Die Verbändeallianz Elektronik fordert Taten statt Ankündigungen: Bürokratieabbau, digitale Verfahren und praxisnahe Regeln für den Mittelstand – und das jetzt. Die Politik müsse liefern, sonst bleibe der „Omnibus“ im Verwaltungsstau stecken.
Die Verbändeallianz Elektronik, ein Zusammenschluss der mittelständisch geprägten Fachverbände FBDi, FED und COGD, begrüßt das Sofortprogramm der Bundesregierung »Verantwortung für Deutschland« sowie die EU-Omnibus-Initiative als wichtige Schritte. Doch auch die Kritik an der konkreten Umsetzung ist deutlich: »Die angekündigten Entlastungen bleiben zu unkonkret und gehen nicht an die strukturellen Ursachen überbordender Bürokratie heran«, heißt es in einer Stellungnahme der Allianz. Man brauche dringend Reformen mit deutlicher Wirkung, so der Tenor. Die Allianz lobt zwar das grundsätzliche Ziel, Investitionen in strategisch relevante Branchen zu erleichtern und die technologische Souveränität Europas zu stärken. Auch das Strategiepapier der EU-Kommission vom 21. Mai 2025 wird ausdrücklich positiv bewertet. »Ermutigend ist, dass die EU die Dringlichkeit erkannt hat, Prozesse zu vereinfachen und zu harmonisieren, um Reibungsverluste im Binnenmarkt zu minimieren und die Wettbewerbsfähigkeit Europas nachhaltig zu stärken«, so die Allianz.
Doch in der Praxis stockt es. »Es genügt nicht, bestehende Verfahren marginal zu beschleunigen – es braucht einen Systemwechsel hin zu Vertrauen, Digitalisierung und unternehmerischer Eigenverantwortung«, so die Forderung. Die Unternehmen bräuchten endlich konkrete, verbindliche Erleichterungen.
Konkret fordert die Verbändeallianz verbindliche gesetzliche Bearbeitungsfristen für Genehmigungs- und Verwaltungsverfahren. Unternehmen in der Elektronikbranche scheitern allzu oft an monatelangen Wartezeiten – etwa bei Bauvorhaben, Exportgenehmigungen oder Umweltauflagen. Hier braucht es klare zeitliche Vorgaben und Rechtsfolgen, wenn Fristen überschritten werden.
Ebenso fordert die Allianz eine zentrale, digitale Meldestelle für regulatorische Pflichten – ein sogenanntes »One-Stop-Reporting«. Aktuell müssen Unternehmen zahlreiche Daten mehrfach an verschiedene Behörden übermitteln, etwa im Rahmen von REACH, RoHS, der Lieferkettensorgfaltspflicht oder Energieberichten. Durch eine Vereinheitlichung und Digitalisierung der Meldewege auf EU- und Bundesebene ließe sich erheblicher Aufwand einsparen.
Darüber hinaus setzt sich die Allianz für den gezielten Abbau redundanter Berichtspflichten ein. Viele Anforderungen überschneiden sich inhaltlich oder sind doppelt zu erfüllen, zum Beispiel im Bereich der Umwelt- oder Produktsicherheit. Die Allianz fordert deshalb eine umfassende Bestandsaufnahme und die Streichung nicht mehr zeitgemäßer Vorschriften.
Ein weiterer zentraler Punkt: Kleine und mittlere Unternehmen dürfen nicht denselben Regulierungsdruck spüren wie internationale Großkonzerne. Deshalb plädiert die Allianz für KMU-gerechte Schwellenwerte und differenzierte Ausnahmeregelungen, die sich an der tatsächlichen Belastbarkeit mittelständischer Betriebe orientieren.
Und schließlich fordert die Allianz einen verpflichtenden Praxisdialog, bevor neue Regulierungen eingeführt werden. Künftig sollen betroffene Branchenvertreter frühzeitig in den Gesetzgebungsprozess einbezogen werden, um sicherzustellen, dass neue Vorgaben auch tatsächlich umsetzbar sind.
Deutliche Worte kommen auch vom Geschäftsführer des FBDi e.V., Andreas Falke, einem Mitgliedsverband der Allianz. Er lobt die EU-Omnibus-Initiative als »entscheidenden Schritt in die richtige Richtung«. Besonders wichtig seien die Digitalisierung, der Abbau von Berichtspflichten und die konsequente Vereinfachung des Binnenmarkts.
»Zwar muss die Initiative erst in nationales Recht gegossen werden, um Unternehmen spürbar zu entlasten, doch deutlich wird: Die EU hat erkannt, dass Europas Wettbewerbsfähigkeit unter der Komplexität des ‚Legislative Train‘ gelitten hat«, so Falke. Besonders das Strategiepapier »Für einen einfachen, nahtlosen und starken Binnenmarkt«, das die zehn größten bürokratischen Hemmnisse – »Terrible 10« – benennt, sei ein starkes Signal.
Und er fügt er hinzu: »Gelingt die Umsetzung, wird man sehen können, dass der ‚Schienenersatzverkehr im Omnibus‘ dem ‚Legislative Train‘ deutlich überlegen ist.« Doch er warnt auch: »Die beste Absicht scheitert im Dickicht überbordender Vorgaben, die allen sowohl den Atem als auch die Orientierung rauben.«
Die Verbändeallianz erklärt ihre Bereitschaft, sich aktiv in die Umsetzung des Sofortprogramms einzubringen – vorausgesetzt, es gibt ein strukturiertes Beteiligungsformat unter Einbeziehung der mittelständischen Industrie.
»Unsere Mitgliedsunternehmen wollen ihrer Verantwortung gerecht werden – für sichere Produkte, nachhaltige Lieferketten und faire Arbeitsbedingungen«, heißt es. »Aber sie können dies nur leisten, wenn die Regeln praxistauglich, digital umsetzbar und in einem vernünftigen Verhältnis zum betrieblichen Alltag stehen.«
Mehr zum Thema EU-Omnibus-Initiative und weitere Themen, die den Mittelstand und insbesondere die Distributionsbranche bewegen, lesen Sie im Quarterly Distribution & Supply Chain ab Seite Q19.