Die Rückverfolgbarkeit optimieren

Digitale Zwillinge fürs Bordnetz

26. April 2022, 8:45 Uhr | Autor: Bernd Jost, Redaktion: Irina Hübner
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Verursachen autonom fahrende Autos einen Unfall, haften dafür die Hersteller der Fahrzeuge und ihre Zulieferer. Das nimmt auch die Produzenten von Bordnetzen endgültig in die Pflicht, eine durchgängige Rückverfolgbarkeit ihrer Produkte zu gewährleisten.

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Für die Hersteller von Bordnetzen bedeutet das elektrifizierte und autonom fahrende Auto einen Paradigmenwechsel. Waren die Bordnetze früher reine Commodity-Produkte, wandeln sie sich nun zu sicherheitskritischen Komponenten. Beim autonomen Fahren verlagert sich dabei zusätzlich auch die Haftung. Sie geht nämlich vom Fahrer des Autos auf seinen Hersteller, dessen Zulieferer und sogar einzelne Individuen innerhalb der Wertschöpfungskette über. Verursacht ein fehlerhaftes Bordnetz in einem autonomen Fahrzeug einen Unfall, muss sein Hersteller mit einer Strafe rechnen, die hunderte Millionen Euro betragen kann.

Damit geht für Bordnetzsteller eine wachsende Bedeutung der Rückverfolgbarkeit einher. Für sie ist es wichtiger denn je, im Fall eines Problems die Ursachen dafür rasch zu identifizieren und zu beseitigen sowie sofortige und gezielte Rückrufe zu ermöglichen. Nur so können sie die potenziellen Gefahren schnell eingrenzen und Imageschäden reduzieren. Am besten ist es aber natürlich, Probleme von vornherein zu vermeiden. Dadurch können Bornetzhersteller nicht nur die genannten Gefahren bannen, sondern auch empfindliche Strafzahlungen verhindern.

Rückverfolgung über kompletten Lebenszyklus

Deshalb führt für sie kein Weg mehr daran vorbei, eine lückenlose Rückverfolgung ihrer Produkte zu implementieren. Realisieren können sie das mit Hilfe sogenannter Digitaler Zwillinge. Das sind digitale Repräsentanzen der Bordnetze, die miteinander verbundene und konsistente Datensätze enthalten und es den Herstellern damit ermöglichen, ihre Produkte über den kompletten Lebenszyklus rückzuverfolgen.

Dazu decken die Digitalen Zwillinge zwei Dimensionen ab. Zum einen die Produkthistorie, die es erlaubt, die Zusammensetzung eines Bordnetzes zu rekonstruieren und die damit eine vertikale Rückverfolgbarkeit gewährleistet; und zum anderen die Prozesshistorie, mit der sich der Wertschöpfungsprozess nachvollziehen lässt und die dadurch eine horizontale Rückverfolgbarkeit sicherstellt. Diese beiden Dimensionen ermöglichen es den Herstellern einerseits, Fehler zu lokalisieren, zu beheben und den Automobilherstellern Daten für schnelle und eng eingegrenzte Rückrufe zur Verfügung zu stellen; und andererseits die Qualität ihrer Bordnetze kontinuierlich zu verbessern und Fehler präventiv zu verhindern.

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Implementieren lassen sich die Digitalen Zwillinge mit den Manufacturing-Execution-Systemen (MES), die mit den beteiligten Maschinen, Mitarbeitern und ERP-Systemen kommunizieren. Aufgabe der MES ist es von jeher, die Produktion zu steuern, zu kontrollieren und zu dokumentieren. Das macht sie gewissermaßen auch zur natürlichen Heimat der Digitalen Zwillinge. Deren Qualität hängt aber natürlich maßgeblich von der Konfiguration der realen physischen Prozessabläufe ab, die das System mit Daten versorgen. Aktuell ist die Produktion der meisten Bordnetzhersteller aber noch durch viele manuelle Tätigkeiten und fehlende Möglichkeiten zur Datenerfassung geprägt. Sie müssen ihre Prozesse deshalb auf operativer, technischer und organisatorischer Ebene anpassen.

Fließenden Übergang einleiten

Diese Anpassungen und die damit einhergehende Modernisierung und weitere Automatisierung der Produktion sind natürlich nicht von heute auf morgen zu erreichen. Dennoch sollten die Bordnetzhersteller das Thema nicht auf die lange Bank schieben, sondern bereits jetzt den fließenden Übergang einleiten, der vermutlich einige Jahre in Anspruch nehmen wird. Es liegt an den MES-Anbietern, Lösungen zu entwickeln, die die Hersteller bei diesem Übergang Schritt für Schritt flexibel unterstützen können.

 

 

Der Autor

Bernd Jost
ist Geschäftsführer von DiIT.
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Das Automotive-Bordnetz ist für die Elektronik automotive ein wichtiges Thema. So veranstalten wir jedes Jahr im September den Bordnetz Kongress, dieses Jahr endlich wieder in Präsenz an der Hochschule Landshut.


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