Georg Steinberger im Interview

»Den Wert unserer Leistung nicht unterminieren lassen!«

9. Januar 2017, 14:41 Uhr | Karin Zühlke
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Irgendwann sind alle geschluckt?

Irgendwann sind alle geschluckt?

Das vielleicht nicht, aber nur mal ein Bespiel: Als ich meine Karriere als Fachjournalist anfing – 1987 – da gab es rund 400 Halbleitersteller, jedes Jahr neue aufregende Unternehmen. Meine erste Pressekonferenz war mit MIPS Computer, einem Entwickler von RISC-Prozessoren. Riesenhype – das „Ende“ von 68000-Prozessoren und x86… Nun, seit langem ist auch die Pentium-Architektur RISC. MIPS wurde 1993 von Silicon Graphics gekauft, dieses Unternehmen gehört seit diesem Jahr zu Hewlett Packard Enterprise. So kann’s gehen. Heute gibt es vielleicht noch ein Viertel, also 100 Halbleiterfirmen, Tendenz schrumpfend.

Was bringt das den Kunden?

Naja, zunächst mal Portfoliobereinigungen, was wohl speziell für Entwickler nicht so toll ist, die gerade einen Baustein eindesignt haben. Schwer zu beurteilen, was da auf die Kunden zukommt. Wenn die Historie einen Hinweis beinhaltet, dann haben Merger immer zu einer Reihe von Abkündigungen geführt. Umso wichtiger ist es, beim Design schon solche Entwicklungen mit einzuplanen. Allerdings muss man das auch mit einer gewissen Entspannung sehen. Übernahmen sind nicht neu, neu ist vielleicht die Dimension. Und es gibt sie ja auch in der Kundenlandschaft. Zukaufen geht halt manchmal schneller, als selbst zu machen. Jeder wird größer, das hat auch eine gewisse Spannung – wenn ich Journalist wäre, auf jeden Fall. Die einzige Frage, die ich mir stelle, ist: Was ist mit der Innovation?

Was bedeutet das für die Distribution?

Die größeren Distributoren haben sicher das Glück, dass sie die meisten Hersteller, die fusionieren, auf der Linecard haben. Aber die Konsquenzen von solchen Übernahmen sind immer mit Aufwand verbunden. Dann gilt es eben, die Konsolidierungen bei den Herstellern für die Kunden irgendwie abzufedern und durch intensivere Beratung Probleme im Produkt-Lifecycle zu vermeiden. Eine andere Tendenz aus dem niedrigen Gesamtwachstum ist zunehmender Kostendruck auf die Distribution, hauptsächlich durch die Hersteller.

Das derzeitige Distributionsmodell wird in Frage gestellt?

Distribution ist eine Dienstleistungsbranche und als solche immer unter Druck, mehr zu machen für weniger. Doch wenn jemand meint, das derzeitige Modell in Frage stellen zu müssen, weil er es selber besser kann, dann verleugnet er damit die riesigen Fortschritte, die die Distribution über die letzten 20 Jahre gemacht hat, und auch die Investitionen, die getätigt wurden in Ressourcen aller Art, von ganzen Brigaden technischer Spezialisten zu Supply-Chain-Experten, deren Expertise weder bei den Kunden noch bei den Herstellern existiert.

Es wäre schön, wenn die Hersteller einmal anerkennen würden, dass Distributoren nicht ihre verlängerte Werkbank sind, sondern ihre größten Kunden. Und die Kunden, die neutrale und kompetente Beratung suchen, sind bei einem Distributor sicher gut aufgehoben. Ich kenne eine Menge Distributoren, die hervorragende Arbeit leisten und tausend kleine Dienstleistungen absolvieren, die sonst niemand kann, die aber als total selbstverständlich hingenommen werden. Die Distributoren dürfen den Wert ihrer Leistung nicht länger unterminieren lassen. Und sie müssen eben im Zweifelsfall auch mal ein Geschäft Geschäft sein lassen, wenn es den eigenen Maßtäben an Return on Investment nicht mehr entspricht.

Was kommt denn sonst noch so auf die Distribution zu?

Ein Thema, das derzeit den FBDi und seine Arbeitskreise beschäftigt, ist REACh. Das EUGh-Urteil über die Gültigkeit von REACh auf Komponentenebene und die Aktionen der EChA in Helsinki (SVHCs nicht auf Komponentenebene, sondern der kleinsten homogenen Einheit, wie bei RoHS) scheinen REACh sukzessive zu einem Verwaltungsmonster werden zu lassen. Ich betrachte die Elektronikindustrie, anders als bei RoHS, als Kollateralschaden von REACh, die eigentlich für Großverbraucher von chemischen Erzeugnissen gedacht war. Dennoch haben wir aufgrund der „Artenvielfalt“ in der Komponentenindustrie den größten Aufwand. Für den Handel wird das zu einem riesigen Datenmanagement-Problem und einer ewigen Suche nach den vollständigen Informationen. Lösen kann das eigentlich nur der Hersteller.


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