Das Prinzip „Follow the customer“ ist für EMS-Dienstleister keine Phrase. Oft ist ein Kunde der Initiator für ein neues EMS-Werk in Übersee-Regionen, so auch bei TQ: Im Jahr 2007 eröffnete der Elektronikdienstleister einen Fertigungsstandort in Shanghai. »Ich war erst etwas skeptisch«, erklärt Rüdiger Stahl, Geschäftsführer von TQ, »aber wir wollten den Kunden damals nicht dem Wettbewerb überlassen. Heute sind wir dankbar für die Entscheidung, weil Shanghai einer unserer erfolgreichsten Standorte ist – aber nicht, um Produkte von China wieder nach Europa zu verschiffen, sondern um dort den Kunden für die Region zu bedienen.« Billige Massenware wird dort nicht produziert. »Shanghai bietet uns ein gutes Umfeld, um anspruchsvolle Produkte zu fertigen, für die Expertise eine wichtige Rolle spielt, und das passt sehr gut zur Strategie von TQ.«
China ist nach wie vor ein viel beachteter Fertigungsstandort, aber auch mit vielen Problemen behaftet. Stahl: »Es gibt viele Konzerne, die in hohen Stückzahlen Massen produzieren lassen. Auf der anderen Seite gibt es viele kleine Fertiger, die sich schwertun, internationale Standards zu erfüllen. Wir sind hier genau dazwischen und daher sehr gut aufgestellt für mittlere Volumen in hoher Qualität.« Bei der Standortwahl spielen laut Stahl auch immer mehr soziale Aspekte eine Rolle: Arbeitssicherheit, Social Responsibility und Umweltschutz. »Wir haben hier Kunden, die sich mit diesen ethischen Punkten befassen und hierauf großen Wert legen.«
Für den Kunden hängt oft viel davon ab, dass er off-shore schnell und flexibel durch den EMS bedient wird. »Wenn ein Kunden neues Geschäft in China generiert, braucht er einen Partner, der global agiert und jemanden, der dort schon vor Ort ist, um dieses Geschäft zu bedienen«, weiß Seibert. »Die Endkunden unserer Kunden vergeben oft die Aufträge unter der Prämisse: „Wer kann schnell liefern?“. Insofern hängt der Erfolg des EMS-Kunden nicht selten von der Flexibilität seines Dienstleisters ab. Dass die Anforderungen in diesem Punkt steigen, stellt Seibert nicht nur bei den 140 Bestandskunden fest, sondern auch bei Neukunden. »Das sind oft Hidden Champions, die schnell einen Dienstleister brauchen, der sie in neuen Märkten unterstützt.«
Für kleinere und mittelständische EMS-Dienstleister ohne globale Präsenz bedeutet das einen gewissen Handlungsdruck, dem man sich stellen muss, wie Andreas Walter schildert, Geschäftsführer von beflex: »Einer unserer Kunden zieht seine Standorte aus Europa ab und zentralisiert alles in den USA.« Dort soll künftig auch gefertigt werden. Zieht der EMS nicht mit, könnte der Kunde sich anderweitig umsehen. »Wir evaluieren momentan, wie wir diese Kundenbeziehung aufrechterhalten können.« Wer nicht kommt, wenn der Kunde ruft, oder nicht die finanziellen Möglichkeiten dazu hat, wird ausgetauscht.