dem Maschinenbau und der Automatisierungstechnik aus. Ihnen dürfte es nach Ansicht von Klaus-Dieter Walter, Geschäftsführer von SSV Software, erst einmal schwer fallen, direkt vom Ende der Sanktionen zu profitieren und dort anzuknüpfen, wo sie vor den Sanktionen aufgehört haben. »Das klappt in der Regel nicht«, meint Walter. SSV Software war zwar vor den Sanktionen nicht direkt im Iran aktiv, hatte durch internationale Aktivitäten aber einige Kunden im Iran. »Die haben wir durch die Sanktionen alle verloren, und sie kommen durch die Aufhebung der Sanktionen auch nicht wieder zurück, da sie in unserer fast vollständig globalisierten Wirtschaftswelt schon längst von asiatischen Anbietern mit vergleichbaren Produkten und Leistungen versorgt werden. Die politisch Verantwortlichen fügen dem industriellen Mittelstand durch solche – zumindest aus meiner Sicht in ihrer Effektivität recht fragwürdigen – Sanktionen nachhaltigen Schaden zu.«

Konkurrenz aus China ist groß
 
Ganz so einfach dürfte der Neustart im Iran aber auch für die Großen nicht werden, denn für alle Unternehmen ist die Konkurrenz aus China groß. Das Reich der Mitte war wie einige andere asiatischen Länder nicht in die Sanktionen involviert und hat sich in den letzten Jahren als Alternative zu westlichen Anbietern positioniert, vor allem mit Blick auf den Preis. Auch andere Ländern könnten die Goldgräberstimmung der deutschen Industrie trüben. »Man darf nicht vergessen, dass nicht nur deutsche Firmen an einem Wiederaufleben der Handelsbeziehungen mit dem Iran interessiert sind. Da gilt es, schnell zu sein und sich durch Differenzierungsmerkmale auszuzeichnen. Ein weiteres Risiko wäre ein anhaltend niedriger Ölpreis – wir freuen uns vielleicht momentan an der Tankstelle oder beim Heizölkauf, doch langfristig könnte es die iranischen Investitionen schwächen«, gibt Johann Weber zu bedenken.

Risiken nicht unterschätzen
 
Bei aller Euphorie lauern definitv noch zahlreiche mögliche Risiken für Exporteure: »Sanktionen werden in der Regel schrittweise gelockert«, sagt Subran. »Erfahrungsgemäß gehört der Finanzdienstleistungssektor hier meist zu den letzten. Geldverkehr mit dem Iran wird von den USA bisher drastisch geahndet. Deshalb warten alle auf die Amerikaner, hier den ersten Schritt zu tun. Derzeit fehlen im Iran jedoch Finanzdienstleistungen wie Banken und Versicherungen. Das zweite Problem ist das Währungsrisiko. Derzeit herrscht im Iran ein einziges Währungschaos – das wird auch beim Aufheben der Sanktionen zunächst weiter bestehen. Unternehmen brauchen hier die Sicherheit, in welcher Währung sie beispielsweise ihre Geschäfte abschließen.« Zudem bestehen Unsicherheiten im allgemeinen Geschäftsumfeld, insbesondere durch die Hürden der Bürokratie, die es insgesamt nicht einfach machen, Geschäfte abzuwickeln. Auch sehen die Euler-Hermes-Experten derzeit ein hohes Kreditrisiko.

»Unternehmensdaten wie Bilanzen sind nur in geringem Umfang öffentlich zugänglich – Lieferanten kaufen also quasi die Katze im Sack und haben keine Möglichkeit, die Bonität ihrer Abnehmer zu bewerten. Ohne entsprechende Informationen oder Absicherungsmöglichkeiten ist das Risiko hier deshalb enorm. Auch die juristischen Grundlagen sind derzeit relativ unsicher, Unternehmen müssen sich also vorsichtig herantasten an Gerichte oder auch die Handhabung von Insolvenzverfahren.« Und schließlich kann die Atom-Vereinbarung und damit das Ende der Sanktionen auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass in punkto „Menschenrechte“ noch viel zu tun bleibt im Iran. »Die persönliche Freizügigkeit der Menschen und die Gleichberechtigung der Frau wurden in der Vergangenheit stark eingeschränkt. Sollte sich das nicht grundlegend ändern, wird sich das Land weiter mit sich selbst beschäftigen und Investoren abschrecken«, resümiert Rainer Kurtz.

 

Weitere Informationen gibt es in der Euler-Hermes-Studie „Iran – back in the game?“ nachzulesen. Die Studie steht kostenlos zum Download zur Verfügung: http://www.eulerhermes.com/mediacenter/Lists/mediacenter-documents/Economic-Insight-Iran-Sept15.pdf


  1. Was sich deutsche Firmen im Iran erwarten
  2. „Made in Germany“ genießt hohe Reputation
  3. Kleinerer Mittelstand profitiert kaum

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