Elektronikdienstleister im Gespräch

»Kundennähe zählt mehr als 2% Lohnunterschied«

11. Oktober 2016, 14:55 Uhr | Karin Zühlke
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Entwicklung fordert Nähe

Markt&Technik
Michael Velmeden, cms electronics »Wir wollten einem Kunden folgen, können es uns aber nicht leisten, adhoc einen Standort in China zu eröffnen, daher bedienen wir diese Region durch einen festen Partner und haben selbst einen Technik-Fachmann vor Ort.«
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Und wenn es der Kunde unbedingt fordert, gibt es schließlich auch noch findige Alternativen zu eigenen Off-shore-Standorten, wie das Beispiel von cms electronics zeigt: »Wir wollten einem Kunden folgen, können es uns aber nicht leisten, ad hoc einen Standort in China zu eröffnen, daher bedienen wir diese Region durch einen festen Partner und haben selbst einen Technik-Fachmann vor Ort«, berichtet Michael Velmeden, Geschäftsführer von cms electronics. Auf diese Weise bedient cms den Kunden weiterhin aus einer Hand, so dass er keine zusätzlichen Organisationsaufwände hat.

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Stephan Baur, BMK »Die Kunden sehen den EMS heute als Optimierungspartner.«
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»Aber das funktioniert natürlich nur bei Kunden, für die wir einen hohen Anteil in Europa fertigen. Wenn ein Kunde die Majorität in Asien produzieren will, würde er wahrscheinlich direkt nach China gehen«, mutmaßt Velmeden. »Aber als Ergänzung funktioniert das Modell derzeit sehr gut bei uns, so dass wir es auch auf die USA übertragen haben.« Natürlich gibt es aber auch immer Kunden, die ihre Produkte bewusst immer wieder in die billigsten Regionen shiften, um noch ein paar Cent pro Stück einzusparen. »Derzeit ist Vietnam die günstigste Region. Aber die Möglichkeiten sind begrenzt. Irgendwann ist man am Ende der Welt angekommen«, stellt Arthur Rönisch fest, Geschäftsführer von Turck duotec.

Fertigungsstandorte lassen sich meist an jedem Platz der Welt 1:1 spiegeln. Dies ist „nur“ eine Frage des Investitionsvolumens. Das praktiziert zum Beispiel Turck duotec gerade für einen Kunden, der für den US-amerikanischen Markt in Mexiko produzieren möchte. Der Standort in Mexiko gleicht der Fertigung in Deutschland bei Maschinen und Prozessen. Was in der Fertigung relativ einfach funktioniert, ist in der Entwicklung schwierig. Hier lässt sich das Wissen nicht so einfach von A nach B transferieren. Turck duotec beispielsweise trägt der Herausforderung mit Entwicklungs-Branchencentern Rechnung, wo jeweils zentral für einen Fachbereich Wissen an einem Standort zusammengezogen wird. Fast alle EMS am runden Tisch stellen Entwicklungskompetenz und die angeschlossene Fertigung in Zentraleuropa zur Verfügung. Die Nähe zwischen Entwicklung und Fertigung wird zumindest in der Ramp-up-Phase immer wichtiger, bestätigen die Teilnehmer. »Insofern bin ich verwundert, dass das bei dem einen oder anderen Marktbegleiter auch anders funktioniert«, so Katzler.

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Jürgen Seibert, Plexus »Wir sind auf dem Weg vom Lieferanten zum Partner. Wenn wir für einen Kunden entwickeln, arbeiten alle Beteiligten eng zusammen.«
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Lokale Entwicklungsnähe demonstriert auch der internationale Top-10-EMS Plexus mit seinem seit fünf Jahren bestehenden Design-Center in Darmstadt. Einen Fertigungsstandort in Deutschland oder Zentraleuropa hat Plexus aber nicht. Das sieht Seibert aber nicht als Nachteil, schließlich lege man bei Plexus viel Wert auf Partnerschaften – auch mit kleinen lokalen EMS: »Wir sind auf dem Weg vom Lieferanten zum Partner. Wenn wir für einen Kunden entwickeln, arbeiten alle Beteiligten eng zusammen. Wir bestehen nicht darauf, dass wir alles bei uns fertigen, was wir entwickeln. Es gibt auch die Möglichkeit, dass wir ein Projekt gemeinsam mit einem lokalen EMS bedienen, der für den lokalen Markt fertigt. Den Demand außerhalb Europas bedienen dann wiederum wir.« Berührungsängste oder Konkurrenzdenken gibt es laut Seibert in dieser Hinsicht nicht. Im Gegenteil: »Das Wissen wird viel stärker geteilt als früher.« Eine Einschränkung gibt es aber doch: Solche Modelle funktionieren nach den Worten nur im Industrie-Umfeld. »Im Consumerbereich läuft so etwas nicht, da geht es rein um Kosten, und es zählt jeder Cent. Hier springen die großen Kunden innerhalb von zwei, drei Jahren von einem großen EMS zum anderen.«

Groß vs. Klein, Global vs. Lokal – was also muss ein EMS in Zukunft bieten? »Die Kunden sehen den EMS heute als Optimierungspartner. Sie wollen ihr Geschäftsmodell optimieren, das können Standorte sein oder Fähigkeiten, die diese Kunden suchen. Die Kunden haben ganz verschiedene Anforderungen, daher kann man auch nicht sagen, es gibt DEN Königsweg mit der Fähigkeit hier und dem Standort dort. Der Kunde sucht sich den Partner, der am besten zu ihm passt und seine Möglichkeiten am besten ergänzt. Wir alle hier haben ganz verschiedene Set-ups, und allen scheint es ganz gut zu gehen. Unsere Aufgabe ist es, unsere Stärken entsprechend zu kommunizieren«, fasst Stephan Baur zusammen, Gesellschafter der BMK Group.


  1. »Kundennähe zählt mehr als 2% Lohnunterschied«
  2. „Follow the customer“
  3. Haben kleinere Anbieter schlechtere Chancen?
  4. Entwicklung fordert Nähe

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